VG Stuttgart zur Einbürgerung: Sprachtest ist für den Nachweis des B1 Niveaus nicht notwendige Bedingung

  • 2 Minuten Lesezeit

Die 11. Kammer des VG Stuttgarts hat im Hinblick auf Einbürgerungen in einem Urteil vom 15.08.2013, AZ 11 3272/12 einige wichtige Hinweise - gerade für türkische Antragsteller -erteilt.

Insbesondere im Hinblick auf Sprachanforderungen, Entlassungen aus dem türkischen Staatenverbund und im Hinblick auf die Anforderungen bez. der Lebensunterhaltsicherungen hat das VG ausführlich Stellung genommen. Hier die Leitsätze: 

1. Das Bestehen eines Sprachtests oder ein erfolgreicher Einbürgerungstest sind für den Nachweis des Sprachniveaus B1 sowie der Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland nicht Anspruchsvoraussetzung (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und Nr. 7 StAG). Die Kenntnisse können vielmehr auch auf andere Weise, etwa durch eine entsprechende deutsche Schulbildung nachgewiesen werden.

2. Kann der Einbürgerungsbewerber seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten, so ist bei Bedürftigkeit der Bedarfsgemeinschaft, der der Einbürgerungsbewerber angehört, der dem Einbürgerungsbewerber zuzurechnende anteilige Leistungsbezug unschädlich, da der quotale Leistungsbezug lediglich auf der sozialrechtlichen Bedarfsberechnung beruht.

3. Eine vom ausländischen Staat gestellte Bedingung ist i. S. d. § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Alt. 2 StAG u.a. unzumutbar, wenn sie sich konkret - individuell betrachtet für den Einbürgerungsbewerber in nicht hinnehmbarer Weise auswirkt. Der Umstand, dass eine Entlassungsbedingung nicht unüblich ist und den Rahmen des in der Staatenpraxis Üblichen wahrt, schließt nicht aus, die Entlassungsbedingung auf Grund der Umstände des konkreten Einzelfalls als unzumutbar anzusehen.

4. Eine Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit wird erst eingeleitet, wenn der Einbürgerungsbewerber im türkischen Geburtsregister eingetragen ist oder zuvor in das türkische Geburtsregister eingetragen wird.

5. Das Verlangen des Herkunftsstaates, zunächst die pass- oder personenstandsrechtlichen Angelegenheiten zu ordnen, ist eine abstrakt zumutbare Entlassungsbedingung. Dieses Verlangen ist jedoch im konkreten Einzelfall nur dann eine zumutbare Entlassungsbedingung, wenn der Einbürgerungsbewerber eine realistische Chance hat, diese Entlassungsvoraussetzung unter zumutbaren Bedingungen in angemessener Zeit erfüllen zu können.

6. Das Verlangen, die pass- oder personenstandsrechtlichen Angelegenheiten zu ordnen, ist konkret unzumutbar, wenn es dem Einbürgerungsbewerber objektiv unmöglich oder subjektiv unzumutbar ist, die erforderlichen Dokumente beizubringen. Eine objektive Unmöglichkeit liegt beispielsweise vor, wenn es nicht in der alleinigen Verfügungsmacht des Einbürgerungsbewerbers liegt, die erforderlichen Urkunden zu erhalten, sondern dritte Personen mitwirken müssen, diese hierzu aber nicht bereit oder nicht in der Lage sind.

Quelle: VG Stuttgart, Urteil vom 15.08.2013, AZ 11 3272/12

Mitgeteilt von RA Hekler

Rechtsanwalt Hekler berät im Bereich des Einbürgerungs- und Ausländerrechtes bundesweit. Er ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Mitglied im Deutschen Anwaltsverein und Mitglied des Arbeitskreises für Ausländer- und Asylrecht.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Ulrich Hekler

Beiträge zum Thema