Ein Motorboot ist eben kein Auto!

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Bei einem unserer letzten Fälle vor Gericht ging es um die Kosten der Reparatur eines havarierten Bootes. 

Unser Mandant, ein Bootshändler mit angeschlossener Werkstatt, wurde von dem Bootseigner verklagt. Sein Boot war auf Grund gelaufen und die Schiffsschrauben beider Motoren wurden durch den Kontakt mit dem Grund so stark abgebremst, dass die Getriebe der Motoren beschädigt wurden. Der Bootseigner hatte es besonders eilig und beauftragte meinen Mandanten mit der Reparatur der Bootsantriebe bevor noch der Gutachter im Auftrag der Bootsversicherung den Schaden begutachtet hatte. Und das entgegen des ausdrücklichen Rat meines Mandanten. 


Die Mandantschaft wurde beauftragt, „alles an den beiden Antrieben zu reparieren, was er für nötig hält“. Denn der Eigner wollte nach den Reparaturen mit dem Boot in den Urlaub ans Meer fahren. 


Es wurden beide Antriebe des Bootes genau untersucht. Dabei wurden an beiden Bootsantrieben Beschädigungen festgestellt. Bei dem einen der beiden Motoren war ein grosses Zahnrad im Getriebe aufgrund der enormen Kräfte abgeschert. Der Motor drehte zwar, aber die Schiffsschraube eben nicht mehr. Die Notwendigkeit und auch der Umfang der Reparatur waren also offensichtlich. 

Anders verhielt es sich bei dem anderen Motor. Denn dieser lief noch und brachte auch den üblichen Schub. Hier waren die Schäden also nicht so offensichtlich wie bei dem anderen Motor, aber der Teufel steckt bekanntlich im Detail: in beiden Getriebe-Ölen der Antriebe sah man beim Ablassen jede Menge funkelnd glitzernde Metallspäne. Das Getriebe-Öl des stark beschädigten Motor enthielt aufgrund der grösseren Beschädigungen eine Vielzahl von Metallspäne, aber das Getriebe-Öl des anderen Motors enthielt eben auch Metallspäne.


Metallspäne im Öl zeugen von fortgeschrittenem Verschleiss oder zu starker Belastung der Getriebeteile. Offenbar war eben nicht nur der eine Motor mit dem Grund in Kontakt gekommen, sondern eben auch der andere. Wenn auch vermutlich nicht so stark.

Der Bootseigner wandte sich also gegen meinen Mandanten und verlangte die Reparaturkosten des einen Bootsantriebs erstattet, nachdem seine Versicherung die Beschädigungen nur des anderen Bootsantriebs übernehmen wollte. Die Versicherung begründete ihre Entscheidung damit, dass der andere Motor ja noch einwandfrei funktionierte und somit nicht durch die Havarie beschädigt sein kann. Damit wollte sich der Kunde unseres Mandanten nicht abfinden und klagte. 


Vor Gericht ging es um die Frage des Inhalts des Auftrags, den der Mandant seinerzeit erhalten hatte und um die Frage, ob der eine Bootsantrieb wirklich beschädigt war, da er ja noch funktionierte. Der vom Gericht beauftragte Gutachter war ein KfZ-Gutachter. Er begutachtete die ausgebauten Getriebeteile und konnte erhöhten Verschleiss feststellen. Darüber hinaus gab er an, dass es nur eine Frage der Zeit sei, dass auch dieser Antrieb ausfiele.

War es also „nötig“, auch diesen Antrieb zu reparieren? Das Gericht war sich zunächst unschlüssig. Es galt also zu überzeugen, dass die Reparatur nötig gewesen war und somit vom Auftrag des Bootseigners gedeckt war. 


Der vom Gericht bestellte Gutachter kam aus der Automobilbranche. Bei einem Auto ist es nicht so tragisch, wenn der Motor ausfällt. Lenkung und Bremsen funktionieren mit Einschränkungen weiter. Im Zweifel fährt man rechts auf den Standstreifen und wartet auf den Pannendienst. 


Geht das aber auch bei einem Boot? 


Zieht man den Vergleich zu einem Flugzeug ist die Frage schon leichter zu beantworten. Ein Ausfall eines  Flugmotors kann in einer Katastrophe enden. Nicht anders verhält es sich bei einem Boot. Bei ruhiger See mag die Situation noch vergleichbar mit einer Panne beim Auto sein, aber bei rauher See? Das Boot steht nun mal nicht fest auf dem Boden. Es wird von Wind, Wellen und Strömung permanent in Bewegung versetzt. Auch darf man nicht vergessen, dass mit einem Bootsmotor nicht vor Vorschub erzeugt wird, auch das Abbremsen eines Bootes erfolgt über den Motor, in dem man den „Rückwärtsgang“ einlegt. Der Motor ist also auch die Bremse des Bootes. Beide Motoren sind also verantwortlich für das gesamte Bewegungsspektrum des Bootes.

Aus diesem Gründen sind die Anforderungen an den Zustand der Getriebeteile der Motoren strenger zu bewerten. 


Das Gericht folgte unserer Argumentation und gab meinem Mandanten recht. Der Kläger verlor den Prozess.


In diesem Fall war es wichtig dem Gericht diese technischen Unterschiede und Feinheiten aufzuzeigen. Neben dem juristischen Handwerk hat der zu beauftragende Rechtsanwalt auch technisches Wissen zu vermitteln, gerade wenn es um Sachverhalte geht, die nicht jedem in der Form bekannt sind. 

Wenn auch Sie also vor der Herausforderung stehen, das Gericht oder die Gegenseite in technischen Belangen zu überzeugen, unterstützen wir Sie dabei tatkräftig. Die Kanzlei Charisiadis vertritt Sie in solchen Angelegenheiten durch Erfahrung und Fachkenntnis erfolgreich. Zögern Sie also nicht, uns zu kontaktieren.

Foto(s): Foto von Lukas von Pexels

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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