Vorsorge für Nutzerkonten bei Sozialen Medien

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Wie kann ich als Nutzer von Facebook, Xing, LinkedIn oder anderen Social-Media-Portalen sicherstellen, dass die dort gespeicherten Daten von meinen Erben eingesehen werden können oder – im Gegenteil – für meine Erben gesperrt sind, wenn ich selbst – durch Unfall oder Tod – keine Entscheidung mehr treffen kann? Facebook eröffnet unter dem Stichwort „Nachlasskontakt“ die Möglichkeit, eine Person zu benennen, die sich um die Verwaltung des Nutzerkontos kümmert, wenn dem Nutzer etwas zustoßen sollte. Was gilt aber, wenn es dort keine Eintragung gibt?

Das Landgericht Berlin hat mit Urteil vom 17.12.2015 den Eltern einer im Alter von 15 Jahren tödlich verunglückten Jugendlichen das Recht zugesprochen, die Zugangsdaten zu dem Nutzerkonto ihrer Tochter bei Facebook zu erhalten. Der Nutzungsvertrag zwischen der Tochter – im folgenden Erblasserin – und Facebook sei Bestandteil der umfassenden Rechtsnachfolge im Erbfall; die „Universalsukzession“ schließe auch die höchstpersönlichen Daten des sog. digitalen Nachlasses ein.

Das über den Tod hinaus weitergeltende („postmortale“) Persönlichkeitsrecht der Erblasserin könne jedenfalls durch die Sorgeberechtigten wahrgenommen werden, weil sie als die Sachwalter des Persönlichkeitsrechts ihrer Kinder betrachtet werden; nur durch den Erhalt der Zugangsdaten können die Eltern diese Aufgabe wahrnehmen.

Der Unfall ereignete sich Ende des Jahres 2012, als die Erblasserin vor eine fahrende S-Bahn stürzte; die Eltern der Erblasserin versprachen sich von dem Zugang zu dem Nutzerkonto ihrer Tochter bei Facebook Aufschluss über die Frage, warum es zu dem Unfall gekommen war.

Das Landgericht Berlin hat die zum damaligen Zeitpunkt maßgeblichen Nutzungsbedingungen nicht als vertraglich vereinbarten Ausschluss der Vererbbarkeit des Nutzerkontos verstanden, sondern hierin lediglich Regelungen zur Gewährleistung der Sicherheit des Kontos gesehen. Facebook hat die Regelungen zum sog. Gedenkzustand zum Ende des Jahres 2014 neu gefasst und insbesondere die Möglichkeit eröffnet, eine Vertrauensperson als für das Nutzerkonto verantwortliche Person zu benennen; diese Person soll benachrichtigt werden, wenn der Nutzer verstorben ist oder seine Rechte nicht mehr wahrnehmen kann und er soll anstelle des Nutzers die Entscheidung über die Weiterverwendung der in dem Nutzerkonto verfügbaren Daten treffen. Facebook hat hierbei die Auswahl der möglichen Vertrauenspersonen auf registrierte Nutzer beschränkt.

Die Entscheidung des Landgerichts Berlin kann aus zwei Gründen nur mit Vorsicht auf andere Fälle übertragen werden:

1.

Es lag mit dem Tod einer Jugendlichen und den Umständen des Todes eine Situation vor, in der das Sorgerecht der Eltern den Ausschlag gegeben hat. In den weit überwiegenden Erbfällen wird das Sorgerecht der Erben keine Rolle spielen, so dass die Frage zu stellen sein wird, ob das postmortale Persönlichkeitsrecht des Erblassers grundsätzlich von dem oder den Erben als Teil der Universalsukzession wahrgenommen werden darf.

Angesichts der inzwischen möglichen Wahl des Gedenkzustandes durch den Nutzer kann jeder selbst Vorsorge treffen, was nach seinem Tod mit den Daten in seinem Konto geschehen soll, ob diese für den oder die Erben zugänglich sein sollen oder nicht. Hat der Nutzer eine solche Wahl nicht getroffen, so dürfte die Frage zugunsten des Rechtes der Erben auf einen Zugang zu dem Nutzerkonto des Erblassers zu bejahen sein.

2.

Soweit durch die Nutzungsbedingungen von Facebook und anderen Social-Media-Portalen die Vererbbarkeit des Nutzerkontos ausgeschlossen wird und solange solche Bedingungen nicht durch höchstrichterliche Entscheidung für unwirksam erklärt worden sind, werden die Erben sich mit ihren Forderungen auf Herausgabe der Zugangsdaten gegen die Betreiber der Portale nicht durchsetzen können.

Wie auch für alle anderen Angelegenheiten ist es folglich zu empfehlen, dass jeder Nutzer von Facebook o.ä. Social-Media-Portalen die eröffnete Möglichkeit zur Benennung einer Vertrauensperson wahrnimmt bzw. eine ausdrückliche Regelung zu dieser Fragestellung in eine Vorsorgeverfügung aufnimmt, damit der oder die Erben sich hieran orientieren können.

Jeder Nutzer von Social Media sollte also Vorsorge treffen: Da bislang nur Facebook die Möglichkeit zur Benennung einer Vertrauensperson geschaffen hat ist es zu empfehlen, eine ausdrückliche Regelung in die ohnehin sinnvolle Vorsorgeverfügung aufzunehmen.

Johannes Wuppermann/Fachanwalt für Erbrecht, Hamburg


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