DocMorris beim BGH erfolgreich: Nutzungsgebühr kein unzulässiges Rezeptmakeln

  • 3 Minuten Lesezeit

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit seinem Urteil vom 20. Februar 2025 (Az.: I ZR 46/24) das Geschäftsmodell der Online-Apothekenplattform DocMorris gestärkt und festgestellt, dass die von DocMorris erhobene Nutzungsgebühr nicht gegen das Verbot des Rezeptmakelns gemäß § 11 Abs. 1a Apothekengesetz (ApoG) verstößt. Die Apothekerkammer Nordrhein hatte zuvor gegen DocMorris geklagt und argumentiert, dass die von teilnehmenden Apotheken entrichteten Gebühren einen unzulässigen wirtschaftlichen Einfluss auf den Rezeptfluss darstellen würden.


Hintergrund des Falls


DocMorris betreibt eine Plattform, auf der Apotheken rezeptfreie Produkte verkaufen und zukünftig auch E-Rezepte einlösen können. Apotheken, die einen Partnervertrag mit DocMorris abschließen, zahlen eine pauschale Nutzungsgebühr sowie eine Transaktionsgebühr von 10 % des Verkaufspreises für nicht verschreibungspflichtige Medikamente.


Die Apothekerkammer Nordrhein hatte gegen dieses Modell zwei wesentliche Vorwürfe erhoben:


  1. Verstoß gegen das Fremdbesitzverbot nach § 8 Satz 2 ApoG: Die Kammer argumentierte, dass die Umsatzbeteiligung von DocMorris eine unzulässige wirtschaftliche Einflussnahme auf die Apotheken darstelle.
  2. Verstoß gegen das Rezeptmakelverbot nach § 11 Abs. 1a ApoG: Die Nutzungsgebühr sei eine unzulässige Vergütung für die Vermittlung von Rezepten.

Entscheidung des BGH


Der BGH folgte der Argumentation der Apothekerkammer nicht und bestätigte weitgehend die Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG):


  • Die monatliche Grundgebühr, die DocMorris erhebt, stelle keine unzulässige Vergütung für das Makeln von Rezepten dar. Der entscheidende Faktor sei, dass kein direkter Zusammenhang zwischen der Gebühr und der Vermittlung von Rezepten bestehe. Das Verbot des Rezeptmakelns setze laut BGH voraus, dass eine Vergütung gezielt für das Sammeln oder Weiterleiten von Rezepten gezahlt werde, was hier nicht der Fall sei.
  • Die Vorschrift solle Apotheken davor schützen, unter wirtschaftlichen Druck zu geraten, sich einer bestimmten Plattform anzuschließen. Da die Nutzungsgebühr jedoch unabhängig von der Anzahl der vermittelten Rezepte erhoben werde, liege keine unzulässige Beeinflussung vor.

Transaktionsgebühr: Teilweise Rüge des OLG durch den BGH


Eine Korrektur nahm der BGH jedoch in Bezug auf die Transaktionsgebühr vor. Das OLG hatte befunden, dass die Umsatzbeteiligung von 10 % gegen das Fremdbesitzverbot nach § 8 Satz 2 ApoG in Verbindung mit § 3a UWG verstößt, da DocMorris eine wirtschaftliche Abhängigkeit der Apotheken schaffen könnte.

Der BGH stellte klar, dass eine solche Umsatzbeteiligung nur dann unzulässig sei, wenn der größte Teil des Umsatzes einer Apotheke über DocMorris generiert werde, wodurch eine faktische wirtschaftliche Abhängigkeit entstehe. Diese Prüfung sei vom OLG jedoch nicht ausreichend vorgenommen worden, weshalb das Verfahren insoweit zur erneuten Entscheidung an das OLG zurückverwiesen wurde.


Folgen für Apotheken


Das Urteil hat weitreichende Konsequenzen für deutsche Apotheken:

  • Das Grundsatzurteil bestätigt, dass Apotheken Plattformgebühren zahlen dürfen, ohne dass dies als unzulässiges Rezeptmakeln gewertet wird.
  • Die Entscheidung gibt Online-Apotheken mehr Rechtssicherheit für digitale Vertriebsmodelle, insbesondere im Hinblick auf die Nutzung von E-Rezepten.
  • Die genaue Zulässigkeit von umsatzabhängigen Gebühren bleibt jedoch weiterhin eine Frage der wirtschaftlichen Abhängigkeit der einzelnen Apotheken, die in weiteren Verfahren noch präzisiert werden muss.


Fazit


Das BGH-Urteil bedeutet eine Stärkung digitaler Plattformmodelle im Apothekenbereich und erlaubt DocMorris, weiterhin Nutzungsgebühren von Partnerapotheken zu erheben. Gleichzeitig bleibt die Frage der Umsatzbeteiligung offen, da das OLG hierzu eine genauere wirtschaftliche Prüfung vornehmen muss. Für Apotheken bedeutet dies mehr Klarheit beim Betrieb von Online-Vertriebskanälen, jedoch auch die Notwendigkeit, wirtschaftliche Abhängigkeiten von einzelnen Plattformen sorgfältig zu überprüfen.


Quelle: BGH, Urt. v. 20.02.2025, Az. I ZR 46/24


Marcel Schmieder
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Medizinrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Foto(s): @ BSKP Dresden

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Marcel Schmieder