Was sollte man zum Mindestlohn wissen?

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Inhalt

1. Persönlicher Anwendungsbereich

2. Höhe des Mindestlohns

3. Fälligkeit des Mindestlohns

4. Ausschlussfristen, Verzicht, Verjährung

1. Persönlicher Anwendungsbereich

Das Mindestlohngesetz (MiLoG) schafft einen individuellen Anspruch des Arbeitnehmers auf Zahlung eines Arbeitsentgelts mindestens in Höhe des Mindestlohns durch den Arbeitgeber (§ 1 Abs. 1 MiLoG). Gleichzeitig statuiert das Gesetz auch die bußgeldbewehrte Pflicht des Arbeitgebers, seinen im Inland beschäftigten Arbeitnehmern ein Arbeitsentgelt mindestens in Höhe des Mindestlohns und spätestens zu dem gesetzlich vorgesehenen Zeitpunkt zu zahlen (§ 20 MiLoG). 

Das Mindestlohngesetz gilt für alle Arbeitnehmer, die in Deutschland arbeiten, egal ob sie bei einem in- oder ausländischen Unternehmen angestellt sind.

1.1 Arbeitnehmer

Der Mindestlohn gilt grundsätzlich für alle Arbeitnehmer, also insbesondere auch für geringfügig Beschäftigte (Minijobber) und kurzfristig Beschäftigte (Saisonkräfte).

1.2. Praktikanten

Darüber hinaus gilt der Mindestlohn grundsätzlich auch für Praktikanten. Sie gelten als Arbeitnehmer im Sinne des MiLoG. Ausgenommen hiervon ist allerdings Folgendes:

Hinweis:

Bei einem dualen Studium sind die Praxisphasen regelmäßig in den Studienordnungen oder in hochschulrechtlichen Kooperationsverträgen festgeschrieben und gelten damit als Pflichtpraktika.

Empfehlung:

Nehmen Sie sich im Falle eines Pflichtpraktikums die entsprechende Rechtsgrundlage für eventuelle Betriebsprüfungen zu Ihren Unterlagen.

Risiko:

Es ist unklar, ob bei einem Überschreiten des 3-Monats-Zeitraums, z. B. bei einer Verlängerung, ein Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn erst ab dem Tag der Fristüberschreitung oder rückwirkend ab dem ersten Tag des Praktikums entsteht. 

Ebenso ist offen, ob mehrere, zeitlich getrennte Orientierungspraktika beim selben Arbeitgeber bei der Berechnung der 3-Monats-Frist zusammengezählt werden.

Unklar ist auch, ob Praktika zur beruflichen Neuorientierung nach einem Berufs- oder Hochschulabschluss hierunter fallen. 

Empfehlung:

Halten Sie die Höchstdauer für Praktika unbedingt ein. 

Risiko:

Unklar ist, ob mehrere solche Praktika bei demselben Unternehmen, die zusammengerechnet die 3-Monats-Frist nicht überschreiten, den Mindestlohnanspruch auslösen, ob also nur einmalig ein solches Praktikum vom Mindestlohn ausgenommen ist. 

Empfehlung:

Stellen Sie sicher, dass es sich bei einem ausbildungs- oder studienbegleitenden Praktikum um das erste derartige Praktikum der betreffenden Person in diesem Unternehmen handelt.

Praktika dienen dem Erwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen einer betrieblichen Tätigkeit zur Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit, ohne dass es sich um eine systematische Berufsausbildung oder um eine damit vergleichbare praktische Ausbildung handelt. Tritt der Erwerb von Berufserfahrung gegenüber der Verpflichtung zur Arbeitsleistung in den Hintergrund, handelt es sich nicht um ein Praktikum, sondern um ein „Scheinpraktikum“, ein mit falschem Namen bezeichnetes Arbeitsverhältnis. In diesem Fall gilt der Mindestlohn.

Hinweis:

Praktika nach abgeschlossener Ausbildung oder abgeschlossenem Studium unterliegen damit grundsätzlich immer dem Mindestlohn. 

Praktikanten, die nicht unter eine der vorgenannten Ausnahmen fallen – für die also der Mindestlohn gilt –, fallen zukünftig auch unter das Nachweisgesetz. Sie müssen also eine Niederschrift mit den wesentlichen Praktikumsbedingungen erhalten, insbesondere die mit dem Praktikum verfolgten Lern- und Ausbildungsziele, Dauer der regelmäßigen täglichen Praktikumszeit, Höhe der Vergütung und Dauer des Urlaubs. 

