Vorladung von der Polizei wegen Unfallflucht – was soll ich jetzt tun?

  • 4 Minuten Lesezeit

Man macht erst wie gewohnt den Briefkasten und dann die darin befindliche Post auf und ist sogleich geschockt: „Vorladung“ heißt es in einem Schreiben der Polizei und dann (sinngemäß) weiter:

„Sehr geehrte(r) Herr / Frau …

in der Ermittlungssache wegen unerlaubtem Entfernen vom Unfallort

ist Ihre Vernehmung / Anhörung als Beschuldigte(r) erforderlich. 

Sie werden daher gebeten, am … bei der oben angeführten Dienststelle, Zimmer … vorzusprechen.“ 

Was hat das zu bedeuten und was ist nun zu tun? Hierum geht es im Folgenden.

1.) Warum kam es zu einer polizeilichen Vorladung und Beschuldigung?

Ihnen wird eine Unfallflucht (auch Fahrerflucht genannt) vorgeworfen. Sie sollen also an einer Kollision beteiligt gewesen und sodann „abgehauen“ sein, ohne die erforderlichen Feststellungen zu Ihrem Beitrag ermöglicht zu haben.

Diese Behauptung und damit der Tatvorwurf beruht fast immer darauf, dass entweder der bzw. die Geschädigte selbst oder eine unbeteiligte dritte Person als Zeugin Wahrnehmungen gegenüber der Polizei berichtet hat, die auf Ihre Unfallbeteiligung schließen lassen.

2.) Welche Bedeutung hat die polizeiliche Vorladung?

Die Polizei hat aufgrund der beschriebenen Zeugenaussage den Anfangsverdacht, dass Sie sich strafbar verhalten haben. Sie werden somit als Beschuldigte(r) angesehen und es wird ein förmliches Ermittlungsverfahren gegen Sie geführt, welches der Feststellung dient, ob Sie tatsächlich die Straftat des unerlaubten Entfernens vom Unfallort gemäß § 142 StGB begangen haben.

Jede(r) Beschuldigte hat einen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs.1 GG). Mit der Vorladung wird Ihnen somit die Möglichkeit gegeben, sich zu dem Tatvorwurf zu äußern. Zugleich aber versucht die Polizei auch, Beweismittel zu sammeln, die für Ihre Schuld sprechen könnten.

Da Aussagen von Beschuldigten oftmals (meist aus Unwissenheit und Nervosität heraus) in selbstbelastender Weise erfolgen und häufig gute Chancen auf einen milden Verfahrensausgang zunichtemachen, ist größte Vorsicht geboten.

3.) Muss bzw. sollte ich zu dem Vorladungstermin bei der Polizei gehen?

Klipp und klar: NEIN!

Es gibt – anders als bei einer Vorladung von Seiten der Staatsanwaltschaft oder durch den Ermittlungsrichter – keinerlei Rechtspflicht, der Vorladung einer Polizeidienststelle zu einer Beschuldigten-Vernehmung nachzukommen.

Erfahrungsgemäß sind Beschuldigte meist sehr nervös und lassen sich völlig unbedarft auf eine Befragung durch geschulte Polizeibeamte ein, ohne die Details zu kennen, über die die Polizei nach Aktenlage bereits Bescheid weiß. Es ist naheliegend, dass ein solches „Spiel“ mit völlig unterschiedlichen Regeln und Kräfteverhältnissen meist nicht zu Gunsten des Schwächeren ausgeht und dies ist aus den besagten Gründen der/die Beschuldigte.

Vor allem ist es keineswegs so, dass ein kooperatives Mitwirken sich günstig für die Beschuldigten auswirke. Auch wenn Derartiges in der Hoffnung auf eine (auch selbstbelastende) Aussage von Beschuldigten durch die Beamten der Polizei gerne behauptet wird und eine solche Meinung auch landläufig immer wieder zu hören ist, ist das Gegenteil richtig:

Viele Strafverfahren wegen des Vorwurfs der Unfallflucht würden niemals zu einer Anklage oder gar Verurteilung führen, wenn Beschuldigte von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hätten!

Entscheiden wird im Übrigen über den weiteren Verlauf des Verfahrens und etwaige Rechtsfolgen niemals die Polizei, sondern die Staatsanwaltschaft im Rahmen einer Abschlussverfügung und ggf. bei entsprechender Fortsetzung des Verfahrens später das Gericht.

Es darf Beschuldigten auch nicht negativ angelastet werden, wenn sie von ihrem Schweigerecht Gebrauch machen.

Zu bedenken ist schließlich noch, dass alles, was bei der Polizei erwähnt wird, auch protokolliert wird. In den meisten Fällen ist eine solche Schilderung nachträglich nicht mehr aus der Akte zu bekommen und auch nicht zu relativieren – selbst wenn Beschuldigte meinen, es ganz anders geschildert zu haben ...

4.) Was soll ich stattdessen tun?

Sie sollten sich dringend an einen fachkundigen Rechtsanwalt für Verkehrs- und Strafrecht wenden.

Er wird der Polizei mitteilen, dass er Sie vertritt und dass Sie nicht zu dem Vernehmungstermin erscheinen, sondern bis auf weiteres von Ihrem Schweigerecht Gebrauch machen werden. Damit kehrt erst einmal etwas Ruhe ein.

Sodann wird er sich um den Erhalt der amtlichen Ermittlungsakte bemühen, die dann eingehend auf etwaige Fehler und Verteidigungsansätze hin überprüft wird. Im Rahmen einer sich anschließenden Besprechung wird er Sie darüber beraten, wie es um Sie in strafrechtlicher Hinsicht steht, was als weitere Vorgehensweise zur Verteidigung zu empfehlen ist und gegebenenfalls auch, was für Rechtsfolgen drohen.

Dr. Sven Hufnagel
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verkehrsrecht

Die Rechtsanwälte Dr. Sven Hufnagel und seine Ehefrau Claudia Hufnagel haben einen beruflichen Schwerpunkt in der Verteidigung in Unfallflucht-Sachen sowie damit im Zusammenhang stehenden Auseinandersetzungen mit Versicherern und sind von ihrem Kanzlei-Sitz in Aschaffenburg im gesamten Bundesgebiet tätig. Sie verfügen über umfangreiche Erfahrungen auf diesem Gebiet. 

Dr. Sven Hufnagel wurde von 2015 bis 2021 jährlich als „Top-Anwalt für Verkehrsrecht“ in der „FOCUS-Anwaltsliste“ ausgezeichnet und die Kanzlei Dr. Hufnagel Rechtsanwälte wurde 2020 und 2021 im STERN-Magazin als eine der „besten Kanzleien im Verkehrsrecht“ bezeichnet. Nähere Informationen: www.fahrerflucht24.de .


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. jur. Sven Hufnagel

Beiträge zum Thema