Ankaufsuntersuchung – Rechte des Käufers gegenüber dem vom Verkäufer beauftragten Tierarzt

  • 2 Minuten Lesezeit

Der Käufer hat bezüglich der Verletzung von Sorgfaltsplichten bei einer Ankaufsuntersuchung auch dann denkbare eigene Ersatzansprüche, wenn er den untersuchenden Tierarzt nicht selbst beauftragt hat.

In der Rechtspraxis liegt ein Themenschwerpunkt bei der rechtlichen Bewertung und Beratung zum weiteren außergerichtlichen und gerichtlichen Vorgehen in Bezug auf Mängel, die bei einer Ankaufsuntersuchung dokumentiert wurden oder verborgen geblieben sind. Diese Rechte sind dann nicht nur gegenüber dem Verkäufer, sondern unter Umständen auch gegenüber dem Tierarzt zu prüfen, welcher die Ankaufsuntersuchung durchgeführt hat.

Nicht immer ist der Käufer gegenüber dem untersuchenden Tierarzt Auftraggeber zur Durchführung der Ankaufsuntersuchung. In diesem Zusammenhang ist es für den Käufer von entscheidender Bedeutung, zu wissen, inwieweit er Ansprüche gegen den vom Verkäufer beauftragten Tierarzt geltend machen kann.

Das Oberlandesgericht Hamm hatte mit seinem Urteil vom 05.09.2012 einen Sachverhalt zu entscheiden, bei dem die Klägerin ein – laut Kaufvertrag – vier Jahre altes Pferd vom Verkäufer erwerben wollte. Es wurde vereinbart, dass der Kaufvertrag mit Durchführung einer erfolgreichen Ankaufsuntersuchung wirksam werden sollte.

Bei der Ankaufsuntersuchung unterließ es der vom Verkäufer beauftragte Tierarzt, zu vermerken, dass alle Milchzähne des Tieres noch vorhanden waren und der Zahnstatus somit dem angeblichen Alter des Tieres widersprach.

Nachdem die Klägerin später erfahren hatte, dass das erworbene Tier mit gerade einmal zweieinhalb Jahren nicht zum Reiten geeignet war, verklagte sie nach erfolgloser Aufforderung die vom Verkäufer beauftragte Tierarztpraxis. Das Oberlandesgericht Hamm gab ihr Recht und verurteilte die Tierarztpraxis zur Zahlung von Aufwendungsersatz für die Kosten, welche die Käuferin bis zum Erreichen des vierten Lebensjahres aufbringen musste.

Das Gericht begründete sein Urteil mit einem aus der altersbedingten Unreitbarkeit folgenden Minderwert und sah es als erwiesen an, dass die Klägerin das Tier infolge der Unreitbarkeit zum damaligen Zeitpunkt nicht gekauft hätte.

Dabei betonte das Gericht, dass auch der – zwischen dem Verkäufer und der Tierarztpraxis vereinbarte – Haftungsausschluss die Haftung gegenüber der Käuferin nicht wirksam begrenzen oder ausschließen konnte. Bei dem vorgestellten Sachverhalt einer Ankaufsuntersuchung entfaltet der Vertrag zwischen dem Tierarzt und dem Verkäufer eine Schutzwirkung gegenüber dem Käufer (Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter). Diese Schutzwirkung kann nicht durch eine Vereinbarung zwischen dem Verkäufer und dem Tierarzt beseitigt werden.

Verallgemeinert lässt sich also sagen, dass der Käufer selbst dann eigene Ansprüche gegenüber dem Tierarzt verfolgen kann, wenn er ihn gar nicht selbst beauftragt hat. Dazu ist allerdings Voraussetzung, dass es für den Tierarzt erkennbar ist, dass er eine Untersuchung durchführt, die zum Zweck des Erwerbs eines Pferdes durchgeführt wird. Sodann entstehen aufseiten des Tierarztes auch Schutzpflichten gegenüber dem Erwerber, ohne dass es eines vertraglichen Verhältnisses mit dem Käufer bedarf. Werden diese Schutzpflichten verletzt, so können eigene Ersatzansprüche des Käufers gegenüber dem Tierarzt gegeben sein.

Dennoch muss an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass bei der rechtlichen Beurteilung konkreter Sachverhalte jedes Detail von Bedeutung sein kann. Insoweit empfiehlt es sich, die eigene Fallgestaltung mit einem Rechtsanwalt zu erörtern und mit ihm das weitere Vorgehen zu besprechen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Wellmann & Kollegen Rechtsanwälte

Beiträge zum Thema