Was gilt bei der betriebsbedingten Kündigung während der Covid-19-Krise?

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1. Kurzarbeit und Kündigung

Kurzarbeitsgeld (KuG) ist keine allgemeine staatliche Unterstützung im Rahmen der aktuellen wirtschaftlichen Krisensituation (wie z. B. die Liquiditätshilfe), sondern ein allgemeines arbeitsmarktpolitisches Instrument (§§ 95 ff SGB III), welches lediglich hinsichtlich der Zugangsvoraussetzungen und im Übrigen auch in formellen Fragen aktuell modifiziert angewendet wird. 

Es dient der Verhinderung von betriebsbedingten Kündigungen. Unternehmen sollen mit diesem Instrument dazu angehalten werden, Beschäftigte nicht zu kündigen, sondern – trotz temporärem Nicht- oder geringerem Bedarf – weiterzubehalten.

Entschließt sich ein Arbeitgeber dennoch zur Kündigung, so entfallen jedenfalls ab diesem Zeitpunkt die Berechtigungen zum KuG hinsichtlich dieser Beschäftigten (nicht allgemein), § 98 Abs. 1 Nr. 2 SGB III. 

2. Kleinbetrieb oder Kündigung innerhalb der Wartefrist des § 1 Abs. 1 KSchG

Ist der Beschäftigte in einem Betrieb mit nicht mehr als 10 Beschäftigten i. S. d. § 23 KSchG tätig oder noch nicht länger als 6 Monate (zum Zeitpunkt des Zuganges der Kündigung), so benötigt der Arbeitgeber für eine ordentliche Kündigung dieses Beschäftigten keinen Grund i. S. v. § 1 Abs. 2 KSchG. Der Arbeitgeber muss nur Formen (Schriftform) und Fristen (und ggf. Zustimmungserfordernisse) einhalten, soweit kein Sonderkündigungsschutz besteht oder eine diskriminierende Kündigung (z.B. AGG) vorliegt. 

3. Sonderkündigungsschutz

Sonderkündigungsschutz (z. B. Mutterschutz, Schwerbehinderung, Mandatsträger etc.) behalten auch in der Krise die volle Wirksamkeit und sind zu beachten. 

Ebenso trifft dies auf Beteiligungsrechte des Betriebsrates und der Schwerbehindertenvertretung zu. 

4. Außerordentliche Kündigung

Auch insoweit gilt in der Krise nichts anderes als davor und danach. Eine außerordentliche Kündigung ist eigentlich nur aus verhaltensbedingten Gründen und dort auch nur wegen solcher Pflichtverletzungen zulässig, bei denen eine Abmahnung entbehrlich ist (Straftaten oder ähnlich schwerwiegende Delikte). 

Ist ein Beschäftigter ordentlich nicht kündbar und liegen außerordentliche Gründe nicht vor, so ist eine außerordentliche Kündigung nicht denkbar. Das gilt z. B. für Auszubildende außerhalb der Probezeit.

Allein die Tatsache, dass der Arbeitgeber den Lohn nicht zahlen kann, ist kein außerordentlicher Kündigungsgrund.

Die Verweigerung des Arbeitnehmers, Kurzarbeit zuzustimmen, ist auch kein außerordentlicher Kündigungsgrund (vgl. § 612a BGB), ggf. ein Grund zur ordentlichen Änderungskündigung, soweit sich die Änderung allein hierauf und auf einen angemessenen Zeitraum bezieht. 

5. Dringender betrieblicher Grund i. S. v. § 1 Abs. 2 KSchG

Ein Arbeitgeber ist zur ordentlichen Kündigung berechtigt, wenn der Beschäftigungsbedarf für einen Arbeitnehmer der betreffenden Art auf Dauer entfallen ist. Hieran wird es in aller Regel fehlen, wenn die aktuelle Krise der alleinige Grund der Kündigung ist, da man in den meisten Branchen und Fällen (bei besonders optimistischer Betrachtungsweise) davon ausgehen darf, dass das Bedarfsrisiko nur temporärer Art ist. 

Auch allein die Unsicherheit, wie es nach der Krise weiter gehen wird, begründet für sich allein keinen Kündigungsgrund.

Denkbar ist aber, dass der Arbeitgeber – im Zusammenhang, durch die veranlasst oder aufgrund der Überlegungen im Rahmen der Krise – eine unternehmerische Entscheidung trifft, die auch für den Zeitraum nach der Krise uneingeschränkt gelten sollte und in deren Ergebnis der Bedarf für die Beschäftigung eines oder mehrerer Beschäftigten einer bestimmten Art auf Dauer (und gerade auch für die Zeit nach der Krise) entfällt. Dann kann sich hieraus (aber eben nur hieraus und nicht allein aufgrund der Krise) ein betriebsbedingter Kündigungsgrund ergeben.

Aber auch in diesem Fall hat der Arbeitgeber – außerhalb der Kleinbetriebsklausel – eine Sozialauswahl unter den vergleichbaren Arbeitnehmern gemäß § 1 Abs. 3 KSchG vornehmen. Wählt er dann denjenigen aus, der z. B. der Kurzarbeit nicht zugestimmt hat, sollte diese Auswahl zumindest § 612a BGB zuwiderlaufen.

Für Rückfragen stehen wir gern zur Verfügung.

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Ihr Team der Rechtsanwälte Zobel Siegl Reimers in Dresden


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