Impfpflicht bei Soldaten?

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Sind Soldaten zur militärischen Basisimpfung verpflichtet und liegt in der Weigerung ein Dienstvergehen? Mit der Antwort darauf hat sich das BVerwG mit Beschluss vom 22.12.2020 beschäftigt (vgl. BVerwG Beschl. v. 22.12.2020 – 2 WNB 8.20, BeckRS 2020, 38518, beck-online).

Verweigert ein Soldat den Befehl zur Teilnahme an einem Impftermin für die militärische Basisimpfung, (z.B. Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten - nicht: Covid-19) liege darin ein Dienstvergehen, das mit einer Disziplinarmaßnahme geahndet werden könne (a. a. O.; s. a. becklink 2018600, beck-online). Denn die Verbreitung übertragbarer Krankheiten könne die Einsatzbereitschaft militärischer Verbände erheblich schwächen (a. a. O.).

Sachverhalt

In dem zugrundeliegenden Verfahren verweigerte ein Hauptfeldwebel die Teilnahme an der militärischen Basisimpfung, da er die Ansicht vertrat, sein Asthma und seine Neurodermitis gingen auf eine frühere Impfung zurück (a. a. O.). Ihm drohten schwere Gesundheitsschäden (a. a. O.). Nach Einschätzung der behandelnden Truppenärzte war diese Befürchtung unbegründet, so dass ihm sein Einheitsführer die Teilnahme an der Impfung befahl und nach wiederholter Befehlsverweigerung acht Tage Disziplinarrest verhängte (a. a. O.). Der Disziplinararrest ist dabei ein kurzzeitiger Freiheitsentzug und die strengste einfache Disziplinarmaßnahme, die ein Vorgesetzter in eigener Befugnis anordnen kann (a. a. O.).

Verfahrensgang und Entscheidung des BVerwG

Das zuständige Truppendienstgericht hatte diese Entscheidung nach Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens gebilligt (a. a. O.). Das BVerwG hat im Beschwerdeverfahren die rechtlichen Einwände des Hauptfeldwebels geprüft und das Rechtsmittel zurückgewiesen (a. a. O.). Den Soldaten der Bundeswehr sei eine weitergehende Impfpflicht auferlegt als anderen Staatsbürgern und das Grundrecht auf körperliche Selbstbestimmung sei durch Gesetz eingeschränkt (a. a. O.).

Denn in § 17a Abs. 2 SG habe der Gesetzgeber ausdrücklich eine Pflicht zur Duldung von Impfungen als Teil der soldatischen Gesunderhaltungspflicht vorgeschrieben und damit das Grundrecht auf körperliche Selbstbestimmung in Art. 2 Abs. 2 GG (weitergehend als bei anderen Staatsbürgern) eingeschränkt (a. a. O.). Dies beruhe auf der Erwägung, dass die Verbreitung übertragbarer Krankheiten die Einsatzbereitschaft militärischer Verbände erheblich schwächen könne (a. a. O.).

Die Impfung sei demnach i. S. v. § 17a Abs. 4 Satz 2 SG nur dann nicht zumutbar, wenn objektiv eine erhebliche Gefahr für Leben oder Gesundheit des Soldaten vorliege (a. a. O.). Auf die subjektive Einschätzung des betroffenen Soldaten komme es aus Sicht des BVerwG nicht an (a. a. O.). Denn die in Art. 87a Abs. 1 GG vorausgesetzte Funktionsfähigkeit der Bundeswehr würde gefährdet, wenn die Frage der Zumutbarkeit von mit gesundheitlichen Risiken verbundenen Befehlen ähnlich einer Gewissensentscheidung letztlich von der individuellen Risikoeinschätzung der einzelnen Soldaten abhängig wäre (a. a. O.). Außerdem müssten Soldaten von Berufs wegen bei der Erfüllung von Befehlen - insbesondere bei Auslandseinsätzen und im Fall der Landesverteidigung - erhebliche Gesundheitsrisiken hinnehmen (a. a. O.).

Allerdings könne die subjektive Gefahreneinschätzung des Soldaten bei der Bewertung des Dienstvergehens eine Rolle spielen (a. a. O.). Diesem Gedanken sei laut BVerwG im vorliegenden Fall im Ergebnis der subjektiven Belastungssituation des Hauptfeldwebels dadurch Rechnung getragen worden, dass - anders als in sonstigen Fällen der wiederholten Befehlsverweigerung - nicht das mit schwerwiegenderen Folgen verbundene gerichtliche Disziplinarverfahren gewählt worden sei (a. a. O.).

Rechtliche Bewertung

Die Entscheidung des BVerwG hat (sicherlich aufgrund der aktuellen, kontroversen Diskussion um die Impfungen bzw. eine evtl. Impfpflicht bzgl. zunehmend zur Verfügung stehender Corona-Impfstoffe) für mediale Aufmerksamkeit gesorgt. Dabei hat das BVerwG ausdrücklich hervorgehoben, dass Soldaten gesetzlich grds. eine weitergehende Impfpflicht auferlegt ist als anderen Staatsbürgern. Wie die Frage zudem z.B. bezüglich der aktuell vorhandenen Corona-Impfstoffe zu beantworten wäre, blieb naturgemäß offen. Denn dies war nicht Gegenstand der Entscheidung.

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