Auswahlkriterien bei begrenzter Aufnahmekapazität von Gymnasien/Oberschulen

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Auch im Umlenkungsverfahren (besser: 2. Auswahlverfahren) muss die Schulleitung der Zweitwunschschule über die Aufnahme entscheiden.

Bestehen auch hier Kapazitätsengpässe, müssen dieselben Auswahlkriterien wie im 1. Auswahlverfahren zugrunde gelegt werden.


Auch in diesem Jahr gab es bei einigen weiterführenden Schulen, insbesondere Gymnasien, Kapazitätsengpässe, so dass nicht jeder Erstwunsch, den die Eltern für ihr Kind bei einem Aufnahmeantrag angegeben hatten, berücksichtigt werden konnte. Sind mehr Anmeldungen erfolgt als Plätze zur Verfügung stehen, hat die Schulleitung ein Auswahlverfahren durchzuführen. Dabei darf die Schule nach der Rechtsprechung zunächst Geschwisterkinder sowie Schüler*innen, die in der näheren Umgebung der Schule wohnen, vorrangig berücksichtigen. Die dann noch freien Plätze werden im Losverfahren vergeben. Sofern dieses korrekt durchgeführt worden ist, kann die Nichtberücksichtigung des eigenen Kindes kaum mit Aussicht auf Erfolg angegriffen werden. 
 
 Nach welchen Regeln hat aber die Zuweisung in dem „Umlenkungsverfahren“ zu erfolgen? Wer trifft hier nach welchen Kriterien die Entscheidung über die Zuweisung auf die freien Plätze einer Schule, wenn es aufgrund der angegebenen Zweitwünsche auch hier zu Kapazitätsengpässen kommt? Die Antwort ist so einfach wie klar: Auch hier hat das Auswahlverfahren nach denselben Kriterien abzulaufen wie in der „ersten Runde“!

Gem. § 6 Abs. 4 Satz 1 SOMIA bzw. § 3 Abs. 3 Satz 1, 1. Halbsatz SOGYA entscheidet der Schulleiter/die Schulleiterin im Rahmen der verfügbaren Ausbildungsplätze über die Aufnahme. Weitere gesetzliche Vorschriften über  das  Aufnahmeverfahren bestehen nicht. Die Schulleitung hat nach den o.g. sachgerechten Kriterien zu entscheiden. Wenn das Erstwunsch-Auswahlverfahren durchgeführt wurde, sind entweder alle verfügbaren Plätze einer Schule vergeben oder es sind noch Plätze frei. In letzterem Fall beginnt ein weiteres Auswahlverfahren; auch dort entscheidet – mangels anderer gesetzlicher Vorgaben – die Schulleitung nach sachlichen Kriterien. Dabei ist der Zweitwunsch der Eltern der Schüler, der nach dem Anmeldeformular anzugeben ist, zu berücksichtigen. Durch die Nicht-Aufnahme an der Erstwunsch-Schule entsteht kein Vakuum, sondern die Fiktion der Anmeldung an der Zweitwunsch-Schule, die allerdings erst im Zweitwunsch-Verfahren zu berücksichtigen ist (so VG Dresden, Beschl. vom 9. Juli 2015 – 5 L 526/15 –, juris, vgl. auch SächsOVG, Beschl. v. 4.3.2015 – 2 B 208/14). 


Rechtswidrig ist daher die Auswahlentscheidung in der zweiten Runde in jedem Falle dann, wenn nicht die Schulleitung der Zweitwunschschule, sondern die Sächsische Bildungsagentur das – quasi zweite – Auswahlverfahren durchgeführt hat. Das gilt auch dann, wenn die Sächsische Bildungsagentur dieses Verfahren gemeinsam mit den Schulleitern durchführt (VG Dresden, aaO).


Die Verwaltungsvorgänge zu dem „Zweitwunsch-Auswahlverfahren“ hat die Sächsische Bildungsagentur spätestens im gerichtlichen Verfahren vorzulegen.


Nimmt die Schule entgegen den gesetzlichen Regelungen Schüler auf, verkürzt sie den Zugangsanspruch anderer Bewerber und muss diese bis an die Grenze der Funktionsfähigkeit der Schule zusätzlich aufnehmen. Zusätzliche Plätze, die als Ausgleich für rechtswidrig vergebene Plätze bereit gestellt werden müssen, sind an diejenigen Bewerber zu vergeben, die ein Rechtsmittel gegen ihre rechtswidrige Abweisung eingelegt haben; ihnen kann ein besserer Rang solcher Bewerber, die sich mit der Abweisung abgefunden haben, nicht entgegengehalten werden (so SächsOVG,  Beschl. v. 8.12.2008 – 2 B 316/08, VG Dresden, Beschl. vom 9. Juli 2015 – 5 L 526/15 –, juris).


Dresden, 24.05.2024


Lothar Hermes
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verwaltungsrecht


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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