Wechselmodell: Wo ist der Wohnsitz des Kindes?

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Lebt ein Kind getrenntlebender Eltern bei beiden Eltern zu gleichen Teilen – also z. B. immer eine Woche im Wechsel bei Mutter und Vater –, spricht man vom (paritätischen) Wechselmodell. Aber gerade bei diesem Modell der Betreuung von minderjährigen Kindern stellt sich oft die Frage: Wo ist der Wohnsitz des Kindes?

Schwerpunkt der Lebensbeziehungen ist entscheidend

Leben Kinder getrennter Eltern überwiegend bei einem Elternteil, ist die Frage nach dem Hauptwohnsitz des (minderjährigen) Kindes schnell beantwortet: An dem Ort der Wohnung, die vorwiegend vom Kind genutzt wird – dort ist das Kind zu melden, hier hat das Kind seinen Wohnsitz. Gerade beim echten Wechselmodell ist aber nicht leicht zu entscheiden, wo der Hauptwohnsitz eines Kindes ist. Immerhin ist es im Zweifel an zwei unterschiedlichen Wohnorten quasi die gleiche Zeit im Jahr. Das Kind nutzt also keine Wohnung „vorwiegend“.

Dann kommt es darauf an, wo der „Schwerpunkt der Lebensbeziehungen“ des Kindes ist (BVerwG, Urteil v. 30.09.2015, Az.: 6 C 38.14). Kriterien hierfür können z. B. sein, dass eine Wohnung in der Nähe der Schule liegt und der Freundes- und Bekanntenkreis eher im Umfeld der einen Wohnung als im Umfeld der anderen Wohnung liegt. Gerade wenn ein Elternteil weiterhin mit dem Kind in der alten „Ehewohnung“ wohnt und ein Partner z. B. in einen anderen Ort oder Stadtteil zieht, ist der Schwerpunkt der Lebensbeziehungen dann nahezu immer am alten Wohnort.

Keine zwei Hauptwohnsitze bei Wechselmodell

Wenn nicht zu klären ist, welcher Wohnsitz des Kindes – bei Vater oder Mutter – den Schwerpunkt der Lebensbeziehungen des Kindes darstellt, müssen sich Eltern über den Hauptwohnsitz einigen. Gelingt auch das nicht, ist der Hauptwohnsitz der Ort, an dem sich in der Vergangenheit bereits die Hauptwohnung des Kindes bzw. der Familie befand. Denn eines ist jedenfalls nicht möglich: zwei Hauptwohnsitze – die gibt es weder für Kinder noch für Erwachsene. Rein melderechtlich ist eine solche Konstruktion nicht möglich.

Bedeutung des Wohnsitzes

Das OLG München vertritt zwar die Auffassung, dass die Bestimmung des Hauptwohnsitzes des Kindes „keine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung für ein Kind ist“. Eine Anrufung des Familiengerichts im Fall der Uneinigkeit der Eltern ist damit nicht möglich. In manch einer Situation kann aber der Wohnsitz des Kindes durchaus eine Rolle spielen, z. B. bei der Einschulung in der Grundschule. Für die Beantwortung der Frage, auf welche Schule das Kind gehen wird, kann es – je nach Bundesland – auf den Schulsprengel/Schulbezirk ankommen. Hier kann der gewöhnliche Aufenthalt eines Kindes und damit beim Wechselmodell der Hauptwohnsitz ausschlaggebend sein. Gerade wenn die Wohnorte in unterschiedlichen Gemeinden oder Bundesländern liegen oder in sehr unterschiedlichen Stadtvierteln, hat der Wohnsitz des Kindes dann für sein weiteres Leben durchaus Bedeutung.

Fazit

Die Frage, wo sich der Hauptwohnsitz eines Kindes befindet, das von seinen Eltern im Wechselmodell betreut wird, ist nur eine von vielen Fragen rund um das Wechselmodell. Auch wenn diese Frage zunächst nicht von großer Bedeutung zu sein scheint, kann sie in bestimmten Fällen erhebliche Auswirkungen haben, gerade im Zusammenhang mit der Einschulung.

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