Wechselmodell als Regelfall?

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Nach der Rechtsprechung des BGH kann ein Wechselmodell notfalls auch gegen den Willen des anderen Elternteils durchgesetzt werden. Die Hürden hierfür sind aber nach unserer Erfahrung hoch, denn der BGH macht zusätzlich für die Errichtung eines Wechselmodells die Kommunikationsfähigkeit beider Elternteile zur Voraussetzung. Damit kann in der Praxis ein Wechselmodell derzeit dadurch verhindert werden, dass ein Elternteil die Kommunikation mit dem anderen Elternteil einstellt.

Insofern ist die politisch und derzeit in den Medien diskutierte Frage, ob in Deutschland das Wechselmodell nach einer Trennung zum Regelfall erklärt werden soll, auch juristisch sehr interessant. Denn selbst Eltern, die für sich und ihre Kinder ein Wechselmodell wünschen, stehen aufgrund der geltenden Rechtslage vor vielen Hürden:

So gibt es beispielsweise die Steuerklasse 2 nur für den Elternteil, bei dem das Kind gemeldet ist; sofern Eltern nur ein Kind haben, kann damit auch nur ein Elternteil die Steuerklasse 2 erhalten. Auch beim Kindergeld gibt es ähnliche Probleme. Zudem ist die korrekte Berechnung des Unterhalts bei einem Wechselmodell äußerst aufwendig. 

Bejaht das Familiengericht hingegen ein Übergewicht der Betreuung durch einen Elternteil, kann dieser den vollen Unterhaltsanspruch gegen den anderen Elternteil durchsetzen. Es macht also nach geltendem Recht keinerlei Unterschied, ob ein Elternteil seine Kinder beispielsweise überhaupt nicht sieht/betreut oder ob die Kinder 40 % der gesamten Zeit bei ihm verbringen. In beiden Fällen würde der weniger betreuende Elternteil nach derzeitigem Recht den vollen Unterhalt bezahlen.

Es bleibt zu hoffen, dass der Erkenntnis der Bundesjustizministerin Barley (SPD) im Interview mit dem Magazin „Der Spiegel“ vom 09.02.19, Seite 19, politische Taten folgen: „Wir müssen es schaffen, eine faire Lösung zu finden. Es kann ja nicht sein, dass sich jemand etwa zur Hälfte um sein Kind kümmert, aber am Ende genauso viel Unterhalt zahlen muss wie jemand, der sein Kind jedes zweite Wochenende sieht.“ 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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