1.3. Der Mindestlohn gilt ausdrücklich nicht für 

Auszubildende

Gemäß der Gesetzbegründung sind Rechtsverhältnisse im Sinne des § 26 Berufsbildungsgesetz, die auf eine praktische Ausbildung abzielen, welche mit der Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes vergleichbar ist, weder Arbeitsverhältnisse noch Praktikumsverhältnisse. 

Danach dürften auch kombinierte Aus- und Fortbildungsmodelle, in denen z. B. ein kaufmännischer Ausbildungsberuf und die Fortbildung zum Handelsfachwirt kombiniert werden (sog. „Abiturientenmodelle“) jedenfalls bis zum Erwerb des Ausbildungsabschlusses, vom Mindestlohn ausgenommen sein.

Empfehlung:

Überprüfen Sie das Alter von Minderjährigen anhand des Personalausweises. Beachten Sie bei der Beschäftigung von Jugendlichen die besonderen Vorschriften des Jugendarbeitsschutzgesetzes (Beschäftigungsverbote, Höchstarbeitszeiten, Zusatzurlaub usw.).

In den ersten sechs Monaten der Beschäftigung, 

Empfehlung:

Lassen Sie sich bei der Einstellung eines Langzeitarbeitslosen von diesem nachweisen, dass er bereits mindestens ein Jahr arbeitslos ist und nehmen Sie dies zu Ihren Unterlagen. Das Bundesarbeitsministerium plant eine spezielle Bescheinigung für Langzeitarbeitslose.

2. Höhe des Mindestlohns

Ab 2015 brutto 8,50 € (ab 01.01.2017: 8,84 €) je Zeitstunde

Der gesetzliche Mindestlohn beträgt ab dem 1.1.2015 brutto 8,50 € (ab 01.01.2017: 8,84 €) je Zeitstunde.

Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten sind insoweit unwirksam. Es gilt dann stattdessen der Mindestlohn.

Hinweis:

Der Mindestlohn in Höhe von 8,50 € brutto (ab 01.01.2017: 8,84 €) gilt unabhängig vom sozialversicherungsrechtlichen Status des Arbeitnehmers, also auch für Minijobber (geringfügig Beschäftigte, 450 €-Kräfte), die ihre Vergütung brutto gleich netto erhalten. Die vom Arbeitgeber abzuführende Pauschalabgabe in Höhe von 30 % ist auf Basis von 8,50 € (ab 01.01.2017: 8,84 €) je Stunde zu entrichten. Davon kann lediglich die darin enthaltene 2 %-Pauschalsteuer auf den Arbeitnehmer abgewälzt werden, wenn dies mit dem Arbeitnehmer vereinbart ist.

Der Mindestlohn wird erstmals im Laufe des Jahres 2016 mit Wirkung zum 1.1.2017 auf Vorschlag der „Mindestlohnkommission“ durch Rechtsverordnung der Bundesregierung angepasst. Spätere Anpassungen sollen im Zwei-Jahres-Rhythmus erfolgen. Vorgesehen ist, dass die Erhöhung sich nachlaufend an der allgemeinen Tarifentwicklung orientiert. 

2.1. Übergangsregelung für Zeitungszusteller

Für Zeitungszusteller, die in einem Arbeitsverhältnis ausschließlich periodische Zeitungen, Zeitschriften oder Anzeigenblätter mit redaktionellem Inhalt an Endkunden zustellen, gilt eine Sonderregelung mit einer stufenweisen Heranführung an den Mindestlohn. Sie erhalten in 2015 einen Mindestlohn von 75 Prozent = 6,38 €, in 2016 von 85 Prozent = 7,23 € sowie in 2017 von 8,50 € pro Stunde.

2.2. Übergangsregelung für bundesweite Mindestlohn-Tarifverträge

Eine Unterschreitung des gesetzlichen Mindestlohns ist bis zum 31.12.2017 ausnahmsweise möglich, wenn dies auf einer bundesweiten tariflichen Regelung repräsentativer Tarifpartner beruht, die über das Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) oder das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) auf alle Unternehmen der betreffenden Branche erstreckt wurde. Dies betrifft nur eine geringe Zahl von Branchen (siehe unten). Zum 1.1.2017 muss auch hier mindestens ein Entgeltniveau von 8,50 € erreicht sein. 

