Bank leistet an den falschen Empfänger: erneuter Zahlungsanspruch gegenüber der Bank?

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Situation

In der Praxis häufig sind Fälle, wo Ihre Hausbank an den Ehegatten oder mitverfügungsberechtigten Kontoinhaber gegen Ihren Willen und absprachewidrig überweist. Hier stellt sich die Frage, ob diese Überweisung wirksam ist und ob die Bank leistungsbefreiend an den anderen Kontoinhaber überweisen konnte oder nochmals zur Leistung – ggf. an Sie – verpflichtet ist.

Grundsatz:

Bei einem Gemeinschaftskonto mit Einzelverfügungsbefugnis (sog. Oder-Konto) kann das kontoführende Kreditinstitut nicht beliebig an jeden der Kontoinhaber schuldbefreiend auszahlen oder überweisen.

Vielmehr kann die Bank nur an denjenigen leistungsbefreiend zahlen, der die Leistung fordert.

Lässt das Kreditinstitut bei kollidierenden Weisungen der Inhaber des Oder-Kontos den Grundsatz zeitlicher Priorität unbeachtet, kann das einen Schadensersatzanspruch begründen. Dabei sind jedoch nur solche Zahlungsverlangen zu berücksichtigen, die vertragsgemäß sind. 

Entscheidung des BGH

Begründet hat der BGH (BGH 11. Zivilsenat, Urteil vom 20.03.2018 – XI ZR 30/16) dies damit, dass bei einem Oder-Konto beide Inhaber Gesamtgläubiger gemäß § 428 BGB seien, von denen jeder die Auszahlung des Guthabens an sich verlangen könne. 

Das kontoführende Institut habe aber kein Wahlrecht, an wen es leiste; vielmehr habe eine Auszahlung schuldbefreiende Wirkung nur dann, wenn sie entsprechend der Weisungen desjenigen erfolgt, der den Auszahlungsanspruch geltend mache. 

Vorliegend musste deshalb der Kläger die Auszahlung an die Streithelferin gegen sich gelten lassen. Dabei gilt bei Oder-Konten der Grundsatz des § 428 BGB nicht, die es der Bank als kontoführendem Institut erlauben würde, aufgrund der Gesamtgläubigerschaft an jeden der beiden Kontoinhaber nach Belieben schuldbefreiend zu leisten; vielmehr muss hier die Leistung an den Gläubiger erbracht werden, der sie von der Bank einfordert. 

Da es bei solchen Konten auch möglich ist, dass widersprechende Aufträge von verschiedenen Kontoinhabern erteilt werden, folgt aus dem Prioritätsprinzip, dass die Auszahlungsanweisungen der Reihe nach zu bearbeiten sind.

Rechtsanwalt Dr. Martin Heinzelmann, LL.M. (Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht) vertritt Ihre Interessen gegenüber Banken bundesweit.


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