BGH entscheidet zu Eigenbedarfskündigung

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Am 22.05.2019 entschied der BGH in zwei Fällen zu der Frage der Wirksamkeit einer Eigenbedarfskündigung und den Anforderungen des Härtefalles des Mieters.

In dem Verfahren VIII ZR 180/18 wurde die Wohnung durch die 1937 geborene Beklagte sowie ihren beiden über 50 Jahre alten Söhnen bewohnt. Der Kläger erwarb die Wohnung 2015, um dort mit seiner Frau und seinen beiden Kleinkindern zu leben. Die Räumungsklage blieb in der Berufungsinstanz erfolglos, nachdem die Beklagte zur Überzeugung des Gerichts nachweisen konnte, dass der Umzug aufgrund der Demenzerkrankung der Beklagten zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes führen würde. Das Berufungsgericht hielt die Eigenbedarfskündigung zwar für begründet, bejahte jedoch einen Härtefall für die beklagte Mieterin und wies die Räumungsklage ab.

In dem weiteren Verfahren VIII ZR 167/17 war die Räumungsklage in der Berufungsinstanz erfolgreich. Die beklagten Mieter bewohnten die Doppelhaushälfte mit ihrem Sohn und den schwer erkrankten Bruder des Beklagten zu 2). Die Mieter widersprachen der Eigenbedarfskündigung, da sie diese als vorgeschoben erachteten und wandten einen Härtefall aufgrund des Gesundheitszustandes des Bruders des Beklagten zu 2) ein.

Ebenso wie in dem anderen Verfahren wurde der Gesundheitszustand des Mieters mittels eines Gutachtens nachgewiesen, dass ein Umzug zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes führen würde. Das Berufungsgericht erachtete auch in diesem Fall die (streitige) Eigenbedarfskündigung ohne weitere Beweisaufnahme für wirksam, sah vorliegend jedoch keinen Härtefall für die beklagten Mieter, da sich aus dem Gutachten nicht ergebe, dass eine schwerwiegende Beeinträchtigung oder drohende Lebensgefahr bestünde.

Beide Entscheidungen wurden durch den BGH aufgehoben und an die Berufungsgerichte zur weiteren Sachaufklärung zurückverwiesen. Nach Ansicht des BGH bedürfe es einer besonderen Sorgfalt bei der Ermittlung der gegenseitigen Interessen. Sowohl auf Seiten des Vermieters wie auch auf Seiten des Mieters seien grundrechtsgeschützte Rechtsgüter betroffen, die in einer sorgfältigen Abwägung zum Ausgleich zu bringen sind. 

Der BGH stellte dabei ganz klar fest, dass entgegen der Instanzenrechtsprechung keine festgelegten Fallgruppen (Alter, Krankheit, lange Mietdauer) bestehen, in denen eine Abwägung zugunsten des Härtefalles des Mieters zu entscheiden sei. Für den BGH seien die Auswirkungen des Umzugs nicht zu verallgemeinern. Für jede Person wirke sich ein Umzug in unterschiedlicher Intensität auf das persönliche Umfeld der Mieter und deren Gesundheitszustand aus. Für diese Frage hält der BGH künftig ein von Amts wegen einzuholendes Sachverständigengutachten für erforderlich, um individuell die Auswirkungen eines Umzuges auf den persönlichen und gesundheitlichen Zustand des Mieters festzustellen.

Aus diesem Grund hat das Berufungsgericht die stattgegebene Räumungsklage in dem Verfahren VIII ZR 180/18 aufgehoben, da für ein Überwiegen der Interessen des Mieters aufgrund eines Härtefalls nicht ausreichend untersucht wurde, wie sich ein Umzug auf den individuellen Gesundheitszustand der beklagten Mieterin auswirken wird.

Das Berufungsurteil des weiteren Verfahrens VIII ZR 167/17 wurde aus den Gründen aufgehoben, da das Gerichts rechtsfehlerhaft den streitigen Eigenbedarf ohne eine Beweiserhebung der Entscheidung zugrunde gelegt hat.

In beiden Entscheidungen haben die Berufungsgerichte daher nach Ansicht des BGH keine ausreichende Abwägung der Interessen vorgenommen.

Die Entscheidungen dürften insoweit sowohl für Mieter als auch für Vermieter von Vorteil sein, als dass Gerichte künftig bei beiden entgegenstehenden Interessen noch genauer hinsehen müssen und ihre Entscheidung nicht auf einer rudimentären Tatsachengrundlage treffen dürfen.

Haben auch Sie eine Wohnung erworben, in der Sie nun gerne selbst einziehen möchten oder sind Sie nach einer Eigenbedarfskündigung aufgefordert worden, die Wohnung zu räumen- wir helfen Ihnen gerne.

Rechtsanwältin Ninja Lorenz

Kanzlei Schwede, Gewert & Kollegen



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