Bundesweit allgemeinverbindliche, tarifliche Mindestlöhne unter 8,50 €:

BrancheMindestlohn/Dauer
Friseurhandwerk7,50 € (Ost) / 8,00 € (West) bis 31.07.2015
Arbeitnehmerüberlassung
(Zeitarbeit)
7,86 € (Ost) bis 31.03.2015;
8,20 € (Ost) bis 31.05.2016;
Gebäudereinigung8,21 € (Ost) bis 31.10.2015
Wäschereien8,00 € (Ost) bis 30.06.2016
Fleischwirtschaft8,00 € (bundeseinheitlich) bis 30.09.2015


Alle anderen Tarifverträge, die den Mindestlohn zum Stichtag 1.1.2015 unterschreiten, werden verdrängt. Dies betrifft insbesondere regionale Branchentarifverträge, aber auch Haustarifverträge mit niedrigeren Entgelten.

2.3 Was gehört zum Mindestlohn?

Die Vereinbarung von leistungsbezogener Vergütung, insbesondere von Stücklöhnen, bleibt – ausweislich der Gesetzesbegründung – auch nach Einführung des Mindestlohns zulässig. Jedoch muss sichergestellt sein, dass der Mindestlohn für die geleisteten Arbeitsstunden erreicht wird. 

Risiko:

Es wird wohl nicht ausreichen, dass der Mindestlohn von einem durchschnittlichen Arbeitnehmer erreicht werden kann, sondern darauf, ob er tatsächlich erreicht wird. Unklar ist allerdings, in welchem Bemessungszeitraum der Mindestlohn erreicht werden muss (stündlich, täglich, wöchentlich, monatlich, jährlich).

Es ist davon auszugehen, dass dieser Grundsatz auch für sonstige nicht arbeitszeitbezogene Entgeltbestandteile wie Provisionen oder Umsatzbeteiligungen gilt.

Nicht anrechenbar wären dagegen wohl Zahlungen, die davon abhängig gemacht werden, dass eine qualitativ oder quantitativ überdurchschnittliche Arbeitsleistung erbracht wird.

2.4. Anrechnung von sonstigen Arbeitgeberleistungen

Liegt der vereinbarte Stundenlohn bislang unter 8,50 € je Stunde und gewährt der Arbeitgeber daneben weitere Leistungen, stellt sich die Frage, inwieweit diese auf den Mindestlohnanspruch angerechnet werden können. 

Empfehlung:

Überprüfen Sie die betrieblichen Regelungen, insbesondere im Hinblick auf nettolohnoptimierte Abrechnungssysteme.

Überlegenswert ist allerdings, dieses ratierlich vorfristig zu gewähren.

Empfehlung:

Ein bisheriger Einmalbetrag könnte zukünftig von jährlicher Zahlung auf anteilige Zahlung je Monat umgestellt werden, sofern dies die jeweilige Vereinbarung zulässt.

Hier dürfte sehr vieles dafür sprechen, dass auch diese Dinge nicht anrechenbar sind, wobei diese Frage in der Literatur noch umstritten ist.

2.5 Entgeltsteigerungen durch die Einführung des Mindestlohns

Der Mindestlohn kann sich kurz nach seiner Einführung und in den ersten Monaten nach den künftigen Erhöhungen auch auf die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie das während des Erholungsurlaubs des Arbeitnehmers zu zahlende Urlaubsentgelt auswirken.

Minijobber mit festem Stundenvertrag, deren Stundenlohn sich durch die Einführung des Mindestlohns erhöht und die damit die 400 bzw. 450 €-Grenze überschreiten, kommen so auf einen (je nach Steuerklasse) bis zu 150 € niedrigeren Nettolohn als bisher. Für das gleiche „Netto“ müssten sie mit dem Mindestlohn länger arbeiten. 

Empfehlung:

Da diese Konstellation für die Arbeitnehmer unattraktiv ist, sind ggf. vorab Vertragsänderungen sinnvoll, um ein „böses Erwachen“ zu vermeiden.

Für das Urlaubsentgelt während des Erholungsurlaubs gilt im Grundsatz, dass der durchschnittliche Verdienst der letzten 13 Wochen vor Urlaubsantritt (ohne Überstunden) zugrunde zu legen ist (§ 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG). Jedoch ist eine dauerhafte Entgelterhöhung, die in diesen 13 Wochen oder während des Urlaubs eintritt – wie durch die Einführung des Mindestlohns –, maßgeblich für das Urlaubsentgelt (§ 11 Abs. 1 Satz 2 BUrlG). Tarifverträge können eine abweichende Bemessungsgrundlage vorsehen.

