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Provider muss DSL-Vertrag nach Umzug fortsetzen

  • 4 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

[image]Bei einem Anbieterwechsel oder Umzug dürfen Telefon und Internet laut Gesetz nicht länger als einen Kalendertag unterbrochen sein. Da das den Anbietern 1&1, Vodafone und O2 wiederholt nicht gelang, gingen zahlreiche Beschwerden bei der Bundesnetzagentur ein. Diese verhängte nun gegen die Anbieter ein Bußgeld von je 75.000 Euro. Gegen die Telekom wurde ein Verfahren eingeleitet. Grund genug, um das Thema Anbieterwechsel rechtlich zu beleuchten, denn Trödelei ist beileibe nicht das einzige Problem.

Keine Vertragsänderung aufgrund des Umzugs

Seit 10.05.2012 soll § 46 des Telekommunikationsgesetzes rechtliche Klarheit beim Anbieterwechsel oder Umzug schaffen. Demnach dürfen Dienste wie Telefon und Internet bei einem Anbieterwechsel oder Umzug nicht länger als einen Kalendertag unterbrochen sein.

Grund für diese strenge Regelung ist, dass Anbieterwechsel und Umzüge zu den häufigsten Gründen für Probleme mit Providern gehören. Viele Internetnutzer sind erleichtert, wenn ihr Anschluss danach problemlos weiterfunktioniert. Falls nicht, sorgen aber nicht nur technische Hürden für Ärger. Mitunter legen Internetanbieter ihren Usern auch Steine vertragsrechtlicher Art in den Weg. So versuchen Anbieter ihren Kunden anlässlich des Umzugs einen neuen Vertrag unterzuschieben, natürlich zu ihrem Vorteil. Denn durch den neuen Vertrag beginnt etwa die Mindestvertragslaufzeit neu. So wird versucht, eine erneute Bindung von meist 24 Monaten herzustellen, weil ja ein neuer Vertrag vorliegt.

Dabei steht fest: Der Umzug eines Kunden gibt keinem Anbieter das Recht, einfach den Vertrag zu ändern. Anbieter sind bei einem Wohnsitzwechsel des Verbrauchers verpflichtet, die vertraglich geschuldete Leistung am neuen Wohnsitz des Verbrauchers ohne Änderung der vereinbarten Vertragslaufzeit und des sonstigen Vertragsinhalts zu erbringen, soweit das möglich ist. Das gilt im Übrigen auch für Verträge von vor der entsprechenden gesetzlichen Neuregelung aus dem Mai 2012. Beim Umzug heißt es daher genau aufpassen, wenn plötzlich von Anpassungen die Rede ist.

Sonderkündigungsrecht bei geringerer Leistung nach Umzug

Aufgrund eines Problems dieser Art kämpfte ein Internetnutzer gegen seinen Anbieter vor dem Amtsgericht (AG) Kehl. Er war 2009 umgezogen und wollte seinen seit 2007 bestehenden Vertrag über einen analogen Festnetzanschluss mit DSL-Internetzugang am neuen Wohnort fortführen. Das wäre technisch auch problemlos möglich gewesen.

Der Anbieter teilte ihm jedoch mit, dass ein DSL-Vertrag mit dem bisherigen Tarif des Kunden „Call und Surf Comfort 2" generell nicht mehr angeboten werde. Stattdessen bot der Provider einen Neuvertrag in einem anderen Tarif an. Der Kunde lehnte dies ab, stellte die Zahlungen ein und wechselte den Anbieter. Sein alter Anbieter wiederum kündigte daraufhin den DSL-Vertrag, sperrte den Anschluss und klagte auf Zahlung der dadurch entstandenen Kosten samt der ausstehenden Gebühren.

Das Gericht wies den Anspruch jedoch vollumfänglich zurück. Auch die Kosten für die Sperrung des Anschlusses müsse der Internetanbieter tragen. Denn den Grund dafür habe allein er mit seiner Forderung nach der unzulässigen Vertragsänderung zu verantworten.

Denn allenfalls die technische Verfügbarkeit an einen bestimmten Standort kann Folgen für die Vertragsbindung haben. Das gilt besonders, wenn die Downloadrate nun langsamer ist. Lässt sich ein Anschluss andernorts aber technisch in gleicher Weise mit der gleichen Geschwindigkeit herstellen, muss der Vertrag dort unverändert fortgesetzt werden.

Ansonsten gilt gem. § 46 Abs. 8 TKG: Wird die Leistung am neuen Wohnort nicht angeboten, kann der Vertrag unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden. Ein Recht zur einseitigen Vertragsänderung geht damit nicht einher.

§ 46 Abs. 8 TKG schreibt außerdem vor, dass ein Anbieter lediglich ein in Grenzen angemessenes Entgelt für umzugsbedingten Aufwand verlangen kann, den Vertrag hingegen wenn möglich jedoch unverändert fortzuführen hat. Das Entgelt darf dabei nicht über den Kosten für einen Neuanschluss liegen. Anderslautende Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), die hier nicht vorlagen, hält das Amtsgericht Kehl im Übrigen für unwirksam (AG Kehl, Urteil v. 04.02.2013, Az.: 5 C 441/12).

Fehlen Internet und Telefon zu lange, gibt es Schadensersatz

Aufgrund einer längeren Unterbrechung seines Anschlusses hat außerdem der Bundesgerichtshof (BGH) bereits Anfang 2013 einem Kunden Schadensersatz zugebilligt. Nach einem Anbieterwechsel musste er zwei Monate ohne Anschluss ausharren. Bemerkenswert an dieser Grundsatzentscheidung ist, welchen Stellenwert sie Internet und Telefon beimisst. Diese gehören nämlich seitdem wie das Auto oder die Wohnung zur Lebensgrundlage.

Das ist deshalb so revolutionär, weil die Rechtsprechung sehr zurückhaltend ist, was Schadensersatz für fehlende Gebrauchsmöglichkeiten angeht. Grund für diese restriktive Handhabe: Schadensersatzansprüche drohten sonst auszuufern, nur weil jemand irgendetwas für unentbehrlich hält. Ginge es hier allein nach der persönlichen Meinung, ließe sich ein Schadensersatz für die fehlende Nutzung von so gut wie jedem Gegenstand bejahen. Daher erfolgt eine Beschränkung auf Gegenstände, deren ständige Verfügbarkeit allgemein von zentraler Bedeutung fürs tägliche Leben ist. So etwa die Wohnung, das Auto oder nun auch Telefon und Internet (BGH, Urteil v. 24.01.2013, Az.: III ZR 98/12).

(GUE)

 

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