BFH II R 29/16 - Kosten Zivilprozess als Nachlassregelungskosten bei Erbschaftsteuer abzugsfähig
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BFH II R 29/16
Kosten Zivilprozess als Nachlassregelungskosten bei Erbschaftssteuer abzugsfähig
RA und Notar Krau
Das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 6. November 2019 befasst sich mit der Abzugsfähigkeit von Kosten eines Zivilprozesses als Nachlassverbindlichkeiten gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG).
Im zugrunde liegenden Fall hatte der Erblasser, der am 24. Februar 1999 verstorben war, ein Wertpapierdepot hinterlassen, das nach seinem Tod durch einen „Treuhandvertrag“ von einer Bank aufgelöst und der Erlös an bestimmte Begünstigte ausgezahlt werden sollte.
Die Erben des Erblassers, seine Nichte H und sein Neffe B, bestritten die Geschäftsfähigkeit des Erblassers beim Abschluss des Treuhandvertrags und klagten gegen die Bank auf Herausgabe des Depots.
Das Gericht gab den Erben recht, indem es entschied, dass das Depot Teil des Nachlasses sei.
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Des Weiteren forderten die Erben die Herausgabe einer Porzellansammlung und führten einen Rechtsstreit bezüglich eines vermieteten Grundstücks.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage der Erben ab, die Prozesskosten als Nachlassverbindlichkeiten abzuziehen.
Es argumentierte, dass diese Kosten im wirtschaftlichen Zusammenhang mit Vermögensgegenständen stünden, die nicht der Erbschaftsteuer unterlägen (§ 10 Abs. 6 Satz 1 ErbStG), und dass die Kosten im Zusammenhang mit dem Verkauf von Nachlassgegenständen stünden.
Die Klägerin, Alleinerbin des Miterben B, argumentierte, dass nicht das Wertpapierdepot, sondern ein Herausgabeanspruch gegen die Bank zu bewerten sei und dass die Prozesskosten abzugsfähig seien.
Der BFH entschied, dass Prozesskosten, die einem Erben zur gerichtlichen Geltendmachung vermeintlicher Nachlassansprüche entstehen, grundsätzlich als Nachlassverbindlichkeiten abziehbar sind, sofern sie in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Erwerb von Todes wegen stehen.
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§ 10 Abs. 6 Satz 1 ErbStG stehe dem Abzug nicht entgegen, da diese Vorschrift nur für vom Erblasser begründete Schulden und Lasten gilt.
Das FG hatte jedoch nicht geprüft, ob ein solcher Zusammenhang der Prozesskosten mit dem Erwerb vorlag, weshalb der BFH das Urteil aufhob und die Sache zur erneuten Entscheidung an das FG zurückverwies.
Der BFH stellte außerdem fest, dass die Wertpapiere mit dem Kurswert am Todestag des Erblassers zu bewerten seien.
Wertveränderungen nach dem Stichtag seien nicht zu berücksichtigen, unabhängig davon, ob der Erbe faktisch oder rechtlich über den Gegenstand verfügen könne.
Die Kosten des Rechtsstreits um die Mietwohnung seien nicht als Nachlassregelungskosten abzugsfähig, da sie im Zusammenhang mit der Nachlassverwertung und nicht mit der Regelung des Nachlasses standen.
Die Nachlassregelungskosten sind die Kosten, die im Zusammenhang mit der Verwaltung und Abwicklung eines Nachlasses anfallen.
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Diese Kosten können eine Vielzahl von Posten umfassen, abhängig von der Komplexität des Nachlasses und den spezifischen Umständen des Erblassers.
Zu den typischen Nachlassregelungskosten gehören:
- Gerichtskosten: Gebühren, die für die Beantragung eines Erbscheins oder die Eröffnung eines Testaments anfallen.
- Notarkosten: Kosten für die Beurkundung von Erklärungen, Vollmachten oder anderen notwendigen Dokumenten.
- Anwaltskosten: Gebühren für rechtliche Beratung und Unterstützung bei der Nachlassabwicklung, insbesondere wenn der Nachlass kompliziert ist oder Streitigkeiten zwischen Erben bestehen.
- Steuerberatungskosten: Gebühren für die Unterstützung bei der Erstellung von Steuererklärungen und der Berechnung eventueller Erbschaftssteuern.
- Kosten für Nachlasspfleger oder Testamentsvollstrecker: Falls ein Nachlasspfleger oder Testamentsvollstrecker eingesetzt wird, fallen auch hierfür Gebühren an.
- Kosten für Gutachter: Falls Immobilien oder andere Vermögenswerte bewertet werden müssen, können Gutachterkosten anfallen.
- Sonstige Verwaltungskosten: Kosten, die bei der Verwaltung des Nachlasses anfallen können, wie z.B. Bankgebühren, Kosten für die Instandhaltung von Immobilien oder das Verkaufen von Nachlassgegenständen.
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Diese Kosten können vom Nachlass selbst getragen werden, was bedeutet, dass sie vor der Verteilung des Erbes an die Erben beglichen werden müssen.
Es ist wichtig, bei der Planung des Nachlasses auch die potenziellen Nachlassregelungskosten zu berücksichtigen, um sicherzustellen, dass genügend liquide Mittel im Nachlass vorhanden sind, um diese Kosten zu decken.
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