Der Unterschied zwischen dem Fahrverbot und dem Entzug der Fahrerlaubnis

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Einleitung

Das Fahrverbot und der Entzug der Fahrerlaubnis werden häufig verwechselt – vielen ist nicht klar, dass es zwischen den beiden erhebliche Unterschiede gibt. Diese Verwechslung liegt nahe, denn für Sie persönlich macht es auf den ersten Blick keinen Unterschied, ob Sie das Auto wegen eines Fahrverbots oder wegen eines Fahrerlaubnisentzugs stehen lassen müssen – laufen müssen Sie in jedem Fall. Auf den zweiten Blick gibt es aber erhebliche Unterschiede. Auch die Chancen, eine dieser gefürchteten Nebenwirkungen einer Verurteilung zu vermeiden, hängen davon ab, ob ein Fahrverbot oder ein Entzug droht. Blickt man noch etwas genauer hin, wird es noch komplizierter, weil es zwei unterschiedliche Arten von Fahrverboten gibt. Doch der Reihe nach:


Die Begriffe: Fahrerlaubnis und Führerschein

Anders als normale Menschen unterscheiden Juristen ganz klar zwischen der Fahrerlaubnis und dem Führerschein. Wenn es in der Umgangssprache heißt, dass der „Führerschein weg“ ist, dann können sich dahinter verschiedene juristische Sachverhalte verbergen. Zwischen diesen Sachverhalten zu trennen, ist wichtig, um das Fahrverbot und den Entzug der Fahrerlaubnis besser zu verstehen. 

Eine Fahrerlaubnis ist ein sogenannter Verwaltungsakt. Das bedeutet einfach, dass Ihnen die Behörde die Erlaubnis erteilt, ein Fahrzeug zu führen. Eine Fahrerlaubnis müssen Sie beantragen. Wenn Sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen (z. B. eine bestandene Fahrprüfung), dann wird Ihnen die Erlaubnis erteilt. 

Der Führerschein hingegen ist nur das Dokument, also (heute meist) die Plastikkarte, mit der Sie nachweisen, dass Sie eine Fahrerlaubnis besitzen. Wenn Sie ohne Führerschein fahren und in eine Polizeikontrolle geraten, dann kann die Polizei Ihnen wegen einer Ordnungswidrigkeit ein Bußgeld in Höhe von 10 Euro abnehmen, weil Sie Ihren Führerschein dabei haben müssen (§ 4 Abs. 2 der Fahrerlaubnis-Verordnung). Der Führerschein hat aber nichts mit der Erlaubnis zu tun, ein Fahrzeug zu führen. Wenn Ihr Hund Ihren Führerschein frisst, dann haben Sie trotzdem noch Ihre Fahrerlaubnis und Sie dürfen trotzdem fahren.

Andersherum geht das nicht: Wenn Sie ohne Fahrerlaubnis erwischt werden, begehen Sie eine Straftat (§ 21 StVG) – selbst wenn Sie irgendwie noch einen Führerschein aus dem Handschuhfach hervorzaubern können. Sie werden dann wegen „Fahrens ohne Fahrerlaubnis“ (meist) zu einer Geldstrafe verurteilt, und zwar ungefähr im Bereich eines Nettomonatsgehalts. Wenn Sie häufiger ohne Fahrerlaubnis fahren (und dabei erwischt werden) oder sonst vorbestraft sind, können Sie am Ende auch ins Gefängnis kommen (eher selten). 

Nachdem die Begriffe geklärt sind, ist es einfacher, den Unterschied zwischen dem Fahrverbot und dem Fahrerlaubnisentzug zu erklären:


Das Fahrverbot

Bei einem Fahrverbot behalten Sie Ihre Fahrerlaubnis. Ihnen wird nur für eine bestimmte Zeit untersagt, die Fahrerlaubnis zu nutzen. Das Fahrverbot ist eine (Neben-) Strafe, nach dem Willen des Gesetzgebers soll es eine Art Denkzettel sein. Mit dem Fahrverbot soll dem Betroffenen vorübergehend deutlich gemacht werden, wie es ist, keine Fahrerlaubnis mehr zu haben. Ein Fahrverbot soll ein „Warnschuss“ sein. 

