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Enterbung: Pflichtteil entziehen oder reduzieren und Anfechtungsmöglichkeit

  • 5 Minuten Lesezeit
Enterbung: Pflichtteil entziehen oder reduzieren und Anfechtungsmöglichkeit

Experten-Autorin dieses Themas

Sie denken darüber nach, ein Kind zu enterben, oder wurden durch den Erblasser enterbt? In diesem Artikel können Sie unter anderem nachlesen, was es mit der Enterbung und dem Pflichtteil auf sich hat, wann eine vollständige Entziehung des Pflichtteils möglich ist, wie man den Pflichtteil reduzieren kann und wann eine Anfechtung möglich ist.

Was bedeutet Enterbung?

Jemanden zu enterben, bedeutet, dass eine nach dem Gesetz erbberechtigte Person von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen wird. Gesetzlich geregelt ist die Enterbung in § 1938 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Relevant ist die Enterbung also bei Verwandten, Ehegatten oder Lebenspartnern, die ein gesetzliches Erbrecht haben, durch den Erblasser – der Verstorbene, der seinen Nachlass hinterlässt – aber nicht beerbt werden sollen.  

Hinweis: Stiefkinder haben kein gesetzliches Erbrecht. Eine Enterbung ist daher nicht notwendig.

Wie funktioniert die Enterbung?

Wie oben bereits erläutert, kann nur enterbt werden, wer auch gesetzlicher Erbe wäre. Die rechtskräftige Enterbung muss durch letztwillige Verfügung, also durch Testament oder Erbvertrag erfolgen. Dementsprechend ist im Testament – so präzise wie möglich – aufzunehmen, dass beispielsweise das Kind, vollständiger Name, Geburtsdatum und Adresse, enterbt wird. Sinnvoll ist bei Abkömmlingen auch ein weiterer Satz im Testament, inwiefern die Enterbung auch für die Abkömmlinge des enterbten Kindes gilt. Entsprechende Vorlagen sind im Internet zu finden. Bei Erbangelegenheiten ist jedoch im Hinblick auf die weitreichenden Folgen immer anwaltlicher Rat empfehlenswert.

Gründe für eine Enterbung

Wer nach Enterbungsgründen sucht, muss hier unterscheiden. Die Enterbung (§ 1938 BGB) als solche bedarf keiner Begründung. Es steht jedem Erblasser frei, Angehörige grundlos zu enterben. Dem Erblasser steht natürlich ebenso frei, eine Begründung anzuführen. Das Angeben von Gründen kann jedoch unter Umständen eine Anfechtung wegen Irrtums oder Drohung nach § 2078 BGB begründen.  

Hinweis: Für die Entziehung des Pflichtteils muss hingegen eine der in § 2333 BGB aufgeführten Gründe zutreffen. Genaueres hierzu können Sie unter Pflichtteilsentziehung nachlesen.

Enterben ohne Pflichtteil?

Enterben ohne Pflichtteil – das ist in vielen Fällen, in denen die Enterbung Thema ist, die Wunschvorstellung des Erblassers. Den meisten Menschen dürfte bekannt sein, dass trotz der Enterbung einem gesetzlich bestimmten Personenkreis von nahen Angehörigen – sogenannte Pflichtteilsberechtigte (§ 2303 BGB) – der Pflichtteil zusteht, sofern den Betroffenen nicht auch der Pflichtteil entzogen worden ist. Diese vollständige Enterbung ist in seltenen Ausnahmefällen möglich.

Pflichtteilsberechtigung

Pflichtteilsberechtigt sind: 

  • Kinder (auch Adoptivkinder) 

  • Ehegatten bzw. eingetragene Lebenspartner 

Pflichtteilsberechtigt können auch sein:

  • Eltern 

  • Enkelkinder

Das gilt aber nur, wenn sie auch gesetzliche Erben sind. Enkelkinder erben gesetzlich nur, wenn das Kind des Erblassers, von dem das Enkelkind abstammt, nicht selbst erbt, beispielsweise weil es verstorben ist. Eltern erben nur, wenn der Erblasser keine Abkömmlinge hat.

