Wann dürfen lebenserhaltende Maßnahmen abgebrochen werden?

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BGH entscheidet über die Wirksamkeit einer Patientenverfügung, Beschl. v. 06.07.2016, Az. XII ZB 61/16).

(12.08.2016) Der BGH hatte in der vorliegenden Entscheidung zu prüfen, welche Voraussetzungen bei einer Vorsorgevollmacht und einer Patientenverfügung im Zusammenhang mit dem Abbruch von lebenserhaltenden Maßnahmen erfüllt sein müssen.

Das Gericht entschied hierbei, dass allein die Äußerung, „keine lebensverlängernden Maßnahmen zu wünschen“, nicht ausreicht, um eine künstliche Ernährung zu beenden.

Eine Patientenverfügung muss sich vielmehr auf konkrete Maßnahmen oder konkrete Krankheiten beziehen. Es muss deutlich erkennbar sein, ob sie sich auch auf Maßnahmen, wie die künstliche Ernährung oder Beatmung, bezieht.

In dem vorliegenden Fall streiten sich die Töchter, ob bei der Mutter, die als 70-Jährige einen Hirnschlag erlitt, sich nicht mehr selbst äußern kann und seitdem (heute 75) mit einer Magensonde künstlich ernährt wird, die Ernährung abgebrochen werden darf.

Früher hatte sie sich in einer Patientenverfügung gegen „lebensverlängernde Maßnahmen“ ausgesprochen, wenn ein schwerer Dauerschaden des Gehirns zurückbleibt.

Der BGH entschied, dass sich eine Tochter deswegen nicht über den Willen ihrer kranken Mutter hinwegsetzt, wenn sie entscheidet, ihre Ernährung über eine Magensonde fortsetzen zu lassen.

Das Landgericht Mosbach hatte zuvor entschieden, dass der Abbruch der künstlichen Ernährung zulässig sei.

Mit seinem jetzt schriftlich veröffentlichten Beschluss hob der BGH die Entscheidung des Landgerichts nun aber auf und verwies den Streit zur erneuten Prüfung dorthin zurück. Laut BGH sei die Patientenverfügung nicht deutlich genug, und der Wille der 75-Jährigen stehe nicht fest, erklärten die Karlsruher Richter zur Begründung.

In einer Patientenverfügung seien allgemeine Formulierungen, wie der Wunsch nach einem „würdevollen Sterben“ oder die Ablehnung „lebensverlängernder Maßnahmen“, nicht konkret genug, da nicht deutlich wird, ob sich dies ausschließlich auf die medizinische Behandlung beziehen soll, oder auch auf Maßnahmen wie die künstliche Ernährung oder die künstliche Beatmung.

Das Landgericht muss nun prüfen, ob die Frau früher mündliche Äußerungen gemacht hat, die auf ihren Willen schließen lassen.

Für die tägliche Praxis bedeutet dies, dass bei Patientenverfügungen darauf zu achten ist, dass diese auf bestimmte Maßnahmen oder bestimmte Krankheitsbilder eingehen, damit sie eine bindende Wirkung entfalten.

Julia Fellmer

Fachanwältin für Medizinrecht


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