Während des Fahrverbots müssen Sie Ihren Führerschein abgeben, er wird in „amtliche Verwahrung“ genommen. Obwohl Sie während des Fahrverbots Ihre Fahrerlaubnis grundsätzlich behalten, begehen Sie eine Straftat gem. § 21 StVG, wenn Sie während eines Fahrverbots ein Kraftfahrzeug führen.

Um es ein wenig komplizierter zu machen, gibt es unterschiedliche Fahrverbote: Fahrverbote können für Ordnungswidrigkeiten nach § 25 StVG verhängt werden – das sind die Fahrverbote, die zum Beispiel für zu schnelles Fahren oder für das Überfahren einer roten Ampel verhängt werden. Die Anordnung dieser Fahrverbote ist im Bußgeldkatalog geregelt. 

Fahrverbote können aber auch für Straftaten verhängt werden, die Regelungen dazu finden sich in § 44 StGB. Grundsätzlich kann ein Fahrverbot als Nebenstrafe für jede Straftat verhängt werden – in der Praxis geschieht das aber vor allem bei Straftaten im Straßenverkehr (zum Beispiel nach einer Unfallflucht oder einer Nötigung im Straßenverkehr). Das Fahrverbot nach dem StGB ist auf maximal 6 Monate begrenzt. 

Im Detail gibt es zwischen den Fahrverboten nach dem Straßenverkehrsgesetz (für Ordnungswidrigkeiten) und dem Fahrverbot nach dem Strafgesetzbuch (für Straftaten) Unterschiede. Das gilt auch im Hinblick auf die wichtige Frage, wie die Chancen sind, das Fahrverbot zu vermeiden

Fazit: Beim Fahrverbot müssen Ihren Führerschein also „nur“ vorübergehend abgeben, Sie behalten aber Ihre Fahrerlaubnis. Ist das Fahrverbot abgelaufen, dürfen Sie sofort wieder fahren, Ihren alten Führerschein erhalten Sie zurück.


Der Entzug der Fahrerlaubnis

Beim Entzug der Fahrerlaubnis ist das anders. Hier wird Ihnen – Überraschung – die Fahrerlaubnis entzogen, also „weggenommen“. Wird der Entzug der Fahrerlaubnis angeordnet, dann müssen Sie nicht nur Ihren Führerschein abgeben (der dann vernichtet wird), Sie müssen sich auch um eine neue Fahrerlaubnis bemühen, wenn Sie wieder fahren wollen.

Es gibt verschiedene Wege, wie Ihnen die Fahrerlaubnis entzogen werden kann. Der eine Weg ist ein verwaltungsrechtlicher: Wenn Sie zum Beispiel zu viele Punkte in Flensburg haben, wird Ihnen die Behörde die Fahrerlaubnis entziehen. Der andere Weg – um den es hier geht – führt über das Strafgericht, und zwar wenn Ihnen mit einem Strafbefehl oder mit einem Urteil gem. § 69 StGB die Fahrerlaubnis entzogen wird.

Zusammen mit dem Entzug der Fahrerlaubnis wird vom Gericht immer auch eine Sperre für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis angeordnet (§ 69a StGB). Wenn Ihnen zum Beispiel wegen einer Trunkenheitsfahrt die Fahrerlaubnis entzogen wird, ordnet das Gericht gleichzeitig an, dass die Behörde in den nächsten X Monaten keine neue Fahrerlaubnis erteilen darf. Für das „X“ können nach dem Gesetz mindestens sechs Monate und höchstens fünf Jahre eingesetzt werden. Unter besonderen Voraussetzungen darf sogar eine lebenslange Sperre angeordnet werden (eher selten). Die Sperre ist nichts anderes als eine Anweisung an die Fahrerlaubnisbehörde, Ihnen vor Ablauf keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. 

Nach Ablauf der Sperre bekommen Sie Ihre Fahrerlaubnis nicht automatisch zurück. Stattdessen müssen Sie einen Antrag auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis stellen. Tun Sie das nicht, bleiben Sie Fußgänger. Zuständig für die Wiedererteilung ist nicht das Strafgericht, sondern die Fahrerlaubnisbehörde. Der Antrag sollte rechtzeitig gestellt werden, damit die Behörde Ihren Antrag und die Voraussetzungen der Neuerteilung prüfen kann (meist drei Monate vor Ablauf der Sperre). Der Antrag kostet Gebühren (in Berlin derzeit 221,30 Euro). Sie sollten sich, wenn Sie von einem Fahrerlaubnisentzug betroffen sind, bei Ihrer zuständigen Fahrerlaubnisbehörde frühzeitig über die Voraussetzungen der Wiedererteilung informieren, wenn Sie nahtlos nach Ablauf der Sperre eine neue Fahrerlaubnis möchten.  Wird Ihr Antrag genehmigt, wird Ihnen nicht nur die Fahrerlaubnis wiedererteilt, Sie erhalten auch einen neuen Führerschein.

