Finden Sie jetzt Ihren Anwalt zu diesem Thema in der Nähe!

Mietrechtsreform bei energetischen Modernisierungen

  • 6 Minuten Lesezeit
Esther Wellhöfer anwalt.de-Redaktion
Um energetische Modernisierungsmaßnahmen für Vermieter attraktiv zu machen, sieht ein Referentenentwurf der Regierung einige mietrechtliche Änderungen diesbezüglich vor. Bedeutsam dürften dabei der Ausschluss des Minderungsrechts des Mieters, Erleichterungen für den Vermieter bei seinen Anzeigenpflichten und schließlich die Berücksichtigung der Belange des Klimaschutzes und der Energieeffizienz bei der Interessenabwägung sein. Ob der Referentenentwurf in dieser Form vom Gesetzgeber verabschiedet wird, ist derzeit noch nicht absehbar. Der Beitrag stellt die wichtigsten der geplanten Neuregelungen vor.

[image]Minderung ausgeschlossen, § 536 I 3 Nr. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

Derzeit hat der Mieter noch das Recht, die Miete zu mindern, wenn Lärm, Staub und Bauarbeiten die Nutzbarkeit der Wohnung beeinträchtigen. Nach dem Willen der Regierung soll dieses Recht des Mieters erheblich eingeschränkt werden. Führt der Vermieter energetische Maßnahmen durch, hat der Mieter zukünftig in den ersten drei Monaten ab Baubeginn kein Minderungsrecht mehr.

Das gilt ebenfalls, wenn die energetische Modernisierung zugleich der Erhaltung der Mietsache dient. Wird also zum Beispiel die Fassade wärmegedämmt und der Außenputz erneuert, darf der Mieter keine Mietminderung mehr geltend machen. Vorausgesetzt wird aber, dass der Vermieter dem Mieter in der Regel die Sanierungsmaßnahmen drei Monate vor Baubeginn mitteilt.

Werden neben der energetischen Sanierung weitere Erhaltungs- und Modernisierungsarten durchgeführt, ist für eine eventuelle Minderung entscheidend, welche Beeinträchtigungen auf welchen Bauarbeiten beruhen. Zur Erläuterung ein Beispiel: Wird die Hausfassade lediglich mit einer normalen Farbe angestrichen, kommt eine Minderung wegen des Baugerüsts in Betracht. Wird die Fassade dagegen wärmegedämmt, scheidet eine Minderung wegen des Gerüsts aus.

Energetische Modernisierung, § 555b BGB

Der Begriff der energetischen Modernisierung wird im neuen § 555b BGB klarer formuliert und erweitert. Nach dem Gesetzentwurf fallen Maßnahmen darunter, die sowohl der Einsparung von Primär- als auch von Endenergie dienen. Das war zuvor in einigen Fällen umstritten. Nach der Reform ist eindeutig klar, dass der Energieeinspareffekt nicht zwingend im Haus selbst auftreten muss, sondern auch außerhalb stattfinden kann, etwa wenn mittels einer Fotovoltaikanlage Strom gewonnen und in das allgemeine Stromnetz eingespeist wird.

Ankündigung der Modernisierung, § 555c BGB

Für die Mitteilungspflichten des Vermieters sieht der Referentenentwurf einige Erleichterungen vor. Abgesehen von kleineren Maßnahmen, die lediglich eine geringe Mieterhöhung rechtfertigen, muss der Vermieter dem Mieter die Modernisierungsmaßnahmen anzeigen. Eine zu erwartende Mieterhöhung muss nur noch angegeben werden, wenn der Vermieter eine Mieterhöhung gemäß § 559 BGB fordern will, wobei die Angabe des Erhöhungsbetrages genügt. Detaillierte Angaben muss er nur im Mieterhöhungsverfahren machen, aber nicht mehr auf der Ebene des Duldungsverfahrens. Hat die energetische Modernisierung Auswirkungen auf die künftigen Betriebskosten, hat der Vermieter das ebenfalls anzugeben.

Bei einer energetischen Modernisierung muss der Vermieter unter anderem die Modernisierungsart angeben und darlegen, dass die geplante Maßnahme zu einer Energieeinsparung führt. Das ist bislang oft mit erheblichem Aufwand verbunden. Sollen zum Beispiel Fenster erneuert werden, muss der Vermieter oft erst auf eigene Kosten einen Sachverständigen für die Ermittlung des Wärmedurchgangskoeffizienten beauftragen, weil es schlichtweg für die alten Fenster keine Unterlagen zu den energetischen Werten gibt.

Aus diesem Grund soll sich der Vermieter sowohl bei der Ankündigung als auch bei einer Mieterhöhung künftig auf anerkannte Pauschalwerte beziehen können. Solche Werte können zum Beispiel aus Bekanntmachungen des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung entnommen werden, etwa aus der „Bekanntmachung der Regeln zur Datenaufnahme und Datenverwendung im Wohngebäudebestand" vom 30.07.2009. Dort sind Standardwerte für bestimmte Bauteile nach Baualtersklassen angegeben. In der Modernisierungsankündigung muss sich der Vermieter in Zukunft nur auf diese Pauschalwerte beziehen und die Energieeinsparung in einem Vergleich der Energiewerte der neuen Bauteile mit den alten belegen.

