Datenrecht und Lauterkeitsrecht im digitalen Zeitalter
- 4 Minuten Lesezeit
Teil 4: Lauterkeitsrecht im KI-Zeitalter: Ein Leitfaden für Unternehmen
Autoren: Rechtsanwalt Dr. Marc Laukemann und Rechtsanwalt Babak Tabeshian
Einleitung
Künstliche Intelligenz (KI) revolutioniert viele Bereiche der Wirtschaft, bringt aber auch rechtliche Herausforderungen im Wettbewerbsrecht mit sich. In unserer vierteiligen Artikelserie beschäftigen wir uns mit folgenden Fragestellungen:
Datenrecht und Lauterkeitsrecht im digitalen Zeitalter
- Teil 1: Einführung in das neue Datenrecht der EU
- Überblick über Digital Services Act (DSA) und Digital Markets Act (DMA)
- Praxisbeispiele und Handlungsempfehlungen für Unternehmen
- Teil 2: Auswirkungen des Digital Services Acts auf Online-Marketing
- Verbot von Dark Patterns und Transparenzanforderungen
- Praxisbeispiele und Handlungsempfehlungen für Unternehmen
- Teil 3: Methoden des Dark Patterns und ihre Regulierung
- Definition und Beispiele von Dark Patterns
- Erkennung und Vermeidung von manipulativen Praktiken
- Praxisbeispiele und Handlungsempfehlungen für Unternehmen
- Teil 4: Lauterkeitsrecht im KI-Zeitalter: Ein Leitfaden für Unternehmen
- Verantwortung und Haftung für KI-Systeme
- Transparenzpflichten und Personalisierungsmethoden
- Zukunft des Lauterkeitsrechts und Handlungsempfehlungen
In diesem Artikel beleuchten wir die wichtigsten Aspekte des Lauterkeitsrechts im Zusammenhang mit künstlicher Intelligenz (KI).
Verantwortung für KI-Systeme
1. Haftung und Zurechnung
KI-Systeme können eigenständig agieren und Entscheidungen treffen. Für Unternehmen stellt sich die Frage, wer für das Verhalten dieser Systeme verantwortlich ist. Grundsätzlich gilt, dass das Unternehmen, das die KI einsetzt, für deren Handlungen haftet (§ 8 Abs. 2 UWG).
2. Beispiele und Praxisempfehlungen
- Beispiel: Ein Online-Händler, der eine KI-basierte Preisgestaltung nutzt, ist für alle Preisänderungen verantwortlich, die durch das System vorgenommen werden, auch wenn diese Änderungen unlauter sind.
- Praxisempfehlung: Implementieren Sie klare Verantwortungsstrukturen und überwachen Sie die Entscheidungen Ihrer KI-Systeme kontinuierlich.
Algorithmentransparenz
1. Transparenzpflichten
Die Funktionsweise von Algorithmen muss für Nutzer verständlich sein, insbesondere bei Online-Marktplätzen und Suchmaschinen. Unternehmen sind verpflichtet, die Hauptparameter, die das Ranking bestimmen, offenzulegen (Art. 5 P2B-Verordnung, § 5b UWG).
2. Beispiele und Praxisempfehlungen
- Beispiel: Amazon muss offenlegen, wenn Produkte aufgrund von Entgeltzahlungen prominenter platziert sind.
- Praxisempfehlung: Unternehmen sollten klare und verständliche Informationsseiten bereitstellen, die die Funktionsweise ihrer Algorithmen erklären.
Personalisierungsmethoden
1. Irreführung durch Personalisierung
Personalisierte Werbung und Preisgestaltung müssen transparent sein, um Irreführung zu vermeiden. Wenn personenbezogene Daten verwendet werden, müssen Verbraucher umfassend aufgeklärt werden (Art. 4 Nr. 4 DSGVO, § 5a UWG).
2. Beispiele und Praxisempfehlungen
- Beispiel: Ein Online-Shop, der Preise basierend auf dem Surfverhalten anpasst, muss dies klar kommunizieren und den Nutzern die Möglichkeit bieten, diese Funktion zu deaktivieren.
- Praxisempfehlung: Entwickeln Sie transparente Datenschutzrichtlinien und informieren Sie Ihre Nutzer umfassend über den Einsatz von personalisierten Methoden.