Sie müssen übrigens keine neue Fahrprüfung ablegen. Allerdings kann die Behörde die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis im Einzelfall von bestimmten Voraussetzungen abhängig machen – die bekannteste (und am meisten gefürchtete) ist das Bestehen einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU), beispielsweise nach einer Trunkenheitsfahrt mit erheblicher Alkoholisierung. Wann die Anordnung einer MPU droht, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab – aber das ist ein anderes Thema. 

 

Strafe, Nebenstrafe, Maßregel

Aus Sicht des Betroffenen ist der Entzug der Fahrerlaubnis häufig die eigentliche Strafe. Aus Sicht des Gesetzgebers und des Strafgerichts handelt es sich hingegen weder um eine Strafe noch um eine Nebenstrafe (wie das Fahrverbot), sondern um eine „Maßregel der Besserung und Sicherung“. Sinn und Zweck des Entzugs ist es, ungeeignete Fahrzeugführer aus dem Straßenverkehr herauszuhalten. Das nennen Juristen „Gefahrenabwehr“. Wer durch eine Trunkenheitsfahrt gezeigt hat, dass er Alkohol und Autofahren nicht trennen kann, stellt eine Gefahr für sich und andere dar. Ihm fehlt in den Worten des Gesetzes die „charakterliche Eignung“ zum Führen eines Kfz. Wenn Ihnen im Strafbefehl oder durch ein Urteil die Fahrerlaubnis entzogen wird, dann soll es dabei also in erster Linie um die Verkehrssicherheit gehen.

Der Unterschied zwischen Strafe und Maßregel klingt theoretisch, kann aber Auswirkungen auf die Verteidigung haben. Das zeigt etwa der häufige Einwand: „Ohne Führerschein verliere ich aber meinen Job". Wenn es um ein Fahrverbot und damit um eine Strafe geht, kann es eine Rolle spielen, welche Folgen das Fahrverbot auf den Verurteilten hat. Jobverlust und mögliche Arbeitslosigkeit können dann unverhältnismäßig sein, weshalb die Strafe dann (im eher seltenen) Einzelfall nicht verhängt werden darf. Wenn es aber beim Fahrerlaubnisentzug darum geht, ungeeignete Fahrer aus dem Verkehr herauszuhalten, dann treten solche Überlegungen in den Hintergrund. Deshalb können Sie nach einer Trunkenheitsfahrt gegen den Fahrerlaubnisentzug nicht sinnvoll einwenden, dass Sie beruflich auf den Führerschein angewiesen sind. Das wird beim Richter nämlich nur ein Achselzucken auslösen – und bei einem § 111a-Beschluss schreibt er dann: „Persönliche und berufliche Auswirkungen einer Fahrerlaubnisentziehung müssen bei der Anordnung stets außer Betracht bleiben.“ Denn wenn es um die Abwehr von Gefahren geht, gelten nach dem Gesetz andere Maßstäbe. Unter anderem deshalb ist es nach einer Trunkenheitsfahrt auch schwierig oder unmöglich, den „Führerschein zu retten“ – oder juristisch genauer: Die „Fahrerlaubnis zu retten“. Von Einzelfällen einmal abgesehen.

 

Fazit

Die Unterscheidung zwischen einem Fahrverbot und einem Entzug der Fahrerlaubnis ist keine juristische Haarspalterei, sondern kann ganz konkrete Auswirkungen auf die Frage haben, ob man das eine oder das andere vermeiden kann. Es kommt eben immer auf den Einzelfall an! Ein Anwalt mit Erfahrung im Verkehrsstrafrecht wird einschätzen können, ob es sich lohnt, etwa einen Einspruch gegen den Strafbefehl einzulegen, mit dem Ziel, das Fahrverbot oder den Fahrerlaubnisentzug zu vermeiden oder wenigstens in ein (kürzeres) Fahrverbot umzuwandeln. 

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Foto(s): Francesco Ungaro via Unsplash

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