Im Krankheitsfall ist dem Arbeitnehmer das ihm bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit zustehende Entgelt fortzuzahlen (§ 4 Abs. 1 EntgFzG). Erhöht sich dieses durch die Einführung des Mindestlohns, dann ist dies bei der Entgeltfortzahlung zu berücksichtigen. Durch Tarifverträge können eine abweichende Bemessungsgrundlage vorsehen. 

3. Fälligkeit des Mindestlohns

3.1. Vereinbarte und späteste Fälligkeit

Der Mindestlohn ist zum vertraglich vereinbarten Zeitpunkt zu zahlen, spätestens aber am letzten Bankarbeitstag (Frankfurt am Main) des Monats, der auf den Monat folgt, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde. Samstage, Sonntage und gesetzliche Feiertage sind keine Bankarbeitstage, sodass die Fälligkeit spätestens am davorliegenden Tag eintritt (§ 2 Abs. 1 MiLoG). Eine verspätete Zahlung stellt eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit dar (§ 21 Abs. 1 Nr. 9 MiLoG).

Beispiel:

Der Mindestlohn für eine Arbeitsleistung im Januar 2015 ist spätestens am Freitag, dem 27. Februar 2015, zu zahlen.

In der Regel ist die Fälligkeit der Vergütung im Arbeits- oder Tarifvertrag geregelt. 

Wenn keine Vereinbarung zur Fälligkeit getroffen wurde, gilt § 614 BGB. Danach ist die Vergütung nach dem Ablauf des Zeitabschnitts zu entrichten, für den sie vereinbart ist, bei Monatsvergütung also am Monatsende.

3.2. Arbeitszeitkonten

Grundsätzlich sind klassische Arbeitszeitkonten (sog. „Flexi-Konten“) auch bei Mindestlohnbeziehern möglich. Voraussetzung ist eine schriftliche Vereinbarung über das Arbeitszeitkonto. 

In das Arbeitszeitkonto dürfen über die vereinbarte Arbeitszeit hinausgehende Arbeitsstunden, monatlich aber maximal bis zu 50 % der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit, eingebracht werden. Die Grenzen des Arbeitszeitgesetzes zur Höchstarbeitszeit sind einzuhalten.

Die eingestellten Arbeitsstunden sind spätestens zwölf Monate nach der Erfassung im Arbeitszeitkonto durch eine entsprechende bezahlte Freizeit oder Auszahlung auszugleichen. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat der Ausgleich im folgenden Kalendermonat zu erfolgen.

Diese Restriktionen gelten nicht, wenn mit dem verstetigten Arbeitsentgelt bereits der gesetzliche Mindestlohnanspruch auch für die Mehrarbeit erfüllt ist. Voraussetzung ist natürlich, dass die Vereinbarung zu den Arbeitszeitkonten einen längeren Ausgleichszeitraum als zwölf Monate vorsieht.

Beispiel:

Bei einer vereinbarten Arbeitszeit von 167 Stunden pro Monat beträgt das Gehalt 1.600 €. In einem Monat werden zehn Überstunden geleistet und in das Arbeitszeitkonto eingestellt. Weil mit dem Gehalt bereits der Mindestlohnanspruch für alle geleisteten Arbeitsstunden (einschließlich Mehrarbeit) erfüllt ist (177 Stunden x 8,50 € = 1.504,50 €), können die Mehrarbeitsstunden auch länger als zwölf Monate im Arbeitszeitkonto verbleiben.

Anders betrachtet: im Monatsgehalt von 1.600 € sind theoretisch monatlich 188 Mindestlohnstunden á 8,50 € enthalten. Es könnten also bis zu 21 Überstunden (188 minus 167 Stunden) eingestellt werden, ohne dass diese nach zwölf Monaten auszugleichen wären.

Hinweis: 

Die Regelung ist zwingend. Tarifverträge und darauf beruhende arbeitsvertragliche Vereinbarungen oder Betriebsvereinbarungen, die für Arbeitszeitkonten einen längeren Übertragungs- bzw. Ausgleichszeitraum als zwölf Monate vorsehen, werden – im Hinblick auf den Entgeltanteil, der dem Mindestlohn entspricht – vom MiLoG verdrängt. In das Arbeitszeitkonto eingestellte Arbeitszeitguthaben aus dem Mindestlohn, die zwölf Monate alt sind, müssen aufgelöst werden. 

