Unterlassungserklärung: Die 10 häufigsten Fehler

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Wenn Sie eine Abmahnung erhalten haben und ein mulmiges Gefühl wegen der geforderten Unterlassungserklärung haben, liegen Sie richtig. Eine Unterlassungserklärung hat nämlich weitreichende Konsequenzen. Bei einem Verstoß droht eine Vertragsstrafe. Es gibt also genug Gründe, sich sorgfältig zu überlegen, ob es überhaupt erforderlich oder sinnvoll ist, eine Unterlassungserklärung abzugeben und falls ja, mit welchem Inhalt. Im nachfolgenden Beitrag erläutere ich die häufigsten Fehler und wie sie Sie vermeiden können:

Unterlassungserklärung, strafbewehrte Unterlassungserklärung, Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung

Wer mit einer Abmahnung auf einen Rechtsverstoß hingewiesen wird, der wird darin (bis auf einige Ausnahmen) aufgefordert, das beanstandete Verhalten zukünftig zu unterlassen und zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr eine Erklärung mit einem Vertragsstrafeversprechen abzugeben. Häufig ist dem Abmahnschreiben eine entsprechende Erklärung mit der Überschrift Unterlassungserklärung, strafbewehrte Unterlassungserklärung oder Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung beigefügt. Die Begriffe bedeuten letztlich dasselbe: Es geht um eine Erklärung, mit der versprochen wird, das beanstandete Verhalten zukünftig zu unterlassen und für den Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe zu zahlen. Aus rechtlicher Sicht handelt es sich um ein Angebot zum Abschluss eines Unterlassungsvertrages. Und nach meiner Erfahrung enthalten die vorformulierten Erklärungen leider oft Fallstricke.

Fehler Nr. 1: Unterlassungserklärung abgeben, obwohl die Abmahnung unberechtigt ist

Ist die Abmahnung unberechtigt, besteht von vornherein kein Anlass, gegenüber dem Abmahnenden eine Unterlassungserklärung abzugeben. Ganz im Gegenteil würde man sich in diesem Fall ganz ohne Grund zur Unterlassung eines bestimmten Verhaltens verpflichten.

Bei einer unberechtigten Abmahnung macht es Sinn, den Abmahner bzw. dessen Anwalt auf die fehlende Berechtigung hinzuweisen, um Weiterungen und den hiermit verbundenen unnötigen Mehraufwand nach Möglichkeit von vornherein zu vermeiden. In bestimmten Fällen können die Kosten der Rechtsverteidigung gegenüber dem Abmahner geltend gemacht werden.

Fehler Nr. 2: Unterlassungserklärung abgeben, obwohl klare Indizien für Rechtsmissbrauch vorliegen

Ist aus den Gesamtumständen erkennbar, dass es dem Abmahnenden eigentlich überhaupt nicht um den gerügten Rechtsverstoß geht, sondern vorrangig um die Erzielung von Einnahmen oder um eine Schädigung des Abgemahnten, dann ist besondere Vorsicht geboten. Ein solcher Abmahner wird nach meiner Erfahrung mit hoher Wahrscheinlichkeit versuchen, über die Geltendmachung einer Vertragsstrafe auch aus der Unterlassungserklärung Einnahmen zu erzielen. Daher kann es Sinn machen, die Abgabe einer Unterlassungserklärung auch dann zu verweigern, wenn die Indizien für den Rechtsmissbrauch für eine Rechtsverteidigung im gerichtlichen Verfahren nicht ausreichen. In diesem Fall könnte der Abmahner nämlich lediglich eine gerichtliche Untersagungsanordnung mit Ordnungsmittelandrohung erwirken. Anders als bei einem Verstoß gegen eine Unterlassungserklärung könnte der Abmahner bei einem Verstoß gegen die gerichtliche Untersagungsanordnung jedoch keine Einnahmen erzielen.

Fehler Nr. 3: Unterlassungserklärung mit zu weiten Unterlassungsverpflichtungen abgeben

Mit einer Abmahnung wird ein konkreter Rechtsverstoß gerügt. Mit der Unterlassungserklärung soll dementsprechend sichergestellt werden, dass dieser konkrete Rechtsverstoß zukünftig unterlassen wird. Mitunter ist die Unterlassungserklärung aber zu weit gefasst, sodass Sie nicht nur das gerügte Verhalten erfasst, sondern darüberhinausgehend auch ein weiteres Verhalten, welches überhaupt nicht Gegenstand der Abmahnung ist. Ein Beispiel hierfür waren in der Vergangenheit Abmahnungen wegen der Werbung mit einer Garantie ohne die erforderlichen Informationen zu der beworbenen Garantie. In den Abmahnschreiben war am Rande erläutert worden, dass auch gänzlich fehlende Informationen zu einer bestehenden Garantie wettbewerbswidrig seien (obwohl diese Frage zum damaligen Zeitpunkt rechtlich noch nicht abschließend geklärt war). Den entsprechenden Abmahnungen war dann mitunter eine vorformulierte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung beigefügt, die sich nicht nur auf den abgemahnten Sachverhalt der Werbung mit einer Garantie ohne die erforderlichen Informationen bezog, sondern darüberhinausgehend auch auf den ganz anderen Fall gänzlich fehlender Informationen zu einer bestehenden Garantie.

