Überstunden – Schätzung möglich!

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Streit über die Bezahlung von Überstunden entsteht oft erst beim Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis. Aber dann hat der Arbeitnehmer in den meisten Fällen das Problem, die Überstunden beweisen zu können, nämlich dass sie auf Veranlassung des Arbeitnehmers geleistet worden sind.

Die Vergütung von Überstunden setzt, wenn eine tarifvertragliche Regelung fehlt, entweder eine entsprechende arbeitsvertragliche Vereinbarung oder eine Vergütungspflicht nach § 612 Abs.1 BGB voraus. Weitere Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer Überstunden tatsächlich geleistet hat und die Überstundenleistung vom Arbeitgeber veranlasst war oder ihm zumindest zuzurechnen ist. Daher sind sämtliche Voraussetzungen vom Arbeitnehmer zu beweisen, nämlich dass geleistete Überstunden angeordnet, gebilligt, geduldet oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit erforderlich waren.

Für eine ausdrückliche Anordnung von Überstunden muss der Arbeitnehmer vortragen, wer wann auf welche Weise wie viele Überstunden angeordnet hat. Konkludent ordnet ein Arbeitgeber Überstunden an, wenn er dem Arbeitnehmer Arbeit in einem Umfang zuweist, der unter Ausschöpfung der persönlichen Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers nur durch Leistung von Überstunden zu bewältigen ist.

Die Billigung von Überstunden setzt voraus, dass der Arbeitgeber zu erkennen gibt, mit der schon erfolgten Leistung bestimmter Überstunden einverstanden zu sein, z.B. durch nachträgliche Abzeichnung durch den Arbeitgeber oder eines Vorgesetzten des Arbeitnehmers. Allein die widerspruchslose Entgegennahme von Aufzeichnungen des Arbeitnehmers reicht allerdings nicht aus.

Duldung von Überstunden bedeutet, dass der Arbeitgeber Kenntnis davon hat und diese hinnimmt und keine Vorkehrungen trifft, die Leistung von Überstunden zu unterbinden. Dazu muss aber der Arbeitnehmer vortragen, von welchen Überstunden der Arbeitgeber und auf welche Art und Weise er Kenntnis erlangt haben soll.

Steht dann aber fest, dass Überstunden geleistet worden sind, kann aber der Arbeitnehmer seiner Darlegungs- und Beweislast für jede einzelne Überstunden nicht nachkommen, weil z.B. zeitnahe Aufzeichnungen oder Zeugen fehlen, darf das Gericht den Umfang geleisteter Überstunden schätzen.

Da an eine „Überstundenklage“ seitens der Arbeitsgerichte hohe Anforderungen gestellt werden, empfiehlt sich in jedem Fall anwaltlicher Rat.

Ferner sollte eine etwaige Klausel im Arbeitsvertrag, wonach mit dem Gehalt eine bestimmte Anzahl von Überstunden abgegolten sein sollen, rechtlich überprüft werden, weil regelmäßig solche Klauseln unwirksam sind.

Hinweis:

Der Arbeitnehmer hat unbedingt etwaige tarifliche oder vertragliche Ausschlussfristen zu beachten, andernfalls Vergütungsansprüche nicht mehr durchsetzbar sind.

Grit Koschinski

Fachanwältin für Arbeitsrecht


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