Die Fälligkeitsregelungen finden keine Anwendung auf Wertguthabenvereinbarungen im Sinne SGB IV. Dabei handelt es sich sowohl um sog. Langzeitkontenregelungen gemäß §§ 7b SGB IV ff. Diese Wertguthaben werden aufgebaut, um eine bezahlte Freistellung im Rahmen der Pflegezeit, Elternzeit, im Zusammenhang mit einer Verringerung der vertraglichen Arbeitszeit, während der Teilnahme an beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen oder unmittelbar vor Renteneintritt (Altersteilzeit) zu ermöglichen. Hier soll gezielt ein Wertguthaben über einen längeren Zeitraum angespart werden, sodass eine frühe Fälligkeit des Mindestlohnanspruchs derartigen Vereinbarungen widersprechen würde. Der Aufbau eines Wertguthabens bedarf einer ausdrücklichen schriftlichen Vereinbarung. 

3.3. Entgeltumwandlung zur betrieblichen Altersvorsorge

Bei der Entgeltumwandlung werden Teile des Entgelts nicht zum Fälligkeitszeitpunkt an den Arbeitnehmer ausgezahlt, sondern für die betriebliche Altersvorsorge verwendet. Die Gesetzesbegründung zu § 3 MiLoG stellt ausdrücklich klar, dass eine Entgeltumwandlung nach dem Betriebsrentengesetz hinsichtlich des Mindestlohns weiter zulässig ist.

4. Ausschlussfristen, Verzicht und Verjährung

4.1. Ausschlussfristen

Nach § 3 Satz 1 MiLoG sind Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, insoweit unwirksam. Auch wenn dies in der Gesetzesbegründung nicht ausdrücklich erwähnt wird, dürften danach Ausschlussfristen in Arbeits- und Tarifverträgen, die die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis an eine bestimmte Frist binden, für Arbeitsentgelt bis zur Höhe des Mindestlohns unwirksam sein. Darüber hinausgehende Ansprüche bleiben unberührt.

Beispiel:

Gemäß Tarifvertrag sind Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Wochen nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen. Eine spätere Geltendmachung ist ausgeschlossen. 

Jedenfalls der Mindestlohnanspruch in Höhe von 8,50 € je Stunde kann zukünftig auch noch später geltend gemacht werden. Nur hinsichtlich der darüber hinausgehenden Teilansprüche bei höheren Stundenlöhnen wäre eine Geltendmachung ausgeschlossen.

4.2. Verzicht

Nach § 3 Satz 2 MiLoG ist ein Verzicht auf den Mindestlohnanspruch nur hinsichtlich bereits entstandener Ansprüche durch gerichtlichen Vergleich möglich.

Damit sind beispielsweise außergerichtliche Vereinbarungen wie Ausgleichsklauseln oder sog. Ausgleichsquittungen im Zusammenhang mit der Beendigung von Arbeitsverhältnissen unwirksam, soweit sie den Mindestlohn betreffen. Für darüber hinausgehende Teilansprüche bleiben solche Vereinbarungen weiterhin zulässig. 

4.3. Verwirkung

Auch eine Verwirkung des Mindestlohnanspruchs ist ausgeschlossen (§ 3 Satz 3 MiLoG). Der Arbeitgeber kann also nicht darauf vertrauen, dass der Arbeitnehmer den Mindestlohn nicht mehr geltend macht, selbst wenn das Arbeitsverhältnis beispielsweise schon seit zwei Jahren beendet ist.

4.4. Verjährung

Das bedeutet aber nicht, dass der Arbeitgeber zeitlich unbegrenzt Nachforderungen der Arbeitnehmer befürchten muss. Denn auch der Mindestlohnanspruch unterliegt der gesetzlichen Verjährung. Die allgemeine Verjährungsfrist beträgt drei Jahre (§ 195 BGB) und beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 199 Abs. 1 BGB). Bei der Verjährung bleibt der Anspruch zwar dem Grunde nach bestehen, der Arbeitgeber kann aber die Leistung verweigern (§ 214 Abs. 1 BGB), indem er sich auf die Verjährung beruft.


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