3. Aggressive geschäftliche Handlungen
Personalisierte Werbung kann als aggressive geschäftliche Handlung eingestuft werden, wenn sie Druck auf den Verbraucher ausübt und dessen Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt (§ 4a UWG).
4. Beispiele und Praxisempfehlungen
- Beispiel: Ein Chatbot, der Kunden ständig unter Druck setzt, einen Kauf zu tätigen, könnte als aggressiv und unlauter bewertet werden.
- Praxisempfehlung: Überprüfen Sie die Interaktionen Ihrer KI-Systeme regelmäßig, um sicherzustellen, dass keine aggressiven Verkaufsstrategien angewendet werden.
Weitere Fallgruppen und Regelungen
1. KI-emergente Unlauterkeit
KI-Systeme können unlautere Verhaltensweisen entwickeln, die ohne menschliches Zutun entstehen. Diese selbstoptimierenden Systeme können irreführende Werbung oder aggressive Verkaufsstrategien anwenden (§ 7 UWG, § 4 Nr. 4 UWG).
2. Beispiele und Praxisempfehlungen
- Beispiel: Ein KI-gesteuerter Chatbot, der wiederholt unerwünschte Nachrichten sendet, könnte gegen § 7 UWG verstoßen.
- Praxisempfehlung: Implementieren Sie Mechanismen zur Überwachung und Kontrolle der automatisierten Kommunikation Ihrer KI-Systeme.
Zukunft des Lauterkeitsrechts
1. Herausforderungen und Ausblick
Die Regulierung der KI im Lauterkeitsrecht steht noch am Anfang. Es wird erwartet, dass die Gesetzgebung weiterentwickelt wird, um die Herausforderungen des KI-gesteuerten Wettbewerbs besser zu bewältigen.
2. Handlungsempfehlungen
- Transparenz sicherstellen: Offene und klare Kommunikation über die Funktionsweise von Algorithmen und personalisierten Methoden.
- Kontinuierliche Überwachung: Regelmäßige Kontrolle der eingesetzten KI-Systeme, um unfaire Praktiken zu verhindern.
- Rechtliche Beratung: Zusammenarbeit mit Fachanwälten, um sicherzustellen, dass der Einsatz von KI den gesetzlichen Vorgaben entspricht.
Fazit
Durch diese Maßnahmen können Unternehmen die Vorteile von KI nutzen und gleichzeitig die gesetzlichen Anforderungen einhalten, um einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten.
Über die Autoren
Rechtsanwalt Dr. Marc Laukemann ist Gründungspartner von LFR Wirtschaftsanwälte und unter anderem Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz. Er beschäftigt sich seit Jahren mit digitalen Geschäftsmodellen. Rechtsanwalt Babak Tabeshian, LL.M. ist Fachanwalt für IT-Recht, Partner und spezialisiert auf internationales IT-Vertriebsrecht. Weitere Informationen finden Sie auf LFR Wirtschaftsanwälte.
Gesamter Überblick
Die vierteilige Artikelserie „Datenrecht und Lauterkeitsrecht im digitalen Zeitalter“ bietet internationalen Unternehmen einen umfassenden Einblick in die neuen Regelungen und deren praktische Umsetzung im deutschen Markt.
Teil 1 bietet eine Einführung in das neue Datenrecht der EU, wobei der Digital Services Act (DSA) und der Digital Markets Act (DMA) im Fokus stehen.
Teil 2 beleuchtet die konkreten Auswirkungen des DSA auf das Online-Marketing, einschließlich des Verbots von Dark Patterns und Transparenzanforderungen.
Teil 3 erklärt die Methoden des Dark Patterns und deren Regulierung durch den DSA, mit Praxisbeispielen und Handlungsempfehlungen zur Erkennung und Vermeidung manipulativer Praktiken.
Teil 4 gibt einen Leitfaden für Unternehmen im Umgang mit Lauterkeitsrecht im KI-Zeitalter, mit einem Fokus auf Verantwortung, Haftung und Transparenzpflichten für KI-Systeme.
Die Autoren Dr. Marc Laukemann und Babak Tabeshian bieten durch ihre langjährige Erfahrung und Expertise wertvolle Einblicke und praktische Tipps, um den rechtlichen Herausforderungen im digitalen Zeitalter gerecht zu werden.
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