Zu den Anforderungen an eine Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren zur Nachtzeit

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Das OLG Celle hatte sich mit Fragen im Zusammenhang mit einer Geschwindigkeitsmessung durch Hinterherfahren zur Nachtzeit zu befassen.

Dabei hat das Gericht geurteilt, dass im Urteil zu den Feststellungen zur Messung einer Geschwindigkeitsüberschreitung durch Hinterherfahren zur Nachtzeit sich grundsätzlich auch ergeben muss, an welchen äußeren Anzeichen die Messbeamten die Einhaltung des gleichbleibenden Abstandes zum gemessenen Fahrzeug erkannt haben. Solcher Feststellungen soll es allerdings dann nicht bedürfen, wenn sich das gemessene Fahrzeug ständig im Lichtkegel des folgenden Polizeifahrzeuges befand.

Im entschiedenen Fall war der Betroffene wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h innerhalb geschlossener Ortschaft um 28 km/h zu einer Geldbuße von 100 € und einem Fahrverbot von einem Monat verurteilt. Er fuhr im Mai gegen 22:45 Uhr mit seinem Pkw auf einer Landstraße und fiel den Polizeibeamten durch eine augenscheinlich überhöhte Geschwindigkeit auf. An dieser Stelle ist die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h beschränkt. Die Polizeibeamten schlossen mit ihrem Fahrzeug zu dem Fahrzeug des Betroffenen bis auf eine Distanz von ca. 30 m auf und folgten ihm dann auf einer Strecke von insgesamt 500 m gleichbleibend mit diesem Abstand. Der nicht geeichte Tacho des Polizeifahrzeuges zeigte über die gesamte Strecke eine Geschwindigkeit von 72 km/h an. Von diesem abgelesenen Wert hat das Amtsgericht einen Sicherheitsabschlag von 20 % vorgenommen. Danach ergibt sich eine Geschwindigkeit des Betroffenen von 58 km/h, mithin eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 28 km/h.

Bei einer Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren handelt es sich nach Ansicht des OLG Celle nicht um ein standardisiertes technisches Verfahren im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Deshalb müsse sich der Tatrichter in jedem Einzelfall mit der Zuverlässigkeit dieser Messung und der Einhaltung der Verwertbarkeitsvoraussetzungen auseinandersetzen.

Das OLG fordert bei der Messung durch Nachfahren zur Nachtzeit Feststellungen zur Sicht und zur Beleuchtungssituation vor Ort, um die Zuverlässigkeit der Messung des stets gleichbleibenden Abstandes und der Messstrecke nachvollziehen zu können (vgl. etwa OLG Hamm VRR 2012, 36). Dies gelte umso mehr, je größer der Abstand im Einzelfall ist, insbesondere bei Abständen von 100 m und mehr außerhalb geschlossener Ortschaften werden zum Teil eingehende Feststellungen zu den Sichtverhältnissen und zu eventuellen Orientierungspunkten zur Überprüfung der Messbedingungen verlangt (so insb. OLG Hamm a. a. O. VRR 2012, 36; OLG Hamm VRS 113,112; OLG Hamm a. a. O. NJW 2007, 1298; einschränkend OLG Jena a. a. O.; OLG Düsseldorf VRR 2008, 11). Beträgt der Abstand indes deutlich weniger als 100 m, so bedürfe es solcher Feststellungen nur noch bei besonders ungünstigen Sichtverhältnissen (vgl. OLG Köln DAR 2008, 654: 50 m). Selbst bei einem Abstand von 100 m innerhalb geschlossener Ortschaft soll es ausreichen, sich an den Scheinwerfern des nachfahrenden Polizeifahrzeuges zu orientieren, ohne dass es zusätzlicher Feststellungen zur übrigen Beleuchtung vor Ort bedürfte (vgl. OLG Jena a. a. O.).

Wenn der Abstand zwischen dem Fahrzeug des Betroffenen und dem Polizeifahrzeug über eine Strecke von 500 m gleichbleibend nur 30 m betrug, sodass das Fahrzeug des Betroffenen sich ständig im Lichtkegel des nachfahrenden Polizeifahrzeuges befand (vgl. zur Reichweite moderner Scheinwerferanlagen Daur in Hentschel/König/Daur, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl., § 50 StVZO Rdnr. 15) genügt jedoch die Feststellung, dass die Polizeibeamten in dem folgenden Fahrzeug im Lichtkegel ihres Fahrzeuges jederzeit erkennen konnten, ob sich der Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug verkürzt, verlängert oder gleich bleibt.

(vgl. OLG Celle, Beschl. v. 11.03.2013 - 322 SsBs 69/13)



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