Duldungspflicht, § 555d BGB

Die Duldungspflicht des Mieters bei energetischen Sanierungsmaßnahmen wird erweitert. Er muss nach wie vor die baulichen Maßnahmen nur dulden, wenn sie für ihn und seine Mitbewohner keine übermäßige Härte bedeuten. Bei der Interessenabwägung sollen nach dem Entwurf neben den Interessen von Vermieter und Mieter dann auch zusätzlich die Belange des Klimaschutzes und der Energieeffizienz berücksichtigt werden.

Die Härtefallregelung soll dahin gehend geändert werden, dass bei der Interessenabwägung eventuell zu erwartende Mieterhöhungen und künftige Betriebskosten nicht mehr auf der Ebene der Duldungspflicht berücksichtigt werden, sondern vorwiegend eher persönliche Gründe. Der neue § 555d BGB weist ausdrücklich darauf hin, dass finanzielle Belange des Mieters nur noch im Mieterhöhungsverfahren eine Rolle spielen, wenn es also um eine Mieterhöhung wegen der Modernisierung geht. Diese Vorschrift gilt für alle Modernisierungsarten, nicht nur für energetische Sanierungen.

Neu ist auch, dass der Mieter nun die Gründe für einen Härtefall innerhalb einer bestimmten Frist schriftlich vorbringen muss - spätestens bis zum Ablauf des Folgemonats des Zugangs der Modernisierungsankündigung. Auf diese Weise soll der Vermieter möglichst frühzeitig Planungssicherheit für sein energetisches Bauvorhaben erhalten und schon vor Baubeginn wissen, ob er eventuell die Miete erhöhen kann.

Sonderkündigungsrecht, § 555e BGB

Hat der Mieter die Modernisierungsankündigung erhalten, kann er das Mietverhältnis außerordentlich zum Ablauf des übernächsten Monats kündigen. Die Kündigung muss spätestens zum Ende des Folgemonats erfolgen, in dem die Ankündigung zugegangen ist. Ausgenommen sind - wie bisher - unerhebliche Modernisierungen, die den Gebrauchswert der Mietsache kaum beeinträchtigen und zu einer nur geringfügigen Mieterhöhung führen.

Mieterhöhung, Neufassung des § 559 BGB

Unangetastet bleibt das Recht des Vermieters, bei Modernisierungsmaßnahmen die Miete jährlich um bis zu elf Prozent zu erhöhen. Wie bereits bei § 555d BGB erwähnt, findet die Härtefallprüfung, ob die Mieterhöhung eine finanzielle Härte für den Mieter bedeutet, nach der neuen Rechtslage erst nach Durchführung der Maßnahme in einer gesonderten Prüfung statt. Gemäß dem Referentenentwurf sollen bei der Interessenabwägung die Belange des Klimaschutzes und der Energieeffizienz ebenfalls neben den Interessen des Vermieters und der Mieter berücksichtigt werden. Auf einen finanziellen Härtefall kann sich der Mieter nur berufen, wenn er das dem Vermieter zuvor schriftlich und rechtzeitig, also nach Ende des Folgemonats der Modernisierungsanzeige, mitgeteilt hat. Voraussetzung ist wiederum eine ordnungs- und fristgemäße Modernisierungsanzeige des Vermieters.

Die Berufung auf einen Härtefall ist von vornherein ausgeschlossen, wenn mit der Modernisierung lediglich der übliche Standard hergestellt wird oder wenn der Vermieter Modernisierungsmaßnahmen durchführt, zu denen er rechtlich verpflichtet ist. Das entspricht bereits dem geltenden Recht. Neu ist aber, dass sich der Mieter des Weiteren nicht auf einen Härtefall berufen kann, wenn er dem Vermieter die Härtefallanzeige nicht rechtzeitig vor Baubeginn schriftlich mitgeteilt hat.

Form und Frist für Mieterhöhung, § 559b BGB

Die Mieterhöhung muss der Vermieter dem Mieter schriftlich mitteilen, wobei er sich nach neuem Recht ebenfalls auf Pauschalwerte (§ 555c BGB) berufen darf. Der Mieter schuldet die höhere Miete mit dem Beginn des dritten Monats nach Zugang der Erhöhungserklärung. Hat der Vermieter seine Anzeigepflicht nicht oder nicht ordnungsgemäß erfüllt, verschiebt sich die Frist auf sechs Monate. Das gilt auch - wie bereits bisher -, wenn die tatsächliche Mieterhöhung die angekündigte um mehr als zehn Prozent übersteigt.

Ausblick und Fazit

Mit der Reform des Mietrechts bezüglich energetischer Sanierungen sollen Vermieter eindeutig begünstigt werden, damit sie solche Maßnahmen zur Energieeinsparung umsetzen. Sie müssen wenigstens für drei Monate keine Minderung akzeptieren und werden von teilweise kostenintensiven Formalien bei der Begründung der Modernisierung befreit. Mieter haben nach der geplanten Rechtslage tendenziell eher das Nachsehen und sollten bei Härtefällen zeitnah aktiv werden, um ihre Rechte zu wahren. Unabhängig davon, ob der Referentenentwurf durchgeht oder nicht: Steht eine größere Modernisierung an, ist fachkundiger Rechtsrat zu empfehlen - das gilt für beide Seiten.

(WEL)
Foto(s): ©Fotolia.com

Artikel teilen:


Beiträge zum Thema