Volkswagen - EA288 – doch eine unzulässige Abschalteinrichtung - OLG Naumburg, Urteil vom 09.04.2021 – 8 U 68/20

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Nachdem - begonnen im Jahr 2015 - tausende Kläger ein Verfahren gegen die Volkswagen AG wegen der unzulässigen Abschalteinrichtung der Motoren des Typs EA189 klagten, schien es so, als habe die Volkswagen AG „ihren Hals aus der Schlinge“, nachdem durch den BGH bestätigt wurde, dass bislang in keiner Weise geltend gemachte Ansprüche aller Voraussicht nach verjährt sind. Jeder andere hatte seine Ansprüche bereits geltend gemacht und VW hatte verloren, obsiegt oder sonst eine für das Unternehmen augenscheinlich vertretbare Lösung gefunden.

Bezüglich des Motors mit der Typenbezeichnung EA288 glaubte sich VW in Sicherheit. Der Motor war neben dem Motor EA189 allenfalls kurz in der öffentlichen Diskussion. Auf der eigenen Homepage erklärt Volkswagen seinen Kunden, dass und warum alle Klagen betreffend des Motors EA288 aussichtslos seien.

Hinweisbeschlüsse einiger weniger Oberlandesgerichte gaben der Volkswagen AG Recht. Die Volkswagen AG hat das Kraftfahrtbundesamt jedenfalls insofern auf seiner Seite, als dass es bislang keinen verpflichtenden Rückruf für diese Fahrzeuge gab. Unter Berufung hierauf ging und geht Volkswagen davon aus, dass die Motorsteuerung dieser Fahrzeuge nicht zu beanstanden sei.

Anders entschied jetzt das OLG Naumburg und setzt sich zunächst dezidiert mit der Funktionsweise der Motorsteuerung auseinander, die entscheidend von der Umschaltlogik der Fahrzeuge mit dem Motor EA189 abweicht. Fahrzeuge mit dem Motor EA288 erkennen den sogenannten „Precon“, einen Vorlauf des Testzyklus (Neuer europäischer Fahrzyklus) und starten exakt nach Abschluss des Vorlaufs eine Regeneration des NOx-Speicherkatalysators. Das Fahrzeug geht aus diesem Grund immer „optimal“ vorbereitet auf den Prüfstand. Im normalen Fahrbetrieb hingegen startet die Regeneration abhängig von einem anderen Ereignis, nämlich entweder dem Zurücklegen einer bestimmten Strecke oder dem Erreichen des maximalen Füllstands des NOx-Speicherkatalysators.

Das OLG Naumburg wertet diese Funktionsweise als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 VO (EG) Nr. 715/2007 und dies ausdrücklich, obwohl das Kraftfahrtbundesamt die Funktionsweise nicht als solche gewertet hat. Nach der Auffassung des OLG Naumburg ist die rechtliche Bewertung des Sachverhalts durch das Kraftfahrtbundesamt unhaltbar.

Mit einer Begründung angelehnt an die mittlerweile höchstrichterliche Rechtsprechung des BGH zur Sittenwidrigkeit des Handelns und zum Vorsatz der Organe der Volkswagen AG, nimmt das OLG Naumburg auch betreffend des Motors EA288 sowohl die Sittenwidrigkeit des Handelns, als auch Vorsatz an.

Die Rechtslage dürfte sich hinsichtlich der Erfolgsaussichten eines Vorgehens gegen die Volkswagen AG bei Fahrzeug EA288 deutlich geändert haben.

Allerdings ist wohl nicht jedes Fahrzeug des betroffen. Ab der 22. Kalenderwoche des Jahres 2016 ist davon auszugehen, dass die Volkswagen AG die Funktionsweise der Motorsteuerung geändert hat. Dass auch die nachfolgende Funktionsweise unzulässig sein könnte, steht derzeit nicht zur Diskussion. Entscheidend wird daher zunächst sein, ob Ihr Fahrzeug des Motortyps EA288 überhaupt mit der streitigen Motorsteuerung versehen war.

Wie Sie dies herausfinden können, ob Erfolgsaussichten für Ihre Ansprüche bestehen und welche sonstigen Voraussetzungen geprüft und eingehalten werden sollten, erkläre ich Ihnen gerne.



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