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Keine Schadenspauschalierung im Freizeitbad

  • 3 Minuten Lesezeit
Gabriele Weintz anwalt.de-Redaktion

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Die warme Jahreszeit lockt viele Besucher in die Schwimmbäder, egal ob Freibad, Hallenbad oder Spaßbad. Und immer öfter bekommt der Badegast, nachdem er den Eintritt bezahlt hat, beim Einlass ein Armband mit einem Chip. Mit diesem Chip kann sowohl der Garderobenschrank geöffnet und verschlossen werden als auch kostenpflichtige Leistungen im Schwimmbad, z. B. Essen, Getränke, Zusatzleistungen, bargeldlos in Anspruch genommen werden. Alle entstandenen Kosten werden über den eingescannten Chip im Computer des Bades gespeichert und dem entsprechenden Kundenkonto zugeschrieben. Beim Verlassen des Bades bezahlt der Badegast dann den Betrag, den sein Kundenkonto laut Chip aufweist.

Bei Chipverlust pauschale Gebühr

In einem überregional bekannten Freizeitbad wurden den Besuchern beim Eintritt ins Bad solche Armbänder mit Chip übergeben. Kostenpflichtige Leistungen im genannten Schwimmbad können bis zu einer Grenze von 150 Euro für Erwachsene und 35 Euro für Kinder in Anspruch genommen werden. Für den Fall, dass ein Badegast dieses Armband verliert, wurde in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) eine Klausel verwendet, nach der der Besucher bei Verlust des Armbandes mit Chip den jeweils eingeräumten Kredit, also 150 Euro bzw. 35 Euro, zu bezahlen hätte. Ein eingetragener Verbraucherschutzverein verlangte von der Betreiberin des Freizeitbades schließlich die Unterlassung der Verwendung der genannten Klausel.

Klausel unwirksam

Das Landgericht Cottbus wies die Klage des Verbraucherschutzvereins ab. Auf dessen Berufung stellte das Oberlandesgericht Brandenburg jedoch fest, dass die beanstandete Klausel unwirksam ist und sprach dem Verbraucherschutzverein einen Unterlassungsanspruch zu. Der Bundesgerichtshof (BGH) urteilte, dass der Verbraucherschutzverein die Unterlassung der beanstandeten Klausel tatsächlich verlangen kann und wiesen damit die Revision der Freizeitbadbetreiberin ab. Die Richter stellten in ihrem Urteil fest, dass der pauschalierte Schadensersatz auf die Höhe des vollen Kreditbetrages i. H. v. 150 Euro bzw. 35 Euro den normalerweise zu erwartenden Schaden übersteigt und daher die Klausel gemäß § 309 Nr. 5 lit. a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unwirksam ist. Außerdem benachteiligt die vorliegende Klausel den Badegast, der das Armband mit Chip unverschuldet verliert, gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unangemessen.

Schadensersatz ist zu begrenzen

Die aus der verwendeten Klausel resultierende Zahlungspflicht ist zweifelsfrei als Schadensersatz zu qualifizieren. Der Schadensersatzanspruch folgt aus § 280 Abs. 1 S. 1 BGB und ergibt sich aus der Verletzung der vertraglichen Nebenpflicht zur Rückgabe des Armbandes durch den Badegast. Der Verwender der AGB-Klausel, also die Betreiberin des Bades, trägt in diesem Fall die Beweispflicht, dass der pauschalierte Schadensersatz den gewöhnlich zu erwartenden Schaden übersteigt. Jedoch hat die Betreiberin durch ihren eigenen Vortrag bestätigt, dass die meisten Kunden über ihre Schranknummer nachweisen können, dass der tatsächlich entstandene Schaden deutlich geringer ausfällt und der Maximalschaden regelmäßig gerade nicht erreicht wird. Daher genügt die beanstandete Klausel gerade nicht den Anforderungen des § 309 Nr. 5 lit a. BGB und ist daher unwirksam.

Unverschuldeter Verlust nicht beachtet

Durch die verwendete Klausel ergibt sich außerdem eine Haftung des Badegastes für den unverschuldeten Verlust des Armbandes. Diese Regelung widerspricht jedoch den wesentlichen Grundgedanken des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, nach denen eine Verpflichtung zum Schadensersatz nur bei schuldhaftem Verhalten entsteht. Dieser Grundsatz gilt sowohl für vertragliche als auch für gesetzliche Ansprüche, also auch für den hier betroffenen Anspruch aus Pflichtverletzung nach § 280 Abs. 1 S. 1 BGB. Daher ist die beanstandete Klausel auch nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.

(BGH, Urteil v.18.02.2015, Az.: XII ZR 199/13)

(WEI)

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