Zuweisung der Ehewohnung bei Trennung

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Voraussetzungen für die Zuweisung einer Ehewohnung

Voraussetzung für die Einreichung eines Scheidungsantrages ist nach deutschem Recht die Einhaltung eines Trennungsjahres, also die Auflösung der ehelichen Gemeinschaft.

Die Gemeinschaft lässt sich am leichtesten dadurch auflösen, dass einer der beiden Ehegatten auszieht. Es ist äußerst kompliziert, die Trennung innerhalb des gemeinsamen Hauses oder der gemeinsamen Wohnung zu vollziehen: Erforderlich ist getrenntes Wirtschaften.

Jeder der Eheleute benötigt seinen/ihren eigenen Bereich. Gemeinsames Waschen von Wäsche, Erledigen gemeinsamer Einkäufe, gemeinsames Kochen und Essen sind tabu. Insbesondere müssen auch die Kosten klar getrennt werden. Dies ist im wahren Leben schwer durchzuhalten. Daher birgt das „Wohnen unter einem Dach“ das Risiko, dass der Trennungszeitpunkt nicht klar zu definieren ist, ggf. droht sogar die Zurückweisung eines Scheidungsantrages wegen Nichteinhaltung des Trennungsjahres.

Häufig scheitert die Trennung als Voraussetzung für eine Scheidung daran, dass sich der trennungswillige Ehepartner nicht dazu entschließen kann, die gemeinsame Wohnung/das Haus zu verlassen.

Um diesem Dilemma zu entgehen, wird häufig versucht, den anderen Ehepartner loszuwerden, indem ein gerichtlicher Antrag auf Zuweisung der Ehewohnung gestellt wird. Die eheliche Wohnung kann dann vom Gericht einem Ehepartner zur alleinigen Nutzung, unabhängig von den Eigentumsverhältnissen, zugewiesen werden.


Das Gesetz sieht einen Anspruch auf Nutzungsüberlassung der Ehewohnung allerdings nur vor, soweit dies


•             zur Vermeidung einer unbilligen Härte unter Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten, § 1361b Abs. 1 Satz 1 BGB, oder

•             zur Vermeidung einer unbilligen Härte in Form der Beeinträchtigung des Kindeswohls der im Haushalt lebenden Kinder, § 1361b Abs. 1 Satz 2 BGB

geboten ist.


Der Begriff der unbilligen Härte ist nicht ganz eindeutig. Nach der Rechtsprechung zählt hierzu beispielsweise die Aufnahme eines neuen Lebenspartners in die Wohnung, wenn dadurch eine seelische Integritätsverletzung des anderen Ehegatten verursacht wird.

Weitere Beispiele für eine unbillige Härte sind körperliche Misshandlung, Alkohol- oder Drogenmissbrauch und weitere Formen häuslicher Gewalt, etwa grob unbeherrschtes und unberechenbares Verhalten, insbesondere Sachbeschädigung.

Insgesamt handelt es sich bei der Zuweisung um einen starken Eingriff, für den gravierende Gründe vorliegen müssen. Hierauf wies das OLG Bamberg in einer Entscheidung vom 1.4.2022 hin.

Im dort zu entscheidenden Fall lebten keine gemeinsamen Kinder mehr im großzügigen ehelichen Anwesen. Die Antragstellerin begründete ihren Antrag damit, dass sich ihr Ehemann trotz der Unterzeichnung einer schriftlichen Erklärung zum Getrenntleben nicht an die Einhaltung der vereinbarten räumlichen Trennung innerhalb des Hauses gehalten habe. Die Anwesenheit ihres Ehemannes in der Ehewohnung stelle eine psychische Belastung für sie dar.

Im Beschluss stellt das OLG Bamberg klar, dass an die Zuweisung der Ehewohnung hohe Voraussetzungen zu stellen sind, die über übliche Unannehmlichkeiten am Ende einer Ehe deutlich hinausgehen:

„Aus den in der gesetzlichen Regelung hervorgehobenen Tatbeständen, die eine unbillige Härte begründen können - die Anwendung von Gewalt und die Beeinträchtigung des Kindeswohls - ist zu folgern, dass eine Wohnungszuweisung besondere Umstände voraussetzt, die über bloße Unannehmlichkeiten oder Belästigungen, wie sie oft in der Auflösungsphase einer Ehe auftreten, hinausgehen und unter Berücksichtigung der Interessen des anderen Ehegatten dessen Verbleiben in der Wohnung für den Ehegatten zu einer unerträglichen Belastung machen.“

OLG Bamberg Beschl. v. 1.4.2022 – 2 UF 11/22, BeckRS 2022, 7857


Sofern keine gravierenden Gründe für eine Zuweisung der Ehewohnung vorliegen, ist der sicherste Weg zur Herbeiführung des Getrenntlebens für eine spätere Scheidung der Auszug des trennungswilligen Ehepartners.

Foto(s): Florian Mund

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