Wann ist eine Kündigung von Mitgliedern des Betriebsrats zulässig?

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Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) stellt bereits für Kündigungen von regulären Arbeitnehmern hohe Hürden auf. Die Kündigung eines Mitglieds des Betriebsrats gestaltet sich noch schwieriger, da Betriebsräte nicht nur unter den Schutz des allgemeinen Kündigungsschutzes fallen, sondern zu ihren Gunsten gemäß § 15 Absatz 1 KSchG auch noch ein besonderer Kündigungsschutz besteht.

Was bedeutet der besondere Kündigungsschutz für Betriebsräte in § 15 Absatz 1 KSchG? 

§ 15 Absatz 1 KSchG besagt, dass die Kündigung eines Betriebsratsmitglieds unzulässig ist, wenn nicht ein Grund vorliegt, der den Arbeitgeber zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigt. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass eine ordentliche Kündigung eines Betriebsratsmitglieds arbeitsrechtlich nicht zulässig ist. Dies gilt selbst dann, wenn beispielsweise die Voraussetzungen für eine verhaltensbedingte Kündigung erfüllt wären.

Für außerordentliche Kündigungen gelten gemäß § 626 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) hohe Anforderungen. Denn der Arbeitgeber darf eine außerordentliche Kündigung nur dann aussprechen, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

Doch der besondere Kündigungsschutz der Mitglieder des Betriebsrats geht noch weiter. Denn § 15 Absatz 1 KSchG fordert auch noch, dass der Betriebsrat gemäß § 103 Absatz 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) seine Zustimmung zur Kündigung des Betriebsratsmitglieds erteilen muss. Diese Zustimmung wird in der Praxis nur in wenigen Fällen erteilt, da der Betriebsrat grundsätzlich natürlich nicht daran interessiert ist, dass der Arbeitgeber sich von einzelnen Betriebsräten trennt.

Was wäre ein Beispiel aus der aktuellen Rechtsprechung für eine zulässige Kündigung eines Betriebsratsmitglieds?

In einem aktuellen Urteil hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (LAG Baden-Württemberg, Urteil v. 25.03.2022 – Az.: 7 Sa 63/21) die Rechtmäßigkeit der außerordentlichen Kündigung eines Betriebsratsmitglieds bei einem großen Industrieunternehmen bestätigt. Das Betriebsratsmitglied hatte sich zunächst mit einer Kündigungsschutzklage erfolgreich gegen eine Kündigung seitens des Arbeitgebers gewehrt. In der Folgezeit veröffentlichte das Betriebsratsmitglied jedoch sensible Daten aus diesem Verfahren in einer „Dropbox“, die einem größeren Personenkreis zugänglich war. Unter den veröffentlichten Daten befanden sich auch nicht anonymisierte Gesundheitsdaten einiger Kollegen. Als Reaktion auf diesen Datenschutzverstoß sprach der Arbeitgeber erneut eine außerordentliche Kündigung aus. Das Mitglied des Betriebsrats setzte sich auch gegen diese Kündigung mit einer Kündigungsschutzklage zur Wehr. Diesmal entschieden jedoch sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht zuungunsten des Betriebsratsmitglieds und bestätigten die Rechtmäßigkeit der außerordentlichen Kündigung. Denn eine derartige Veröffentlichung sensibler Daten ohne jegliche Rechtfertigung, verletze die auch grundgesetzlich geschützten Persönlichkeitsrechte der betroffenen Kollegen. Zudem habe das Betriebsratsmitglied durch die Einstellung in die „Dropbox“ auch die Möglichkeit zur Weiterverbreitung der sensiblen Daten eröffnet.

In der Praxis bestehen somit sehr hohe Hürden für Kündigungen von Betriebsratsmitgliedern. Ordentliche Kündigungen gegenüber Betriebsratsmitgliedern sind gemäß § 15 Absatz 1 KSchG ausgeschlossen. Ein Arbeitgeber kann sich somit nur dann von Betriebsratsmitgliedern trennen, wenn ein Kündigungsgrund vorliegt, der zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigt. Und selbst in diesem Fall muss noch die Zustimmung des Betriebsrats eingeholt werden, was in der Praxis oft schwierig ist.

Bitte beachten Sie, dass diese Informationen keine Beratung im Einzelfall ersetzen können. Gerne berate ich Sie persönlich oder auch online zu Ihren Rechtsthemen im Arbeitsrecht.



Foto(s): Rechtsanwältin Trixi Hoferichter


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