Wie ich meinem Mandanten die 500-Euro-Strafe ersparte

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Mit dem E-Roller alkoholisiert unterwegs zu sein, das kann teuer werden. Eine Strafe dafür lässt sich mit etwas Glück und Geschick aber auch mal umgehen.

Besonders für Geflüchtete ist es oft ungewohnt, mit welcher Beflissenheit und Strenge in Deutschland sogenannte Vergehen im Straßenverkehr geahndet werden. Während in anderen Ländern selbst die Polizei über Unzulänglichkeiten, bei denen praktisch kaum einer zu Schaden kommen kann, auch immer mal hinwegsieht, wird bei uns die Konjunktiv-Keule heraus geholt: Dem deutschen Recht reicht es, dass theoretisch jemand zu Schaden kommen KÖNNTE. 

Kann man gut finden. Oder auch übertrieben. 

Malik* (28, Syrer) regte sich jedenfalls sehr darüber auf. "Es ist nichts, niemand war da!", schimpfte er. Und erzählte: Als er an einem Samstagabend mit seinen E-Roller unterwegs gewesen war, war er von der Polizei kontrolliert worden. Was Malik nicht wusste: E-Roller gelten als motorisierte Fahrzeuge, mit ihnen nach einem feucht-fröhlichen Abend unterwegs zu sein, ist ab 1,1 Promille Alkohol im Blut bereits eine Straftat - auch ohne Ausfallerscheinungen oder unmittelbarer Gefährdung anderer. Malek war zwar, wie er sagte, topfit, leider wurden bei ihm aber 1,3 Promille gemessen. Wenige Tage später hatter er den Bußgeldbescheid erhalten:

Satte 500 Euro! 

Rechtlich zwar korrekt, doch selbst Konjunktiv-Fetischisten müssen zugeben: Die Unfallmöglichkeiten eines E-Rollers sind eher mit denen eines Fahrrads vergleichbar, als mit denen eines echten Motorrads, für das genau dieselbe Strafe ausgesprochen worden wäre. 

Davon versuchte ich sogleich die zuständige Sachbearbeiterin bei der Ordnungswidrigkeitsbehörde am Telefon zu überzeugen. Sie hörte sich die Geschichte an, teilte meine Auffassung und nahm auch zur Kenntnis, dass eine solch saftige Strafe von meinen Mandanten unmöglich zu erbringen sei. Eine milderes Bußgeld aussprechen konnte sie aber nicht, Gesetz sei nun einmal Gesetz, bedauerte sie, was sich aufrichtig anhörte. 

Da kam mir eine Idee!

„Mal angenommen, wir würden Einspruch einlegen. KÖNNTE es dann nicht sein, dass dieser, in Anbetracht der langen Wege und der derzeitigen Überlastung des Amtsgericht, vielleicht gar nicht fristgerecht bearbeitet werden könnte?“, fragte ich sie. 

Kurzes Schweigen (hörte ich da ein unterdrücktes Lachen?). Dann antwortete sie süffisant: 

„Das KÖNNTE sein, Herr Anwalt...“

Und so kam es. Aufgrund der Nichteinhaltung der Frist seitens des Amtsgerichts wurde der 500-Euro- Strafbefehl ganz von alleine ungültig. Ob das nun daran lag, dass der Einspruch vielleicht ein paar Tage zu lange auf dem Schreibtisch einer Sachbearbeiterin gelegen hat, oder das Amtsgericht tatsächlich zu spät Zeit dafür gefunden hatte - wir werden es nie erfahren. Malek jedenfalls muss nichts bezahlen. Und hat gelernt: Der Konjunktiv kann auch sehr hilfreich sein. 

Herzlichst, 

Gerhard Rahn (Fachanwalt für Strafrecht) 

#Strafbefehl #Ordnungswidrigkeit #Amtsgericht #Trick #Roller #Alkohol 


*Name geändert. Redaktion Rahn: Frank Jaspermöller, Bild: Pixabay



Foto(s): (Bild: Pixabay)

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