Anspruch auf Entschädigung bei Verbot der Tätigkeit oder Quarantäne

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Von Roger Gabor

Coronavirus Sars-CoV-2, Auslöser der Lungenkrankheit Covid-19: Betriebe geschlossen. Ausgang beschränkt, Kontaktverbot: Wer hat Ansprüche auf Entschädigungen?

Eine Entschädigung erhalten Selbstständige und Freiberufler*innen, wenn sie selber erkrankt sind und unter Quarantäne gestellt wurden. Dieser Anspruch findet sich im Bundesgesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten, Paragraf 56. Die Höhe der Entschädigung bemisst sich grundsätzlich am letzten Jahreseinnahmen – laut Steuerbescheid. Warum ist Rechtsrat nötig? Weil es keinen vollen Schadensausgleich gibt.

Nur eine Billigkeitsregelung

Problem nämlich: Es handelt sich um eine Billigkeitsregelung. Das Gesetz gewährt nur eine gewisse Sicherung. Entschädigung für die ersten sechs Wochen wird in Höhe des Verdienstausfalls gewährt. Berechnungsgrundlage für den Verdienstausfall ist das bisherige Nettoarbeitsentgelt. Sonstige Vermögenseinbußen, z. B. entgangener Gewinn, frustrierte Aufwendungen etwa wegen nicht angetretener Urlaubsreise, werden nicht ersetzt.

Ab der siebenten Woche gibt es Entschädigung nur noch in Höhe des Krankengelds nach § 47 Abs. 1 SGB V. Problem: Aber auch nur dann, wenn der Verdienstausfall die für die gesetzliche Krankenversicherungspflicht maßgebende Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht übersteigt. Selbstständige, die viel verdient (und viel Steuern bezahlt) haben, sind also gekniffen. Bei existenzgefährdender Stilllegung des Betriebs können sie Antrag auf Entschädigung der nicht gedeckten Betriebsausgaben stellen.

Kein Verdienstausfall besteht solange, wie dem Betroffenen auf gesetzlicher oder vertraglicher Basis ein Lohn- oder Gehaltsfortzahlungsanspruch zusteht.

Für den Nachweis des Einkommens genügt eine Bescheinigung des Arbeitgebers. Bei Selbstständigen ist ein Zwölftel des Arbeitseinkommens (§ 15 SGB IV) aus der entschädigungspflichtigen Tätigkeit zugrunde zu legen. Hierzu bedarf es einer Bescheinigung des Finanzamts, die sich auf das zuletzt nachgewiesene Jahreseinkommen (und damit unter Umständen auf einen länger zurückliegenden Zeitraum) bezieht. Bei Selbstständigen, die noch nicht als solche veranlagt sind, muss laut amtlicher Begründung auf das Einkommen vergleichbarer Berufsgruppen oder Gewerbezweige abgestellt werden.

Wer durchs Raster fällt: Preußisches Allgemeines Landrecht

Sonderfälle, die durchs Raster fallen: Soweit das Gesetz eine Regelungslücke enthält, kann in diesen Fällen an einen Aufopferungsanspruch auf Basis des Rechtsgedankens der §§ 74, 75 der Einleitung zum Preußischen Allgemeinen Landrecht gedacht werden. Eine Aufopferung liegt vor, wenn: durch einen (rechtmäßigen oder rechtswidrigen, gezielten oder ungezielten) hoheitlichen Eingriff nicht vermögenswerte Rechte (Leben, Gesundheit, körperliche Unversehrtheit und Freiheit im Sinne körperlicher Bewegungsfreiheit) unmittelbar beeinträchtigt werden, dies für den betroffenen Bürger ein Sonderopfer in Gestalt eines Vermögensschadens darstellt und der Eingriff durch das Allgemeinwohl motiviert ist. Zusätzlich wird verlangt, dass keine Rechtsmittel schuldhaft versäumt wurden. Der Aufopferungsanspruch ist vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen und geht auf Entschädigungsleistung in Geld (Geldersatz).

Diesen Anspruch ohne Rechtsrat einfordern, ist nahezu unmöglich.

Unbürokratische Abwicklung?

Je nach Bundesland unterscheidet sich die Zuständigkeit der Behörden nach Paragraf 56 IfSG. Um eine möglichst unbürokratische Abwicklung sicherzustellen, wird per Gesetz der Arbeitgeber verpflichtet, für die Dauer des Arbeitsverhältnisses, längstens für sechs Wochen, die Entschädigung für die zuständige Behörde auszuzahlen. Im Anschluss werden die ausgezahlten Beträge dem Arbeitgeber auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet.

Eine Erstattung erfolgt aber nur dann und nur in der Höhe, in der ein Entschädigungsanspruch nach Paragraf 56 IfSG tatsächlich bestand. Zahlt der Arbeitgeber fälschlicherweise einen zu hohen Betrag aus oder bestanden Ansprüche nicht, besteht insoweit kein Anspruch auf Rückerstattung gegen die Behörde, vielmehr dann gegen den betroffenen Arbeitnehmer.

Nach Ablauf von sechs Wochen wird die Entschädigung dem Berechtigten direkt von der zuständigen Behörde auf Antrag gewährt.

Fristen

Für Entschädigungsanträge gilt eine 3-Monats-Frist. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine Ausschlussfrist. Juristen sprechen von einer Ordnungsfrist. Es liegt damit im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Behörde, ob sie einen nach Ablauf der Frist eingegangenen Antrag noch positiv bescheidet oder als verspätet zurückweist. Im Zweifel sind zusätzliche landesrechtliche Fristen, z. B. in Bayern, hinsichtlich des Erlöschens von Ansprüchen gegen den Staat zu prüfen.

Vorschuss

Paragraf 56 IfSG gewährt dem Arbeitgeber einen Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses in der voraussichtlichen Höhe des Erstattungsbetrages, der den in Heimarbeit Beschäftigten und Selbstständigen in der voraussichtlichen Höhe der Entschädigung zusteht.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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