Der Elternunterhalt und das Eigenheim

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Mit Unterhaltsansprüchen bezüglich des Elternunterhalts werden die Pflichtigen häufig konfrontiert, wenn sie zwischen 40 und 60 Jahre alt sind. Manchmal früher, manchmal später. Die Lebenssituation sieht häufig so aus, dass das angeschaffte Eigenheim schon jahrelang abbezahlt wird, ein Ende dieser Zahlungsverpflichtungen aber oft genug noch nicht in Sicht ist. Die Kinder sind langsam aus dem Gröbsten raus und können sich nach und nach selbst unterhalten. Was nun? Urlaub, Investitionen ins Haus, ein neues Auto oder ein Zweitwagen? Bevor der Gedanke zu Ende gedacht werden konnte, flattert der Brief der Stadt ein. Man wird gebeten, Auskunft über seine Einnahmen und Ausgaben zu erteilen. Die eigenen Eltern sind plötzlich unterhaltsbedürftig. Zur Auskunftserteilung wird in der Regel ein seitenlanges Formblatt übersandt. Eine Frage, die sich viele Betroffene stellen, ist die nach der Berücksichtigung der Immobilie und der Immobilienlasten.

Grundsätzlich muss unterschieden werden zwischen der Immobilie als Vermögensmasse und dem aus der selbst bewohnten Immobilie resultierenden Nutzungsvorteil, der auf der Einkommensebene zu berücksichtigen ist. Bezüglich der Immobilie als Vermögen: der Bundesgerichtshof bezieht sich in seiner Entscheidung vom 18.01.2017, Az: XII ZB 118/16 auf den Beschluss vom 07.08.2013, Az: XII ZB 269/12. Hierin führte er aus, dass der Vermögenswert einer selbstgenutzten Immobilie bei der Bemessung des Altersvorsorgevermögens grundsätzlich unberücksichtigt bleiben soll. Salopp – und vereinfacht – gesprochen gibt es die (bezahlte) Immobilie neben dem Schonvermögen für die Altersvorsorge „on top“. Grund hierfür ist, dass der Unterhaltspflichtige nicht gezwungen werden darf, sein Eigenheim zu veräußern, um den Unterhalt bezahlen zu können. Der Unterhalt müsste aus dem liquiden Vermögen bestritten werden können. Bei der Bemessung des Unterhalts, der aus Vermögen geleistet werden müsste, darf das Eigenheim nicht berücksichtigt werden.

Geht es aber um die Berücksichtigung des Wohnvorteils, der aus der Nutzung des Eigenheims resultiert, hat eine Anrechnung zu erfolgen. Der Wohnvorteil ist nichts anderes als ein geldwerter Nutzungsvorteil, durch dessen Inanspruchnahme sich der Nutznießer Aufwendungen (Miete) erspart, die im Selbstbehalt, der jedem Unterhaltspflichtigen zusteht, berücksichtigt ist.

Der BGH hat in der aktuellen Entscheidung noch einmal ausgeführt, dass bei der Ermittlung des Elternunterhalts der angemessene Wohnwert zugrunde zu legen ist. Es wird geschätzt, wieviel Miete der Pflichtige für eine angemessene Wohnung bezahlen müsste.

Umstritten war, inwieweit Tilgungsleistungen auf die Finanzierungsdarlehen auf den Wohnwert und auf die zuzugestehende Altersvorsorge (5 % vom Bruttoeinkommen) angerechnet werden. Eine Auffassung setzte immer die 5 %-Grenze ein. Tilgungsleistungen, die über diese 5 %-Grenze hinausgingen, sollten nicht berücksichtigt werden. Nach der anderen Auffassung sollten Tilgungsleistungen immer und vollumfänglich (ohne Berücksichtigung der 5 %-Grenze) abzugsfähig sein.

Der Bundesgerichtshof geht den vermittelnden Weg. Zunächst ist der Wohnwert zu schätzen. Von diesem Wert sind zunächst die Zinszahlungen auf die Finanzierungsdarlehen abzuziehen. Im Anschluss daran sind die Tilgungsleistungen dem verbleibenden Wohnwert gegenüberzustellen. Die Tilgungsleistungen, die über den Wohnwert hinausgehen, sind bis zu einem Betrag, der 5 % vom Bruttoeinkommen entspricht, abzugsfähig. Alles was hierüber noch hinausgeht, wird nicht angerechnet, weil es sich de facto um – nicht durch die Möglichkeit, zusätzliche Altersvorsorge zu betreiben, gerechtfertigte – Vermögensbildung handelt. Mit diesen Tilgungsleistungen bezahlt der Pflichtige die Immobilie ab, wodurch sie ihm mit jeder Zahlung ein Stück mehr gehört. Er bildet damit also Vermögen, was – ausgenommen der sekundären Altersvorsorge in Höhe von 5 % vom Bruttoeinkommen – dem Unterhaltsberechtigten nicht entgegengehalten werden darf.

Unterhaltsberechnungen, bei denen ein Wohnvorteil und Finanzierungslasten zu berücksichtigen sind, stellen auf verschiedenen Ebenen Herausforderungen dar. Praktisch stellt sich die Frage, wie hoch der (angemessene) Wohnwert ist, rechtlich muss geprüft werden, was nun genau abzuziehen, anzurechnen und zu berücksichtigen ist. Für die Betroffenen ist es schwierig, nachzuvollziehen, wieso ihr Einkommen durch den Wohnwert erhöht wird, obwohl sie doch tatsächlich nicht mehr Geld zur Verfügung haben. Um sicherzugehen, dass der Wohnwert in Ihrem Fall richtig geschätzt und angerechnet wurde, prüfe ich etwaige Unterhaltsansprüche gerne für Sie.

Bettina Bachinger

Rechtsanwältin

Fachanwältin für Familienrecht


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