Elternunterhalt gegenüber einem verheirateten Kind

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Kinder haften für ihre Eltern. Der Verwandtenunterhalt verpflichtet nicht nur Eltern gegenüber ihren Kindern, Unterhalt zu zahlen, sondern auch Kinder gegenüber ihren Eltern. Besonders relevant ist diese Konstellation, wenn sich der betreffende Elternteil in einer Pflegeeinrichtung befindet und die Kosten hierfür zunächst von einer staatlichen Stelle übernommen werden. Wenn der Elternteil dann keine ausreichende Altersvorsorge hat und auch das Vermögen zur Deckung der Kosten nicht ausreicht, wird zunächst der Ehepartner der betreffenden Person zum Unterhalt herangezogen. Wenn die betreffende Person nicht verheiratet bzw. der Ehepartner selbst nicht leistungsfähig ist, werden in der Regel die Kinder als Unterhaltsschuldner in Betracht kommen.

Während sich beim ledigen Kind das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen schlicht nach seinen Einkünften (und relevanten Ausgaben) richtet, kommt es beim verheirateten Kind auf das „Familieneinkommen“ an. Es muss also nicht nur das Einkommen des Kindes sondern auch das des Schwiegerkindes berücksichtigt werden. Wenn das Einkommen des Kindes für sich genommen dazu führen würde, dass eine Leistungsfähigkeit nicht besteht, kann sich bei Berücksichtigung des Einkommens des Schwiegerkindes ein anderes Bild ergeben.

Wir nehmen als Beispiel den Ehemann, der ein berücksichtigungsfähiges Einkommen von 3500 € erzielt, während seine Ehefrau 1500 € verdient. Die Ehefrau wird nun zum Unterhalt für ihren im Pflegeheim lebenden Vater herangezogen. Wenn sie nicht verheiratet wäre, wäre sie als nicht leistungsfähig einzustufen, denn ihr Selbstbehalt liegt bei 1600 €. Dieser Betrag muss ihr verbleiben. Sie könnte also keinen Unterhalt bezahlen.

Das Familieneinkommen beträgt 5000 €. Der Familienselbstbehalt liegt derzeit bei 2880 €. Es verbleibt bei Familieneinnahmen von 2120 €. Hiervon ist eine Haushaltsersparnis von 10 % abzuziehen. Es verbleibt bei 1908 €. Die Hälfte hiervon wird auf den Familienselbstbehalt „aufgeschlagen“. Der Selbstbehalt wird also individuell errechnet und liegt in unserem Beispiel bei 3834 €. Diesen Betrag „darf“ die Familie also behalten. Nun muss man den Anteil der Ehefrau, den diese zum Familienunterhalt beitragen muss, errechnen. Hier muss das Einkommen des Ehemannes und der Ehefrau ins Verhältnis gesetzt werden. Die Eheleute tragen den individualisierten Selbstbehalt also anteilig. Beim Einkommen der Ehefrau von 1500 € hat sie sich mit 1150,20 € zu beteiligen. Es verbleiben der Unterhaltspflichtigen damit 349,80 € monatlich. Diesen Betrag hat sie für den Unterhalt ihres Vaters einzusetzen.

Soweit gegen diese Berechnung eingewandt wird, dass dem Unterhaltspflichtigen kein persönlicher Selbstbehalt verbleiben würde (vorgeschlagen wurden hier 5 – 7 % des Familienunterhalts), erteilte der BGH diesem Einwand eine Absage. In seiner Entscheidung vom 23.07.2014, Az.: XII ZB 489/13, hat der BGH klargestellt, dass ein verheiratetes, seinen Eltern gegenüber unterhaltspflichtiges Kind neben dem individuellen Familienbedarf keinen eigenen Selbstbehalt mehr geltend machen kann.

Um zu ermitteln, wieviel Unterhalt ein Kind seinen Eltern schuldet, bedarf es einer umfangreichen Prüfung. Da Unterhalt in der Regel für einen nicht absehbaren Zeitraum zu bezahlen ist, lohnt es sich in jedem Fall, etwaige Ansprüche von einem Anwalt, der mit unterhaltsrechtlichen Berechnungen vertraut ist, prüfen zu lassen.

Wenn Sie rechtlichen Rat bei einer unterhaltsrechtlichen Fragestellung benötigen, können Sie mich gerne per E-Mail oder telefonisch kontaktieren.


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