Pflichtteilsentziehung

Möchte der Erblasser nicht, dass der Pflichtteilsberechtigte den Pflichtteil erhält, kann der Pflichtteil in gesetzlich festgelegten Ausnahmefällen, die in § 2333 BGB bestimmt sind, entzogen werden. Eine Pflichtteilsentziehung ist möglich, wenn der Pflichtteilsberechtigte: 

  • den Erblasser, seinen Ehegatten oder einen Abkömmling des Erblassers umbringen möchte, 

  • gegen eine oben genannte Person ein Verbrechen begeht oder sich eines schweren, vorsätzlichen Vergehens schuldig macht, 

  • eine gesetzliche Unterhaltspflicht gegenüber dem Erblasser böswillig verletzt, 

  • wegen einer vorsätzlichen Straftat zu mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt wird oder wegen einer ähnlich schwerwiegenden vorsätzlichen Tat in einer Entziehungsanstalt oder einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht ist und es unzumutbar für den Erblasser wäre, dass der Pflichtteilsberechtigte erbt. 

Wegen groben Undanks kann keine Pflichtteilsentziehung erfolgen. Diesen Begriff kennt das Gesetz nur im Zusammenhang mit Schenkungen. Zwar kann eine Enterbung wegen groben Undanks erfolgen, denn eine Enterbung ist auch ohne Grund möglich – siehe unter Gründe für eine Enterbung –, eine vollständige Entziehung ist jedoch nur bei den oben genannten und abschließend aufgezählten Gründen möglich.  

Achtung: Eine Pflichtteilsentziehung erlischt, wenn der Erblasser dem Pflichtteilsberechtigten verziehen hat. Dieses Verzeihen muss der Pflichtteilsberechtigte beweisen (§ 2337 BGB). 

Pflichtteilsverzicht

Sehr wirksam, aber in der Regel sehr schwierig in der Herbeiführung, ist ein Pflichtteilsverzicht, der von dem Enterbten unterzeichnet wird. Damit dieser Verzicht rechtliche Wirksamkeit entfaltet, ist er zwingend beim Notar zu beurkunden. Im Erbfall kann der Pflichtteilsberechtigte dann nicht mehr auf seinem Pflichtteil bestehen. Es liegt auf der Hand, dass der Enterbte diesen Vertrag nicht unterzeichnen möchte. Denkbar ist, in solchen Fällen eine finanzielle Entschädigung in Form einer Abfindung zu vereinbaren. 

Pflichtteil mindern

Liegen keine triftigen Gründe vor, um dem Pflichtteilsberechtigten auch den Pflichtteil zu entziehen, besteht die Möglichkeit, den Pflichtteil durch eine Verringerung des Vermögens durch Schenkung zu Lebzeiten indirekt zu minimieren. Das Gesetz sieht für diesen Fall einen sogenannten Pflichtteilsergänzungsanspruch (§ 2325 BGB) vor. Die Schenkung wird jedoch von Jahr zu Jahr um jeweils ein Zehntel weniger berücksichtigt, sodass die Schenkung nach zehn Jahren nicht mehr zu berücksichtigen ist. Vorsicht ist auch geboten, an wen die Schenkung erfolgt. Bei einer Schenkung an Ehegatten beginnt diese Frist nicht vor Auflösung der Ehe. 

Enterbung anfechten

Wer enterbt wurde, sollte hinterfragen und von einem Anwalt prüfen lassen, ob die Enterbung rechtmäßig erfolgte oder angefochten werden kann. Es gibt einige Möglichkeiten, warum die Enterbung nicht wirksam sein könnte. Eine Anfechtung einer letztwilligen Verfügung inklusive der enthaltenen Enterbung ist denkbar, wenn 

  • das Testament unwirksam ist, z. B. weil der Erblasser nicht testierfähig war oder das Testament formunwirksam ist, 

  • der Erblasser über den Inhalt seiner Erklärung im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, 

  • der Erblasser über Umstände im Irrtum war, die sich später als nicht zutreffend erwiesen haben, und wenn er in Kenntnis dieses Umstandes nicht an dem Testament festgehalten hätte, 

  • der Erblasser durch Drohung zur Enterbung bestimmt worden ist. 

Achtung: Die Anfechtungsfrist beträgt ein Jahr und beginnt mit dem Zeitpunkt der Kenntnis des Anfechtenden von dem Anfechtungsgrund. 

Fazit

  • Enterbung ist der Ausschluss einer nach dem Gesetz erbberechtigten Person von der gesetzlichen Erbfolge

  • Die rechtskräftige Enterbung muss durch letztwillige Verfügung, also durch Testament oder Erbvertrag erfolgen. 

  • Die Enterbung bedarf keiner Begründung. Es steht jedem Erblasser frei, Angehörige zu enterben. 