Natürlich arbeiten viele Abmahner und deren Anwälte sauber. Trotzdem gilt bei einer vorformulierten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung der alte Grundsatz: Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste.

Fehler Nr. 4: Unterlassungserklärung mit Vertragsstrafeversprechen abgeben, obwohl die Vereinbarung einer Vertragsstrafe bei einer erstmaligen Abmahnung wegen des gerügten Rechtsverstoßes unzulässig ist

Bei bestimmten Verstößen ist es unter verschiedenen Voraussetzungen nach dem Gesetz unzulässig, bei einer erstmaligen Abmahnung mit einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung eine Vertragsstrafe zu vereinbaren. Ein Beispiel hierfür ist eine erstmalige datenschutzrechtliche Abmahnung durch einen Wettbewerber nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), wenn der Abgemahnte in der Regel weniger als 100 Mitarbeiter beschäftigt. Ich hatte hier in der Kanzlei einen Fall, in dem zusammen mit einem weiteren Vorwurf auch der Vorwurf eines Datenschutzverstoßes erhoben worden war und in der vorformulierten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung für beide Unterlassungsverpflichtungen eine Vertragsstrafenvereinbarung vorgesehen war.

Zugegeben, es ist kompliziert, denn nach den gesetzlichen Vorgaben ist die Vereinbarung einer Vertragsstrafe nur in bestimmten Ausnahmefällen unzulässig. Diese Fälle kommen in der Praxis aber eben mitunter auch vor.

Fehler Nr. 5: Unterlassungserklärung mit festem Vertragsstrafeversprechen (zum Beispiel 5.100,00 Euro) abgeben

Üblicherweise wird mit einer Abmahnung dazu aufgefordert, eine Unterlassungserklärung mit einem Vertragsstrafeversprechen abzugeben. (Da kommen auch die Begriffe vertragsstrafenbewehrte Unterlassungserklärung bzw. strafbewehrte Unterlassungserklärung her.) Die entsprechende Vertragsstrafenvereinbarung kann unterschiedlich geregelt werden. In der Vergangenheit war es durchaus üblich, eine feste Vertragsstrafe oberhalb von 5.000,00 Euro zu vereinbaren (z.B. 5.100,00 Euro). Da eine derart hohe Vertragsstrafe bei marginalen Wettbewerbsverstößen unangemessen hoch ist, sind entsprechende Vertragsstrafenvereinbarungen schon in der Vergangenheit nicht nur von Betroffenen, sondern auch von verschiedenen Gerichten als problematisch angesehen worden. Die Lösung liegt in solchen Fällen darin, dass eine abgeänderte Unterlassungserklärung abgegeben wird, die eine Vertragsstrafenvereinbarung mit einem flexiblen Vertragsstrafeversprechen vorsieht.

Fehler Nr. 6: Unterlassungserklärung mit Vertragsstrafenvereinbarung mit Ausschluss des Fortsetzungszusammenhangs abgeben

Mitunter sieht die Vertragsstrafenvereinbarung in einer Unterlassungserklärung einen Ausschluss des Fortsetzungszusammenhangs vor. Dies bedeutet vereinfacht gesagt, dass mehrere gleichartige Verstöße auch dann als einzelne Verstöße im Sinne der Vertragsstrafenvereinbarung behandelt werden sollen, wenn diese aufgrund des Gesamtzusammenhanges eigentlich zu einem einheitlichen Sachverhalt gehören und somit rechtlich auch als ein einziger (einheitlicher) Verstoß bewertet werden könnten. Die Formulierung kann im Fall der Fälle die Rechtsverteidigung also erheblich erschweren.

