BGH: Verstoß gg. Treu und Glauben bei zweckwidriger Verwendung des Altersvorsorgeunterhalts

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Zweckwidrige Verwendung des Altersvorsorgeunterhalts; Befristung bei langer Ehedauer

Der Bundesgerichtshof hat sich in seiner Entscheidung vom 13.11.2019 mit Fragen zum nachehelichen Unterhalt beschäftigt. Zum einen, welche Rechtsfolge eintritt, wenn der Unterhaltsberechtigte den erhaltenen Altersvorsorgeunterhalt nicht bestimmungsgemäß verwendet hat. Zum anderen, ob trotz langer Ehedauer eine Befristung mit Renteneintritt des Unterhaltsberechtigten in Betracht kommt.

Die im Oktober 1978 geschlossene Ehe der Beteiligten wurde im Jahr 2006 geschieden; der Scheidungsausspruch ist seit dem 11.4.2007 rechtskräftig. Der Ehemann begehrt die Abänderung eines im April 2007 vor dem Oberlandesgericht geschlossenen Vergleichs zum nachehelichen Unterhalt, der sowohl Elementar- als auch Altersvorsorgeunterhalt enthält.

Aus der Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen. Für die Dauer der Kinderbetreuung gab die Ehefrau ihre Beamtenstellung im Jahr 1996 auf. Im April 2000 begann sie, zunächst halbtags als Angestellte wieder in der Finanzverwaltung zu arbeiten. Seit dem 1. Januar 2019 bezieht die Ehefrau Rente.

Seit der Trennung der Beteiligten im Juni 2002 zahlte der Ehemann Trennungs- und nachehelichen Unterhalt. Aus der Verwertung des gemeinsamen Hauses und dem Zugewinnausgleich erhielt die Ehefrau insgesamt 233.125 €.

Der Ehemann begehrte mit seinem Abänderungsantrag sowohl eine Herabsetzung des Unterhalts als auch eine Befristung bis September 2017, hilfsweise bis April 2020.

Die Ehefrau hatte auf die Aufforderung des Ehemannes hin, keine Auskunft über die Verwendung des in der Vergangenheit bezogenen Altersvorsorgeunterhalts erteilt. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist der Vorsorgeunterhalt gem. § 1578 Abs. 3 BGB ein zweckgebundener Bestandteil des nachehelichen Unterhalts, den der Berechtigte für eine entsprechende Versicherung zu verwenden hat. Der Unterhaltsgläubigers ist bei zweckwidriger Verwendung der als Vorsorgeunterhalt geleisteten Beträge später so zu behandeln, als hätten diese zu einer entsprechenden Versicherung geführt.

Macht der Berechtigte erstmals Vorsorgeunterhalt geltend, braucht er grundsätzlich keine konkreten Angaben über die Art und Weise der von ihm beabsichtigten Vorsorge zu machen. Dies gilt nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) jedoch nicht, wenn er in der Vergangenheit als Vorsorgeunterhalt erhaltene Beträge nicht bestimmungsgemäß verwendet hat. Nach diesen Grundsätzen ist der Ehemann nicht mehr verpflichtet, weiterhin Altersvorsorgeunterhalt zu zahlen. Eine Verpflichtung des Ehemannes, die Beträge direkt an einen bestimmten Versicherungsträger zu zahlen, schied vorliegend schon deshalb aus, weil die Ehefrau einen solchen nicht benannt hatte.

Nach Auffassung des BGH sei der Unterhaltsanspruch der Ehefrau bis zu ihrem Renteneintritt im Januar 2019 zu befristen. Nach § 1578 b Abs. 2 S. 1 BGB ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Im Rahmen der Billigkeitsabwägung ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, oder eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe unbillig wäre. Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes sowie der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe ergeben.

Die lange Ehedauer von rund 25 Jahren rechtfertige es nicht, von einer Befristung abzusehen. Die Ehefrau hatte trotz der familienbedingten Pause im Jahr 2000 ihre Tätigkeit bei ihrem früheren Dienstherrn ohne Schwierigkeiten fortsetzen können. Des Weiteren leistete der Ehemann bereits Unterhaltsleistungen von rund 18 Jahren. Letztlich sei auch eine Entflechtung der persönlichen Verhältnisse eingetreten. Im Übrigen bestätigte der BGH die Auffassung des OLG, dass die infolge der Ehe und deren Ausrichtung allein an den beruflichen Erfordernissen des Ehemanns – verglichen mit denen bei ununterbrochener Vollzeittätigkeit als Finanzbeamtin – geringeren Versorgungsanwartschaften der Ehefrau bis zum Ende der Ehezeit durch den Versorgungsausgleich und für die Zeit danach durch den vom Ehemann gezahlten Altersvorsorgeunterhalt ausgeglichen seien.

BGH, Beschluss vom 13.11.2019 – XII ZB 3/19


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