  • Einem gesetzlich bestimmten Personenkreis von nahen Angehörigen – sogenannte Pflichtteilsberechtigte – steht trotzdem der sogenannte Pflichtteil zu. 

  • Der Pflichtteil kann in gesetzlich festgelegten Ausnahmefällen entzogen werden. 

  • Zwischen dem Erblasser und dem Pflichtteilsberechtigten kann ein Pflichtteilsverzicht vereinbart werden. Dieser muss beim Notar beurkundet werden. 

  • Durch Schenkung zu Lebzeiten kann der Pflichtteil indirekt gemindert werden.

Foto(s): ©Adobe Stock/Rawpixel.com

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Rechtstipps zu "Enterbung" | Seite 8

  • 27.06.2019 Rechtsanwalt Christian Schwedt LL.M.
    „… auch eine Erbschaft oder ein Pflichtteilsanspruch des Sozialleistungsempfängers. Verstirbt ein Elternteil des behinderten Kindes, unterliegt der Nachlass deshalb regelmäßig dem staatlichen Zugriff. Die Enterbung …“ Weiterlesen
  • 27.05.2019 Rechtsanwalt Christian Janzen
    „… , dass einem eine „Beteiligung“ am Erbe zusteht. Doch was genau ist zu unternehmen? Rechtlich ist zunächst darauf hinzuweisen, dass durch eine ausdrückliche oder konkludente Enterbung durch Testament …“ Weiterlesen
  • 22.05.2019 Rechtsanwalt Christian Janzen
    „… (Einsetzung eines Nacherben, Anordnung von Testamentsvollstreckung, Teilungsanordnung oder Beschwerung mit einem Vermächtnis oder einer Auflage) erhält. Eine Enterbung kann dabei ausdrücklich …“ Weiterlesen
  • 06.04.2019 Rechtsanwältin JUDr. Jana Markechová
    „… ) , eine Urkunde über die Enterbung bzw. ihre Aufhebung oder die Rechtswahl nach der Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012, hinterlassen hat …“ Weiterlesen
  • 22.03.2019 Rechtsanwalt Björn-Thorben Knoll , LL.M.
    „… bei der gesetzlichen Erbfolge einberechnet werden muss – der Erblasser kann ihn aber durch ein Testament oder einen Erbvertrag dann gänzlich enterben. Ist auch ein Erbverzicht nach Tod des Erblassers möglich …“ Weiterlesen
  • 18.03.2019 Rechtsanwalt Philip Sebastian Krieger
    „… ist. Das Problem dabei ist nur, dass man das so nicht bestimmen kann. Es stellt nämlich eine Enterbung der Kinder nach dem Erstversterbenden dar. Das Gesetz schreibt für den Fall der Enterbung …“ Weiterlesen
  • 18.03.2019 Rechtsanwältin JUDr. Jana Markechová
    „Die Frage der Enterbung ist im § 469a des Bürgerlichen Gesetzbuches (nachfolgend „BGB“ genannt) geregelt. Sofern die vom Gesetz festgesetzten Gründe erfüllt sind, ist es möglich, sowohl …“ Weiterlesen
  • 06.03.2019 Rechtsanwalt Christian Schwedt LL.M.
    „… , wenn sie durch ein Testament oder Erbvertrag „enterbt“, d. h. von der gesetzlichen Erbfolge, ausgeschlossen wurden. Die Enterbung kann ausdrücklich erfolgen (sog. negatives Testament …“ Weiterlesen
  • 05.03.2019 Rechtsanwältin JUDr. Jana Markechová
    „… die Bestimmung sonstiger Rechte an dem Nachlass, einschließlich der Nachlassansprüche des überlebenden Ehegatten oder Lebenspartners; die Erbfähigkeit; die Enterbung und die Erbunwürdigkeit …“ Weiterlesen
  • 04.03.2019 Rechtsanwalt Helge Petersen
    „Grundsätzlich gilt: Wer enterbt wird, dem steht noch sein Pflichtteil zu. Doch unter bestimmten Umständen kann sogar dieser dem Erben entzogen werden. Die Möglichkeit, einen Angehörigen zu enterben …“ Weiterlesen
  • 28.02.2019 Rechtsanwalt Hans-Peter Rien
    „… Enterbung einen Teil vom Erblasservermögen erhalten soll. Der Pflichtteil besteht in Höhe der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils. Nach Eintritt des Erbfalls muss der Pflichtteilsberechtigte …“ Weiterlesen
  • 28.02.2019 Rechtsanwalt Christian Schwedt LL.M.
