"Berliner Testamente" nicht immer bindend

  • 2 Minuten Lesezeit

Eheleute machen oft ein „Berliner Testament”. In einem solchen Testament setzen sie sich zunächst gegenseitig als Vollerben ein und bestimmen dann eine Person, die erben soll, wenn der Letzte von ihnen verstorben ist - den sogenannten Schlusserben -. Dabei sollte man die Begriffe „Vorerbe” und „Nacherbe” strikt vermeiden, da diese juristisch etwas ganz anderes bedeuten.

Solche „Berliner Testamente” können nach dem Tod des ersten Ehegatten in aller Regel nicht mehr geändert werden, da das Gesetz davon ausgeht, dass dann eine sogenannte Bindungswirkung eintritt (§§ 2270, 2271 BGB). Der Überlebende ist an den Willen, der im Testament festgelegt ist, gebunden.

Das Oberlandesgericht München hat diese Bindungswirkung für gemeinschaftliche Testamente abgeschwächt, wenn als Schlusserbe nach dem Tod des letzten Ehegatten keine Kinder oder Verwandten der Erblasser eingesetzt worden sind, sondern gemeinsame Bekannte oder gemeinnützige Organisationen. Für diesen Fall soll eine Bindungswirkung nicht automatisch eintreten.

Diese Rechtsprechung (OLG München veröffentlicht in ZErb 7/2008 Seite 235) ist besonders wichtig für die Eheleute, die entweder keine Kinder haben oder diese im Testament nicht zu Schlusserben einsetzen. Oft kommt es nämlich vor, dass als Schlusserben gemeinsame Bekannte oder auch gemeinnützige Einrichtungen, wie z.B. kirchliche Einrichtungen, Vereine oder Stiftungen bestimmt werden.

Nach der Entscheidung des OLG München könnte der überlebende Ehegatte nach dem Tod seines Partners und gegen dessen Willen das Testament einfach ändern. Manchmal mag dies ja gewollt sein. Wenn man dies aber nicht will und möchte, dass der letzte Wille auch nach dem Tod beachtet wird, muss man in dem Testament Vorkehrungen treffen.

Durch eine klare und eindeutige Formulierung zur Wechselbezüglichkeit kann man erreichen, dass der letzte Wille des Erstverstorbenen beachtet wird. Darüber hinaus vereinfacht man das ganze Erbverfahren, da ansonsten das Testament erst ausgelegt werden muss und sich dadurch das ganze Verfahren stark verzögert. Unter Umständen können hier jahrelange Rechtsstreite entfacht werden.

Damit der Streit um das Erbe nicht den Familienfrieden und das Vermögen kostet, sollte man sich unbedingt fachkundig beraten lassen.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Simon S. Thiede

Beiträge zum Thema