BAG: Rückzahlungsvereinbarungen für Fortbildungskosten können unwirksam sein!

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Das Bundesarbeitsgericht hat sich bereits mehrfach in Entscheidungen mit der Zulässigkeit von Rückzahlungsvereinbarungen für Fortbildungskosten auseinandergesetzt (z.B. Bundesarbeitsgericht, Urteil v. 14.01.2009 – 3 AZR 900/07). In einem aktuellen Urteil (Bundesarbeitsgericht, Urteil v. 01.03.2022 – 9 AZR 260/21) hat sich das Bundesarbeitsgericht erneut mit dieser Thematik befasst.

Wie war die Ausgangslage des Verfahrens? 

Eine Arbeitgeberin, die eine Reha-Klinik betreibt, schloss mit einer als Altenpflegerin beschäftigten Arbeitnehmerin einen Fortbildungsvertrag. In diesem Fortbildungsvertrag verpflichtete sich die Arbeitnehmerin zur Teilnahme an einer Fortbildung zum „Fachtherapeut Wunde ICW“. Die Arbeitgeberin verpflichtete sich im Gegenzug zur Übernahme der kompletten Fortbildungskosten in Höhe von 4.090,00 €.

Wie bei derartigen Fortbildungsverträgen üblich, wurde zwischen der Arbeitgeberin und der Arbeitnehmerin auch eine Rückzahlungsklausel vereinbart, die u.a. sinngemäß vorsah, dass die Arbeitnehmerin das Arbeitsverhältnis nach dem Ende der Fortbildung für mindestens sechs Monate fortsetzen musste. Sollte die Arbeitnehmerin vor Ablauf der sechsmonatigen Bindungsfrist ausscheiden (z.B. durch eine Eigenkündigung), wäre sie zur anteiligen Rückzahlung der Fortbildungskosten verpflichtet.

Tatsächlich kündigte die Arbeitnehmerin das Arbeitsverhältnis innerhalb der Bindungsfrist. Die Arbeitgeberin forderte daher von der Arbeitnehmerin mit Verweis auf die Rückzahlungsklausel die Rückzahlung von 2.726,28 € (4/6 der gesamten Fortbildungskosten). Nachdem die Arbeitnehmerin die Rückzahlung verweigerte, erhob die Arbeitgeberin Klage vor dem zuständigen Arbeitsgericht Würzburg. Sowohl das Arbeitsgericht Würzburg als auch das Landesarbeitsgericht Nürnberg wiesen die Klage bzw. die Berufung der Arbeitgeberin ab. Daher wandte sich die Arbeitgeberin an das Bundesarbeitsgericht. 

Wie hat das Bundesarbeitsgericht entschieden? 

Auch die Revision vor dem Bundesarbeitsgericht blieb erfolglos.

Konkret stuften die Richter und Richterinnen die im Fortbildungsvertrag getroffenen Abreden als Allgemeine Geschäftsbedingungen ein. Dies führt dazu, dass die einzelnen Klauseln der Rückzahlungsvereinbarung gemäß §§ 305 ff. BGB einer AGB-Kontrolle unterzogen werden können. Im Rahmen einer AGB-Kontrolle können einzelne Klauseln eines Vertrags vom Gericht für unwirksam erklärt werden.

Die im konkreten Fall von der Arbeitgeberin gewählte Formulierung der Rückzahlungsklausel umfasste u.a. eine Rückzahlungspflicht für alle Eigenkündigungen der Arbeitnehmerin, die nicht von der Arbeitgeberin verursacht worden sind. Diese sehr weite Formulierung der Rückzahlungsklausel – umfasst wäre z.B. auch der Fall, dass die Arbeitnehmerin aus gesundheitlichen Gründen kündigen muss – stellt nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts eine unangemessene Benachteiligung der Arbeitnehmerin dar. Eine Klausel des Verwenders (die Arbeitgeberin), die den Vertragspartner unangemessen benachteiligt, ist jedoch gemäß § 307 Absatz 1 Satz 1 BGB unwirksam.

Welche Konsequenzen hat die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für Arbeitgeber? 

Die Vereinbarung von Rückzahlungsklauseln im Rahmen von Fortbildungs- oder Arbeitsverträgen ist Arbeitgebern weiterhin zu empfehlen. Denn selbstverständlich haben Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran, dass Arbeitnehmer nach Absolvierung einer teuren Fortbildung nicht sofort zu einem anderen Arbeitgeber oder gar zur Konkurrenz wechseln. Falls ein Arbeitnehmer doch wechselt, will der Arbeitgeber verständlicherweise für die Investition in die Fortbildung entschädigt werden.

Allerdings beweist das oben dargestellte Urteil des Bundesarbeitsgerichts erneut, dass bei der Formulierung derartiger Rückzahlungsklauseln größte Vorsicht geboten ist. Denn aufgrund des im AGB-Rechts geltenden Verbots der geltungserhaltenden Reduktion werden unzulässige Klauseln nicht vom Gericht auf das noch zulässige Maß „zurechtgestutzt“, sondern direkt für unwirksam erklärt. Auch eine Teilbarkeit der Klausel in einen zulässigen und in einen unzulässigen Teil wird von den Gerichten in den meisten Fällen – so auch im vorliegenden Fall – verneint werden. Schließlich ist auch die Dauer der Bindungsfrist schon eine Fehlerquelle für die Formulierung von Rückzahlungsklauseln. Denn nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts kann eine Bindungsfrist zu lang bemessen sein und bereits aus diesem Grund eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers darstellen.

Aufgrund der hohen Relevanz der korrekten Formulierung einer Rückzahlungsklausel sollten Sie sich daher im Zweifelsfall anwaltlich beraten lassen. Denn eine Rückzahlungsklausel, die später vom Arbeitsgericht für unwirksam erklärt wird, ist genauso wirkungslos wie der komplette Verzicht auf die Vereinbarung einer Rückzahlungsklausel.

Bitte beachten Sie, dass diese Informationen keine Beratung im Einzelfall ersetzen können. Gerne berate ich Sie persönlich oder auch online zu Ihren Rechtsthemen im Arbeitsrecht.

Foto(s): Rechtsanwältin Trixi Hoferichter


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