Mithaftung beim Verkehrsunfall

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Verkehrsunfall, wann haftet der vorfahrtsberechtigte Fahrzeugführer?

In vielen Verkehrsunfallkonstellationen sind vorfahrtsberechtigte Fahrzeugführer an der Herbeiführung eines Verkehrsunfalls beteiligt. Nach § 8 StVO hat an Kreuzungen und Einmündungen die Vorfahrt, wer von rechts kommt, wenn nicht durch Verkehrszeichen eine abweichende Regelung getroffen ist. Nicht vorfahrtsberechtigt sind Fahrzeuge, die aus Feld- oder Waldwegen auf eine andere Straße auffahren.

Haftung bei irreführendem Blinken, bis zu 70 %

Grundsätzlich hat auch der Vorfahrtsberechtigte, der irrtümlich blinkt, die Vorfahrt. Jedoch darf der Wartepflichtige darauf vertrauen, dass der Vorfahrtsberechtigte in die nächste Seitenstraße abbiegt. Je nachdem wie die örtlichen Gegebenheiten sind, haftet der irrtümlich Blinkende in einer Größenordnung zwischen 30 % und 70 % für den Schaden.

Haftung bei Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit, bis zu 100 %

Überschreitet der Vorfahrtsberechtigte die zulässige Höchstgeschwindigkeit oder fährt für die Sichtverhältnisse zu schnell, haftet dieser an der Verursachung eines Verkehrsunfalles mit. Bei geringer Geschwindigkeitsüberschreitung von unter 10 % wird man keine Mithaftung annehmen, anders bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung um mehr als 100 %. Bei einem derart groben Verkehrsverstoß kann auch eine alleinige Haftung des Rasers in Betracht kommen, wenn bei dem anderen Verkehrsteilnehmer keine Verstöße gegen die StVO vorliegen bzw. diese zu vernachlässigen sind.

Haftung an einer Kreuzung gleichrangiger Straßen, 20 %

Jeder Verkehrsteilnehmer ist verpflichtet, mit mäßiger Geschwindigkeit an eine Kreuzung gleichrangiger Straßen heranzufahren, um gegebenenfalls seinerseits dem von rechts kommenden Fahrzeug die Vorfahrt zu gewähren und notfalls rechtzeitig anhalten zu können. Das mäßige Heranfahren dient auch dem Schutz des von links kommenden Fahrzeuges. Fährt das von rechts kommende Fahrzeug zu schnell in eine derartige Kreuzung ein, nimmt die Rechtsprechung eine Mithaftung von 20 % an.

Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot, bis zu 50 %

Ein Verstoß des Vorfahrtsberechtigten gegen das Rechtsfahrgebot führt zu einer Mithaftung von 33 % - 50 % an der Verursachung des Verkehrsunfalls.

Mithaftung bei Überholen einer Fahrzeugkolonne, bis zu 33 %

Der Fahrzeugführer, der mehrere Fahrzeuge, die in Kolonne stehen oder fahren überholt, muss sich auf querende Fahrzeuge einstellen, die aus freigelassenen und für den Überholenden erkennbaren Lücken an Einmündungen oder Kreuzungen fahren. So ist es dem Überholenden abzuverlangen, dass er in ausreichendem Sicherheitsabstand an der Kolonne vorbeifährt oder eine so geringe Geschwindigkeit einhält, dass er vor einem aus einer Lücke herausfahrenden Fahrzeug anhalten kann. Kommt es zur Kollision, nimmt die Rechtsprechung eine Mithaftung des Überholenden in einer Größenordnung von 25-33 % an.

Wer muss die Pflichtverletzung beweisen?

Grundsätzlich ist es so, dass die Vorfahrtsregelung den Beweis des 1. Anscheines dem Vorfahrtsberechtigten gibt. Der wartepflichtige Verkehrsteilnehmer muss alle für ihn günstigen Tatsachen beweisen. Er muss ein Mitverschulden des Vorfahrtsberechtigten an der konkreten Verkehrssituation beweisen und dass dieser Verstoß gegen die StVO ursächlich für den Unfall war. Im Rahmen der Verkehrsunfallregulierung erhält ein Rechtsanwalt Einsicht in die Verkehrsunfallakte. Diese enthält Angaben zum Unfallort, Aussagen von Zeugen und auch Angaben zu eventuellen Verkehrsverstößen des anderen Verkehrsteilnehmers. 

Ich empfehle Ihnen daher, rechtzeitig anwaltlichen Rat bei der Verkehrsunfallregulierung einzuholen. Mit Kenntnis entsprechender Verhaltensanforderungen an den anderen Verkehrsteilnehmer lassen sich häufig günstigere Quoten gegenüber dem gegnerischen Haftpflichtversicherer durchsetzen. Dieser trägt auch die entstehenden Rechtsanwaltskosten in Höhe der Haftungsquote. 

Anett Wetterney-Richter

Rechtsanwältin


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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