Sperrzeit beim Arbeitslosengeld vermeiden

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Wer seinen Arbeitsvertrag selbst kündigt oder wegen einer Pflichtverletzung aus dem Arbeitsverhältnis gekündigt wird, muss eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld befürchten. Die Agentur für Arbeit kann die Leistung von Arbeitslosengeld I bis zu einer Dauer von 12 Wochen sperren.

Arbeitnehmer sollten sich daher dringend im Vorfeld mit den Konsequenzen einer Kündigung oder eines Aufhebungsvertrages auseinandersetzen. Dieser Rechtstipp dient als Hilfestellung und Gedankenstütze, um böse Überraschungen zu vermeiden und die eigenen Rechte mit anwaltlicher Unterstützung durchzusetzen.

1. Vor der Kündigung Sperrzeit beachten

Für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gibt es unterschiedlichste Gründe. Vielen Arbeitnehmern bereitet der Schritt zur Kündigung Kopfzerbrechen. Unbedacht bleiben häufig die Konsequenzen. Erst nach der Kündigung, wenn die Existenzsicherung im Vordergrund steht, wird vielen Betroffenen bewusst, dass sie die Entscheidung hätten besser durchdenken müssen.

Die Agentur für Arbeit prüft bei einer arbeitnehmerseitigen Kündigung des Arbeitsverhältnisses genau, ob eine Sperrzeit verhängt werden kann. Grundsätzlich kommt diese Sanktion immer dann zum Tragen, wenn der Beschäftigte ohne wichtigen Grund sein Arbeitsverhältnis beendet hat.

Mit anderen Worten: Wer die Arbeitslosigkeit selbst zu verschulden hat, muss die Sperrzeit in Kauf nehmen. Wer etwa einen Anspruch auf Arbeitslosengeld über den Zeitraum von 12 Monaten hat, jedoch eine Sperrzeit von 3 Monaten kassiert, wird nur 9 Monate lang Geld beziehen und finanzielle Nachteile erleiden.

2. Wichtige Gründe, um Sperrzeit zu verhindern

Die Sperrzeit für den Anspruch auf Arbeitslosengeld I ist jedoch keine Generalstrafe. Es gibt Situationen, in denen die Sanktionswirkung der Sperrzeit ungerechtfertigt wäre. Das hat auch der Gesetzgeber erkannt und erlaubt dementsprechend die Rechtfertigung der arbeitnehmerseitigen Kündigung, wenn ein wichtiger Grund gegeben ist. Hat der Arbeitsuchende für seine Kündigung einen nachweislich „wichtigen Grund“, tritt keine Sperrzeit ein. So lässt sich die Verwaltungspraxis der Agentur für Arbeit an vielfältige Lebenssituationen anpassen. Prägend ist in diesem Zusammenhang die Rechtsprechung der Sozialgerichte, deren Kenntnis im Streitfall unerlässlich ist.

Im Folgenden werden einige Praxisbeispiele dargestellt, in denen die Kündigung des Arbeitnehmers durch einen wichtigen Grund gerechtfertigt ist.

a) Sichere Jobaussichten

Im Idealfall schließt sich nach der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses unmittelbar ein neues Anstellungsverhältnis an. Wer also eine sichere Stelle in der Tasche hat, kann guten Gewissens seinen alten Arbeitsvertrag beenden. Unglücklich ist die Situation für den Betroffenen jedoch dann, wenn aus der konkreten Jobzusage doch nichts wird. In solchen Situationen steht der Gesetzgeber auf der Seite des Arbeitslosen. Wer im begründeten Vertrauen auf eine Jobzusage gekündigt hat, hat seine Arbeitslosigkeit nicht selbst verschuldet. In dieser Situation wird in aller Regel keine Sperrzeit verhängt.

b) Gesundheitszustand

Die Herausforderungen im Berufsleben sind vielfältig und können ihre Spuren hinterlassen. Wer aufgrund seines Gesundheitszustandes nicht mehr in der Lage ist, seiner Arbeit nachzugehen, egal ob die psychische oder körperliche Gesundheit betroffen ist, muss im Falle einer Kündigung nicht mit einer Sperrzeit rechnen. In diesen Fällen ist jedoch darauf zu achten, dass jeder Rechtfertigungsgrund der Arbeitnehmerkündigung auch nachgewiesen werden muss. Für den Arbeitnehmer bedeutet das, dass er sich einem Arzt anvertrauen sollte, der seine Arbeitsunfähigkeit dokumentiert.

