Widerruf Darlehensverträge - So sparen Sie sich die Vorfälligkeitsentschädigung!

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Viele Verbraucher sehen in Anbetracht der durch die Banken angesetzten hohen Vorfälligkeitsentschädigungen davon ab, bei ihren älteren Darlehensverträgen eine Umschuldung vorzunehmen, obgleich diese aufgrund der zwischenzeitlich stark gesunkenen Zinssätze für den Verbraucher deutlich günstiger ist.

Je nachdem, aus welchem Grund der Verbraucher eine Umschuldung vornehmen möchte, kann die Bank eine Vorfälligkeitsentschädigung entweder nach strengen Grundsätzen des Bundesgerichtshofs oder sogar nach billigem Ermessen festsetzen.

Diesbezüglich gibt es aber auch eine weitere Möglichkeit, wie sich der Verbraucher ohne den Anfall einer Vorfälligkeitsentschädigung von seinem Darlehensvertrag kann:

Nach den gesetzlichen Vorgaben ist ein Kreditinstitut verpflichtet, einen Verbraucher bei Abschluss eines Darlehensvertrags darüber zu belehren, dass ihm ein Widerrufsrecht zusteht. Danach kann der Verbraucher seinen Darlehensvertrag innerhalb einer Frist von zwei Wochen gegenüber dem Kreditinstitut widerrufen. Im Falle eines Widerrufs gilt der Darlehensvertrag von Anfang an als nicht abgeschlossen.

Eine Durchsuchung mehrerer Verbraucherzentralen hat ergeben, dass offenbar mehr als 2/3 der Widerrufsbelehrungen in Immobiliendarlehensverträgen fehlerhaft sind.

Warum sind die Widerrufsbelehrungen fehlerhaft?

Danach informieren die Kreditinstitute die Verbraucher in den Widerrufsbelehrungen häufig nicht korrekt über den Beginn der Widerrufsfrist. Diesbezüglich hat der Bundesgerichtshof in einem Urteil im Jahre 2012 entschieden, dass die Verwendung „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ falsch ist, da durch die Verwendung des Wortes „frühestens“ diese es dem Verbraucher nicht in der erforderlichen Weise eindeutig und umfassend ermöglicht, den Fristbeginn ohne Weiteres zu erkennen.

Diese Formulierung ist häufig in Widerrufsbelehrung vorzufinden. Der Grund hierfür ist ganz einfach: Der Gesetzgeber hat den Kreditinstituten in einer Verordnung über die Informations- und Nachweispflichten (BGB-Info V) diesbezüglich ein Muster für die Widerrufsbelehrung an die Hand gegeben. In dieser Muster-Widerrufsbelehrung ist die oben stehende Formulierung bezüglich des Fristbeginns ausdrücklich so enthalten. Demzufolge haben die Kreditinstitute bei der Verwendung dieser Formulierung darauf vertraut, dass diese den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Gerade dies hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung im Dezember 2012 aber klargestellt, dass dies nicht der Fall ist, auch wenn diese Formulierung in der Muster-Widerrufsbelehrung enthalten ist.

Die BGB-InfoV. sieht allerdings vor, dass sich die Kreditinstitute auf die Richtigkeit dieser Muster-Widerrufsbelehrung dennoch unter bestimmten Voraussetzungen verlassen können.

Danach genügt die von einem Kreditinstitut verwendete Belehrung den gesetzlichen Anforderungen nur dann, wenn das Muster der Widerrufsbelehrung in Textform verwandt wird. Dafür reicht es allerdings nicht aus, dass die verwendete Belehrung hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist mit der entsprechenden Formulierung in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung des Musters für die Widerrufsbelehrung in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV wörtlich übereinstimmt. Die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV greift nur, wenn ein Formular verwendet wurde, welches dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung vollständig entsprochen hätte.

Zwischenzeitlich hat der Bundesgerichtshof zwar klargestellt, dass Ergänzungen oder redaktionelle Veränderungen der Muster-Widerrufsbelehrungen unschädlich sein können, wenn diese die Muster-Widerrufsbelehrung inhaltlich nicht verändern, dennoch hält der Bundesgerichtshof daran fest, dass hier ein strenger Maßstab anzulegen sei, wonach sich Kreditinstitute auf einen Vertrauensschutz der BGB-InfoV nicht berufen können, wenn sie auf der Grundlage der Muster-Widerrufsbelehrung eine eigene, von der Muster-Widerrufsbelehrung abweichende Widerrufsbelehrung verfasst haben.

Welche Formulierungen in Widerrufsbelehrungen sind fehlerhaft?

