Wann Sie das alleinige Sorgerecht beantragen sollten

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Das Kindeswohl steht im Zentrum einer jeden sorgerechtlichen Entscheidung. Ist bei einem Elternteil für das Kind eine Gefahr für sein körperliches, geistiges oder seelisches Wohl gegeben oder liegt eine Gefährdung für sein Vermögen vor, so kann das Familiengericht diesem Elternteil das Sorgerecht entziehen. Da diese Entscheidung nachhaltig in die Familienverhältnisse eingreift, wird das Gericht den Sorgerechtsentzug nur als letztes Mittel nutzen, um diese Gefahren abzuwenden und vorrangig mildere Maßnahmen (z.B. Übertragung des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts bei gemeinsamem Sorgerecht) prüfen.

Einen Antrag auf Erteilung des alleinigen Sorgerechts kann man beim zuständigen Familiengericht stellen. Wenn der andere Elternteil dem alleinigen Sorgerecht zustimmt, reicht ein knapp gehaltener formloser Antrag schon aus. Weigert sich der andere jedoch, so muss der Antrag ausführlich begründet und mit Beweisen unterfüttert werden. Dabei muss explizit dargelegt werden, warum der andere Elternteil grundlegend ungeeignet ist, das Sorgerecht auszuüben. In der Regel wird auch das Jugendamt bei der Stellung eines solchen Antrags beraten und Hilfestellung leisten.

Das Familiengericht prüft den Antrag auf Sorgerechtsentzug anhand der Kriterien der Kontinuität, Förderung und sozialer Bindung.

  • Der Aspekt der Kontinuität soll dem Kind eine verlässliche und stabile Erziehung gewähren, damit es sich ausgeglichen entwickeln kann. Hierbei liegt das Augenmerk auf der Zuverlässigkeit, Berechenbarkeit und der Dauer der zwischenmenschlichen Beziehung zu den Elternteilen. Bei Scheidungen wird insbesondere berücksichtigt, bei welchem der Elternteile das Kind die Trennungszeit verbracht hat.
  • Beim Kriterium der Förderung geht es um die weitergehende Entwicklung des Kindes. Das Gericht entscheidet hierbei welcher Elternteil bessere Voraussetzungen bietet um die Entwicklung des Kindes positiv zu beeinflussen. Hierbei bezieht es die finanziellen Mittel, bzw. den Bildungsstand der Elternteile mit in die Prüfung ein.
  • Beim Aspekt der sozialen Bindung geht es schließlich darum, dass das Kind ein stabiles soziales Umfeld haben soll. Freunde, Bekannte, Verwandte und sonstige soziale Kontakte sollen nach Möglichkeit erhalten bleiben.

Nachfolgend finden Sie einige Beispielsfälle, in denen die Gerichte Erziehungsberechtigten das Sorgerecht entzogen haben.

- Misshandlung oder Vernachlässigung des Kindes:

Bei der Misshandlung eines Kindes kann das Sorgerecht sehr schnell entzogen werden. Auch ein Entzug des Sorgerechts eines anderen Geschwisters kommt in Betracht, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass auch dieses misshandelt wird.

Wenn das Kind nicht genügend gepflegt, nicht ausreichend mit Kleidung versorgt wird oder unterernährt ist, liegt eine Vernachlässigung vor. Dies gilt ebenso, wenn die Eltern ihrer Aufsichtspflicht nicht nachkommen.

- Erziehungsfehler:

Bei gravierenden Erziehungsfehlern, wie zum Beispiel bei ständigen Wutausbrüchen eines Elternteils oder bei verfassungsfeindlicher Erziehung (z.B. durch Rechts- sowie Linksradikale, radikale Glaubensgemeinschaften, u.ä.) sieht die Rechtsprechung das Kindeswohl ebenso gefährdet.

- bei Suchterrkankungen oder psychischen Erkrankungen:

Auch bei einem unverschuldeten Verhalten der Eltern wie einer Suchtkrankheit oder psychischen Erkrankungen, welche Auswirkungen auf das Umfeld haben, kann das Sorgerecht entzogen werden. Dies gilt auch, wenn zum Beispiel eine Therapie durchgeführt wird, aber nicht erwartet wird, dass der Elternteil dauerhaft drogenfrei bleiben wird.

- Gesundheitsgefährdung:

Wenn eine notwendige medizinische Behandlung für das Kind nicht vorgenommen werden kann, weil die notwendige Einwilligung der Eltern nicht erteilt wird, liegt ebenfalls ein Grund für den Entzug des Sorgerechts vor.

- gefährliches Umfeld:

Das Kind soll zudem in keinem Umfeld aufwachsen, dass schon von sich aus dazu geeignet ist das Kindeswohl zu gefährden (z.B.: Aufwachsen in Drogen- oder Rotlichtmilieu, extremistische Gruppierungen).

- Sorgerechtsmissbrauch:

Manche Erziehungsberechtigte missbrauchen das Sorgerecht dazu, das Kind zu rechtswidrigem Verhalten zu bringen, indem sie es etwa zum Diebstahl anstiften oder vom Schulbesuch abhalten.

- Gefährdung des Kindesvermögens:

Wenn das Kind ein eigenes Vermögen hat (etwa aus Erbschaft oder sonstige Spareinlagen) und der Elternteil dieses Geld nicht zum Wohl des Kindes einsetzt, liegt eine Verletzung der elterlichen Vermögenssorge vor.

Verwehrung des Umgangs:

Wird einem Elternteil das Umgangsrecht durch den anderen dauerhaft und beharrlich verwehrt wird, rechtfertigt dies auch eine Entziehung

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass jeder Fall ein Einzelschicksal ist und jeder Fall in sich hinreichend und umfassend geprüft werden muss, bevor das Sorgerecht entzogen werden kann. Solche Verfahren können dauern, insbesondere wenn ein Sachverständigengutachter beauftragt wird um die Frage zu klären: Sorgerechtsentzug: ja oder nein?

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