c) Kinderbetreuung

Familie und Job sowie Work-Life-Balance lassen sich nicht immer unter einen Hut bringen. Wer zum Wohle des Kindes auf seinen Job verzichten muss, da sich die Kindeserziehung und Betreuung anders nicht bewerkstelligen lässt, wird in aller Regel nicht mit einer Sperrzeit sanktioniert. Das Wohl des Kindes hat einen herausgehobenen Stellenwert, den der Gesetzgeber wertschätzt. Gleiches gilt für die Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger.

d) Mobbing

Mobbing am Arbeitsplatz macht es den Betroffenen oft unmöglich, ihrer Arbeit nachzugehen. In dieser Extremsituation ist die psychische Belastung häufig stark, das Arbeitsumfeld von Feindschaften vergiftet und die Kündigung der letzte Ausweg. Auch hier ginge eine Sperrzeit beim Anspruch auf Arbeitslosengeld I fehl. Der Arbeitslose wird von dieser Sanktion grundsätzlich verschont.

e) Mangelnde Arbeitssicherheit

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, bestimmte Maßnahmen zu treffen, um die Sicherheit und den Schutz der Beschäftigten bei der Arbeit zu gewährleisten. Der Unternehmer trägt die grundlegende Verantwortung für die Arbeitssicherheit und den Gesundheitsschutz. Wenn diese Standards nicht eingehalten werden und der Arbeitnehmer aus diesem Grund kündigt, wird ihm regelmäßig keine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld auferlegt. Denn auch hier hat der Arbeitnehmer die Kündigung – im weitesten Sinne – nicht selbst zu verantworten. Ausschlaggebend waren vielmehr die mangelhaften Arbeitsbedingungen und damit der Verantwortungsbereich des Arbeitgebers.

f) Gemeinsamer Lebensmittelpunkt eines Ehepaares

Will ein Ehepaar einen gemeinsamen Lebensmittelpunkt begründen oder beibehalten, stellt dies grundsätzlich einen wichtigen Grund dafür dar, das Arbeitsverhältnis zu kündigen. Sperrzeiten werden dementsprechend prinzipiell nicht verhängt. Ob gleiches auch für eine schlichte Partnerschaft ohne Ehebündnis gilt, wird unterschiedlich beurteilt. Die Rechtsprechung der Sozialgerichte ist in diesem Zusammenhang nicht einheitlich, sodass es umso mehr auf die Umstände des Einzelfalles ankommt.

g) Achtung bei drohender Arbeitgeberkündigung

Übrigens stellt es keinen wichtigen Grund dar, wenn der Arbeitnehmer eine Kündigung durch den Arbeitgeber befürchtet und deswegen selbst kündigen möchte. In diesen Fällen ist der Angestellte dazu aufgerufen, die Kündigung durch den Arbeitgeber abzuwarten. Wer dieser Maßnahme zuvorkommt, riskiert eine Sperrzeit durch die Agentur für Arbeit.

3. Vorsicht bei Angebot von Aufhebungsvertrag

Eine mögliche Alternative zur Kündigung stellt – jedenfalls auf den ersten Blick – der Abschluss eines Aufhebungsvertrages dar. Der Aufhebungsvertrag bietet zwar einige Vorteile. Allerdings birgt er auch Risiken.

Auch bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages kann es zu einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld kommen, so § 159 SGB III. Der Arbeitnehmer ist nämlich in seiner Entscheidung frei und eigenverantwortlich, den Aufhebungsvertrag zu unterschreiben oder nicht. Entscheidet er sich für die Annahme des Angebotes, so hat er die Arbeitslosigkeit selbst herbeigeführt. Damit ist die Interessenlage gegeben, die den Sanktionscharakter der Sperrzeit rechtfertigt. Das gilt selbst dann, wenn die ursprüngliche Initiative und das Vertragsangebot vom Arbeitgeber ausgingen. Hier gilt es Vertragsausgestaltungen mit dem Arbeitgeber auszuhandeln, die der Prüfung einer Sanktionsverhängung durch die Bundesagentur für Arbeit standhalten. Sprechen Sie uns gerne an, wenn Sie vor dem Abschluss eines Aufhebungsvertrags sind. Die Kanzlei Senol hat weitreichende Erfahrungen auf diesem Gebiet und bereits zahlreiche Vertragsverhandlungen mit Arbeitgebern geführt.

4. Zusammenfassung

Das Thema Sperrzeit beim Arbeitslosengeld ist in hohem Maße von der Rechtsprechung der Sozialgerichte geprägt. Jeder Einzelfall ist anders und die Details entscheiden darüber, ob eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld verhängt werden kann oder nicht. Die Schnittstelle von Arbeits- und Sozialrecht erfordert ein hohes Maß an Rechtskenntnissen in beiden Gebieten. Profitieren Sie von der Erfahrung der Kanzlei Senol in beiden Bereichen und nehmen Sie jederzeit gerne Kontakt zu uns auf!


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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