Danach sind folgende häufig verwandte Widerrufsbelehrungen unwirksam, wenn sie diese Klausel enthalten:

„Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung.“

„Die Frist beginnt einen Tag, nachdem diese Belehrung mitgeteilt wurde und eine Vertragsurkunde, der schriftliche Darlehensantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Darlehensantrags zur Verfügung gestellt wurde.“

„Die Frist beginnt an dem Tag, welcher der Mitteilung dieser Belehrung und der Bereitstellung einer Vertragsurkunde, des schriftlichen Antrags oder einer Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags folgt.“

„Der Lauf der Frist beginnt erst, wenn Ihnen diese Belehrung ausgehändigt worden ist, jedoch nicht, bevor uns die von Ihnen unterschriebene Ausfertigung des Darlehensvertrages zugegangen ist.“

„Der Lauf der Frist beginnt mit Aushändigung dieser Vertragsurkunde, nicht jedoch, bevor die auf Abschluss des Vertrags gerichtete Willenserklärung vom Auftraggeber abgegeben wurde.“

Weiter können die vom Kreditinstitute verwendeten Widerrufsbelehrung auch deshalb unwirksam sein, weil diese ohne besondere Hervorhebung in die Allgemeine Geschäftsbedingungen/Allgemeine Darlehensbedingungen eingebettet sind und der Verbraucher so nicht deutlich genug erkennen kann, dass es sich hier um eine für ihn wichtige Belehrung mit Hinweisen auf seine diesbezüglichen Rechte und Pflichten handelt.

Bei einer Überprüfung der Widerrufsbelehrungen durch die Verbraucherzentrale Hamburg wurde festgestellt, dass bei 300 Darlehensverträgen die Widerrufsbelehrung ein zu mehr als 2/3 fehlerhaft sind.

Eine Übersicht der überprüften Darlehensverträge finden Sie hier:

Was ist die Folge einer unwirksamen Widerrufsbelehrung?

Ist die Widerrufsbelehrung fehlerhaft, so wurde die Zweiwochenfrist nicht in Gang gesetzt, da diese nur für zu laufen beginnt, wenn die Belehrung über das Widerrufsrecht ordnungsgemäß erfolgt ist. War dies nicht der Fall, so hat die Frist noch nicht begonnen und der Widerruf kann auch jetzt noch erklärt werden.

Was bewirkt der Widerruf?

Können Sie Ihren Darlehensvertrag widerrufen, so bewirkt dieser, dass der gesamte Darlehensvertrag rückabzuwickeln ist. Das bedeutet, der Verbraucher erhält seine geleisteten Zins- und Tilgungsleistungen sowie ggf. Agio/Disagio von dem Kreditinstitut zurück. Im Gegenzug muss er natürlich die erhaltene Kreditsumme zurück bezahlen. Hinzu kommt noch eine marktübliche Verzinsung. Eine Vorfälligkeitsentschädigung fällt hingegen nicht an.

Was muss ich beachten?

Für den Fall, dass das Kreditinstitut den Widerruf akzeptiert, sind sie sofort zur Rückzahlung der Netto-Darlehenssumme nebst marktüblicher Verzinsung verpflichtet. Folglich sollten Sie im Vorfeld bereits schon sicherstellen, dass für diesen Fall eine Umschuldung eines noch offenen Saldo unproblematisch möglich ist. Weiter muss berücksichtigt werden, dass häufig bei Immobiliendarlehen eine Grundschuldbestellung auf die Immobilie erfolgt ist und sich der Verbraucher diesbezüglich der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat. Der Verbraucher muss daher dafür Sorge tragen, dass im Laufe einer gerichtlichen Auseinandersetzung das Kreditinstitut nicht selbst aufgrund der ausbleibenden Ratenzahlungen die Kündigung ausspricht.

Wie lange kann ich nachträglich den Widerruf noch erklären?

Der Bundesgerichtshof hat diesbezüglich entschieden, dass hierfür grundsätzlich keine Frist gilt. Somit kann der Verbraucher seinen Darlehensvertrag auch noch Jahre später widerrufen. Dies geht sogar noch dann, wenn der Darlehensvertrag zwischenzeitlich vollständig abgewickelt ist.

Wie gehe ich jetzt weiter vor?

Nach unseren Erfahrungen akzeptieren Kreditinstitute keinen Widerruf, welcher von dem Verbraucher erklärt wurde. In manchen Fällen reicht die Geltendmachung der Rechte aus einem wirksamen Widerrufs durch den Rechtsanwalt aus für zumindest dazu, dass mit dem Kreditinstitut im Hinblick auf die weitere Fortführung des Darlehensvertrags neue Konditionen vereinbart werden. Häufig sträuben sich die Kreditinstitute aber trotz der klaren Rechtslage, so dass in vielen Fällen auch der Weg zum Gericht erforderlich ist.

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