Fehler Nr. 7: Unterlassungserklärung mit Verpflichtungen zur Auskunft, Schadenersatz und Kostenerstattung abgeben, obwohl die Berechtigung des erhobenen Vorwurfs unklar ist

Mitunter kommt es vor, dass sich eine Abmahnung auf einen Fall bezieht, der in der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt ist. Wer in einem solchen Fall eine Unterlassungserklärung abgibt, in der auch Verpflichtungen zur Auskunft, zum Schadenersatz und zur Kostenerstattung enthalten sind, der übernimmt entsprechende Verpflichtungen vertraglich und kann sich hinterher also nicht mehr darauf zurückziehen, dass der in der Abmahnung erhobene Vorwurf eigentlich unberechtigt gewesen sei. Ist die Berechtigung des Vorwurfs in der Abmahnung unklar, kann es also Sinn machen, eine modifizierte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abzugeben, in der keine Verpflichtungen zur Auskunft, zum Schadenersatz und zur Kostenerstattung enthalten sind. Auf diese Weise kann nämlich ein teurer Rechtsstreit wegen des Unterlassungsanspruchs vermieden werden. Die Berechtigung der Ansprüche auf Auskunft, Schadenersatz und Kostenerstattung kann dann in einem deutlich kostengünstigeren Rechtsstreit geklärt werden. Oder die Ansprüche werden im Rahmen einer Einigung erledigt.

Fehler Nr. 8: Unterlassungserklärung mit Verpflichtung zur Erstattung von Abmahnkosten abgeben, obwohl die gesetzlich vorgeschriebenen Formalien der Abmahnung nicht eingehalten sind

Unter anderem im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sind Anforderungen an die Abmahnung vorgeschrieben. Werden die entsprechenden Anforderungen nicht erfüllt, kann der Abmahner keine Kostenerstattung verlangen (Anwaltskosten für den Ausspruch der Abmahnung). Und es kommt noch besser: In diesem Fall kann der Abgemahnte sogar Ersatz der für seine Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen verlangen. Es mag ein wenig überraschen, aber Fehler bei den Formalien kommen in der Praxis tatsächlich immer mal wieder vor und eröffnen dann Ansatzpunkte für eine Rechtsverteidigung.

Fehler Nr. 9: Unterlassungserklärung mit Verpflichtung zur Erstattung überzogener Abmahnkosten abgeben

Die Höhe der Abmahnkosten war schon in der Vergangenheit immer wieder Ausgangspunkt für den Vorwurf der Geldmacherei. Und in der Tat gab und gibt es immer wieder Fälle, in denen die Höhe der Anwaltskosten gelinde gesagt Fragen aufwirft. Das gilt insbesondere, wenn die vorformulierte Unterlassungserklärung bei der Abmahnung unter anderem eine Verpflichtung zur Erstattung der Kosten vorsieht und mit der Abgabe der Erklärung die Kostentragung vertraglich zugesagt werden soll. Problematisch ist das aus meiner Sicht schon deshalb, weil die Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung eigentlich nur dazu dient, die Vermutung der Wiederholungsgefahr hinsichtlich des streitgegenständlichen Rechtsverstoßes auszuräumen. Die Frage der Kostenerstattung hängt hiermit zwar zusammen. Das bedeutet aber nicht, dass eine entsprechende Verpflichtung auch in die vorformulierte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung mit aufgenommen werden müsste.

Fehler Nr. 10: Unterlassungserklärung ohne vorherige Beseitigung abgeben

Wer eine Unterlassungserklärung abgibt, der muss diese dann auch einhalten. Dies bedeutet zweierlei: Zum einen darf das rechtswidrige Verhalten zukünftig nicht wiederholt werden. Zum anderen muss aber auch alles beseitigt werden, was aus dem bisherigen rechtswidrigen Verhalten in der Vergangenheit herrührt und noch Wirkungen entfaltet. Zwei Beispiele: Unzulässige Werbeaussagen in weiterhin laufenden Angeboten oder bereits an gewerbliche Abnehmer ausgelieferte und von diesen noch nicht verkaufte rechtswidrige Produkte. Überprüft der Abmahner nach Abgabe der Unterlassungserklärung die Einhaltung der Erklärung und stößt auf entsprechende Sachverhalte, droht nicht nur eine neue Abmahnung, sondern auch eine Vertragsstrafenforderung.

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Die „richtige“ Reaktion auf eine Abmahnung hängt von Ihrer konkreten Situation und Ihren Interessen als Abgemahnter ab. Deshalb gibt es leider auch nicht die eine für alle Fälle „richtige“ Reaktion auf eine Abmahnung.

Ich berate als Fachanwalt für IT-Recht bei Internetrecht-Rostock.de ständig Abgemahnte wie Sie und verfüge daher über Erfahrung aus einer Vielzahl von Abmahnverfahren.

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Andreas Kempcke

Rechtsanwalt 

Fachanwalt für IT-Recht

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