    „… Dritten bedacht werden können. Dies lässt sich so erreichen: „Dem länger lebenden Ehegatten ist es gestattet, die Erbquoten unter den Kindern zu verändern, so dass auch die Enterbung eines Kindes …“ Weiterlesen
  • 27.02.2019 Rechtsanwältin Sylvia Weiße
    „… , zu dem Kenntnis vom Eintritt des Erbfalls und der Enterbung vorliegt. Der Pflichtteilsanspruch stellt einen Anspruch auf einen Geldbetrag dar. 4. Frage: Wie hoch ist der Pflichtteil? Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.“ Weiterlesen
  • 21.02.2019 Rechtsanwältin Johanna Siegert
    „… zum Erben einsetzen, wen er möchte, und dadurch auch enterben, wen er möchte. Doch durch den Pflichtteilsanspruch, z. B. des Ehepartners oder der Kinder, ist es so gut wie unmöglich, dass diese „völlig leer …“ Weiterlesen
  • 19.02.2019 Rechtsanwältin Cordula Alberth
    „… des Zuletztversterbenden für den Fall enterbt, dass er beim Tode des Erstversterbenden seinen Pflichtteil geltend macht. Mal wird die Enterbung an das reine Verlangen des Pflichtteils geknüpft, mal daran …“ Weiterlesen
  • 27.01.2019 Rechtsanwalt Helge Petersen
    „… Ihres Nachlasses erhalten soll. 4. Sie haben ein schlechtes Verhältnis zu Ihrem Kind und möchten es enterben? Dies können Sie in Ihrem Testament festlegen. Jedoch bedeutet das nicht, dass Ihr Kind dann komplett …“ Weiterlesen
  • 04.01.2019 Rechtsanwalt Thomas Lehnik
    „… gestorben ist (§ 1924 Abs. 3 BGB). Zunächst ist primär an eine Enterbung zu denken, die nur durch eine wirksame Verfügung von Todes wegen erfolgen kann, also etwa durch ein Testament. Im Fall der Enterbung …“ Weiterlesen
  • 02.01.2019 Rechtsanwältin Cordula Alberth
    „… ? Die Anfechtungserklärung, die eine empfangsbedürftige Willenserklärung ist, bedarf keiner Form. Betrifft die Anfechtungserklärung die Erbeinsetzung, die Enterbung oder die Ernennung eines Testamentsvollstreckers …“ Weiterlesen
  • 30.07.2018 Rechtsanwältin Cordula Alberth
    „… , einen Angehörigen vollständig zu enterben. Geht der Erblasser den Weg der Schenkung zu Lebzeiten, kann er bereits zu seinen Lebzeiten seinen Nachlass ganz erheblich schmälern, sodass …“ Weiterlesen
  • 11.07.2018 Kröger, Rehmann & Partner Rechtsanwälte mbB
    „… zur Anwendung. Diese bestimmt die Angehörigen nach einem gewissen System zu Erben. Von dieser Erbfolge kann ein Erblasser zwar einzelne Angehörige per Testament ausschließen, also enterben. Enterbte Personen …“ Weiterlesen
  • 28.06.2018 Rechtsanwältin Marion Neusiedler-Wendel
    „… ist zwar sehr beliebt, birgt aber in der Praxis zahlreiche Stolperfallen. Daher sollte man sich vorab gut informieren und ggf. anwaltlichen Rat einholen. 4. Enterbte erben nichts. Irrtum. Trotz Enterbung …“ Weiterlesen
  • 15.06.2018 Rechtsanwalt Sebastian Lohse
    „… , dass der Pflichtteilsanspruch des Klägers dem Grunde nach gegeben sei, da er mittels der vorgelegten Geburtsurkunde nachgewiesen habe, dass er der Enkel des Erblassers ist. Weiter sei auch die Enterbung des Sohnes X …“ Weiterlesen
  • 17.05.2018 Rechtsanwältin Karin Schrimper
    „… geschriebene Testament einfach aus und unterschreibt es, so ist es unwirksam. 2 . In einem Testament kann man Kinder und Ehepartner enterben Das ist so nicht richtig. Zwar kann man im Testament bestimmen …“ Weiterlesen
  • 09.05.2018 Rechtsanwalt Helge Petersen
    „… die gesetzlichen Erben verbleibt. Wollen Sie jemanden ganz enterben, dann ist der Pflichtteil ein Zahlungsanspruch. Man kann also nicht sagen, mir gehört jetzt ¼ Haus, sondern mir gehört der Wert in Höhe …“ Weiterlesen