Widerrufsrecht und trotzdem muss ich zahlen! Kann das sein?

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Die Kurzversion – aber bitte mit Vorsicht!

Ja, das kann sein! Der Wertersatz ist ein Teil des Rückabwicklungsrechts bei Kaufverträgen. Er tritt auf, wenn eine empfangene Leistung nicht oder nicht wie vereinbart zurückgegeben werden kann.

Die Vollversion – es kommt darauf an!

Der Wertersatz ist eine wichtige Komponente des Rückabwicklungsrechts bei Kaufverträgen. Er tritt auf, wenn eine erhaltene Leistung nicht oder nicht wie vereinbart zurückgegeben werden kann, etwa wenn die Kaufsache beschädigt oder abgenutzt ist. Dieser Anspruch auf Wertersatz dient als Entschädigung für den Rückgewährgläubiger (Unternehmer) und kann die Pflicht zur Herausgabe der Kaufsache ganz oder teilweise ersetzen.


Das Recht zur Prüfung der Kaufsache

Die Voraussetzungen für den Wertersatz sind in § 357a BGB festgelegt. Die Wertersatzpflicht tritt insbesondere aber nur dann ein, wenn gemäß § 357a Abs. 1 Nr. 1 BGB ein Wertverlust der Kaufsache durch eine Nutzung entsteht, die nicht zur Prüfung ihrer Eigenschaften, Beschaffenheit und Funktionsweise notwendig war. Die Grenzen des zulässigen Prüfumfangs bestimmen sich je nach Art und Verwendungszweck der Kaufsache. Der Verbraucher darf die Kaufsache grundsätzlich daraufhin prüfen, ob sie seinen Erwartungen entspricht, ohne dabei für einen Wertverlust im Widerrufsfall haftbar zu sein. Nur über eine notwendige Prüfung hinausgehende Nutzung kann zu einer Wertersatzpflicht führen.


Die Beweislast

Die Beweislast für die Umstände eines Wertersatzanspruchs trägt der Unternehmer. Er muss nachweisen, dass die festgestellte Wertminderung auf eine Nutzung durch den Verbraucher zurückzuführen ist, die über eine notwendige Prüfung hinausgeht. Zudem muss der Unternehmer nachweisen, dass Schäden oder Abnutzungen nicht während des Transports zum oder vom Verbraucher entstanden sind. Die Durchsetzung von Wertersatzansprüchen gestaltet sich aufgrund dieser Beweislast oft schwierig.


Die Wertersatzpflicht ist verschuldensunabhängig, d. h., der Unternehmer muss nicht nachweisen, dass der Verbraucher die Wertminderung vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt hat. Allein die Beweisbarkeit dessen, dass die Gebrauchshandlung über den Umfang einer zulässigen Tauglichkeitsprüfung hinausgegangen ist und so zur Wertminderung geführt hat, berechtig zum Wertersatz. Wenn die Kaufsache verloren geht oder anderweitig veräußert wird, entsteht kein Wertersatzanspruch, weil der Unternehmer schon gar nicht den Kaufpreis ersetzen muss. Jedoch muss der Verbraucher den vollen Kaufpreis erstatten, wenn er die Kaufsache zurückschickt, sie aber in seiner Obhut zerstört wurde.


Die Höhe des Wertersatzes

Gemäß BGH-Rechtsprechung ist für Waren der objektive Wert maßgeblich, es sei denn, der Wert der Ware übersteigt den vereinbarten Kaufpreis (BGH, Urteil vom 27.10.2020 Az. XI ZR 498/19).


Die genaue Berechnung erfolgt unter Berücksichtigung verschiedener Umstände des Einzelfalls, wie Abnutzung oder Beschädigung. Falls Reparatur- oder Reinigungskosten für die Wiederverkäuflichkeit anfallen, können diese Kosten dem Wertersatz hinzugefügt werden. Es gilt folgende Berechnungsmethode:

Objektiver Wert im Zeitpunkt der Übergabe - objektiver Wert bei Rückgabe durch den Verbraucher = Höhe des Wertersatzes

Neu: Digitale Inhalte

Beim Widerruf digitaler Inhalte entsteht für den Verbraucher gemäß § 357a Abs. 3 BGB niemals ein Wertersatzanspruch. Unternehmer, die digitale Inhalte anbieten, können das Widerrufsrecht jedoch unter bestimmten Bedingungen ausschließen. Dies ist möglich, wenn der Unternehmer vor Ablauf der Widerrufsfrist mit der Ausführung des Vertrags begonnen hat und der Verbraucher ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer vorzeitig mit der Ausführung des Vertrags beginnt und seine Kenntnis darüber bestätigt hat, dass er dadurch sein Widerrufsrecht verliert.

Benötige ich einen Anwalt?


Wie so oft steckt der Teufel im Detail und eine rechtliche Beurteilung eines jeden Einzelfalls innerhalb weniger Zeilen ist faktisch nicht möglich. 


Vor allem dann, wenn viel Geld im Spiel, die Beweislage unklar ist, ein etwaiger Wertersatz im Raum steht und die Kommunikation mit dem Vertragspartner keine Früchte trägt, ist die Hinzuziehung eines Anwalts anzuraten, der sich für Ihre Rechte einsetzt, Ihnen aber vor allem die Erfolgsaussichten Ihres Anliegens konkret darlegen kann.

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