Festnahme und Verhaftung, was ist zu tun?

  • 3 Minuten Lesezeit

Das Wichtigste bei vorläufiger Festnahme und Verhaftung: 

  • Kontaktieren Sie unbedingt sofort einen Verteidiger oder einen Angehörigen, der dies für Sie übernehmen kann.
  • Machen Sie keine Aussagen, ohne zuvor mit Ihrem Verteidiger gesprochen zu haben. „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold!“

Verhaftung oder Festnahme, was ist der Unterschied?

Vorläufige Festnahme (§ 127 StPO)

Jedermann kann eine Person auf frischer Tat zur Feststellung der Identität festhalten, sogenannter „Jedermann-Paragraph“ (§ 127 Abs. 1 StPO).

Polizei oder Staatsanwaltschaft können eine Person bei Gefahr im Verzug festnehmen (§ 127 Abs. 2 StPO). Dies ist aber zeitlich begrenzt: Wird bis zum Ablauf des folgenden Tages nicht durch den Ermittlungsrichter ein Haftbefehl erlassen, muss der Festgenommene wieder freigelassen werden.

Verhaftung (§§ 112 ff. StPO)

Die Staatsanwaltschaft beantragt beim zuständigen Ermittlungsrichter einen Haftbefehl. Voraussetzung: Der Beschuldigte muss einer Straftat dringend verdächtig sein, es muss ein Haftgrund bestehen (beispielsweise Flucht- oder Verdunkelungsgefahr). Darüber hinaus muss die Haft verhältnismäßig sein im Hinblick auf die vorgeworfene Tat. 

In einigen Fällen ergeht ein Haftbefehl unmittelbar nach einer schweren Straftat, zum Beispiel einem Mord oder einer gefährlichen Körperverletzung. Oft ist es aber so, dass ein Haftbefehl in einem laufenden Ermittlungsverfahren erlassen wird. Häufig weiß die verhaftete Person überhaupt nicht, dass gegen sie, womöglich schon seit Monaten, ermittelt wird und was Polizei und Staatsanwaltschaft schon an Daten über den Beschuldigten und die ihm vorgeworfene Tat gesammelt haben. 

Der Beschuldigte wird nach seiner Festnahme zur Haftbefehlseröffnung dem Ermittlungsrichter vorgeführt. Hier wird der Richter den Beschuldigten knapp über die gegen ihn erhobenen Vorwürfe unterrichten. Der Beschuldigte hat auch die Gelegenheit, Angaben zur Sache zu machen. Spätestens bei diesem Termin sollte ein Verteidiger zur Stelle sein. Dieser kann aufgrund seiner beruflichen Erfahrung abschätzen, welches Verhalten für den Beschuldigten am besten ist. Oft wird der Verteidiger dem Beschuldigten raten, keine Angaben zu machen, weil nicht abzusehen ist, was bereits an Belastendem gegen ihn vorliegt. 

Spätestens bei Verkündung des Haftbefehls hat der Beschuldigte das Recht auf einen Pflichtverteidiger. 

Was passiert weiter?

  • Erstbesuch des Verteidigers
  • Mandantengespräch
  • Haftbefehlseröffnung
  • Akteneinsicht
  • eventuell Rechtsmittel gegen den Haftbefehl

Wenn Sie oder Ihre Angehörigen rechtzeitig einen Verteidiger kontaktiert haben, kann Sie der Verteidiger noch vor der Haftbefehlseröffnung im Polizeigewahrsam besuchen (in München ist dies die Haftanstalt im Polizeipräsidium in der Ettstraße). 

Der Verteidiger wird sich von Ihnen eine Vollmacht erteilen lassen und mit Ihnen ein erstes Gespräch führen, um einen ersten Überblick über die Sache zu bekommen. 

Er wird Sie im Rahmen der Haftbefehlseröffnung verteidigen. Oft gelingt es einem erfahrenen Verteidiger schon in diesem Termin zu erreichen, dass der Haftbefehl gegen Sie aufgehoben oder gegen geeignete Auflagen, z. B. Kaution oder Meldeauflagen, außer Vollzug gesetzt wird. 

Er wird bei der Staatsanwaltschaft unverzüglich Akteneinsicht beantragen, damit er gemeinsam mit Ihnen eine Verteidigungsstrategie entwickeln und gegebenenfalls Rechtsmittel gegen die Verhaftung einlegen kann, wie Haftprüfung oder Haftbeschwerde. 

Im Verlauf des Ermittlungsverfahrens wird der Verteidiger gemeinsam mit Ihnen entscheiden, ob Sie weiterhin von Ihrem Schweigerecht Gebrauch machen, oder ob eine schriftliche Stellungnahme ausgearbeitet werden soll. Möglicherweise ist auch eine Beschuldigtenvernehmung bei der Polizei oder Staatsanwaltschaft denkbar, in der Ihnen Ihr Verteidiger zur Seite steht. 

Haftbefehl nach § 230 StPO

Sind Sie als Angeklagter zu einer Hauptverhandlung ordnungsgemäß geladen, erscheinen aber ohne ausreichende Entschuldigung nicht, kann das Gericht einen Haftbefehl erlassen. Sie werden festgenommen und müssen in der Regel bis zum neuen Hauptverhandlungstermin in Haft bleiben. 

Dem können Sie aber vorbeugen: Sollten Sie an einem Hauptverhandlungstermin aus wichtigen Gründen nicht teilnehmen können, etwa, weil Sie plötzlich krank geworden sind oder auf der Fahrt zum Termin einen Unfall erlitten haben, benachrichtigen Sie sofort Ihren Verteidiger oder das Gericht. Im Fall einer Krankheit hilft oft ein aussagekräftiges Attest eines Arztes, der Ihnen Reise- oder Verhandlungsunfähigkeit bescheinigt. Keinesfalls ist die Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausreichend. Hat das Gericht Zweifel, wird es Sie zum Amtsarzt schicken. 

Vollstreckungshaftbefehl

Wenn ein Verurteilter trotz rechtskräftiger Verurteilung seine Strafe nicht antritt, wird die Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde einen Vollstreckungshaftbefehl erlassen. Der Verurteilte wird festgenommen und in die für ihn zuständige Justizvollzugsanstalt gebracht. 

Dies muss man unbedingt vermeiden. Die Situation eines „Selbststellers“ im Strafvollzug ist wesentlich vorteilhafter als die eines Festgenommenen. Insbesondere Vollzugslockerungen sind bei einem freiwilligen Haftantritt wesentlich leichter möglich, ebenso der offene Vollzug. 

Hier ist es auch für einen versierten Strafverteidiger schwer, etwas für seinen Mandanten zu tun. Im Vorfeld bestehen jedoch durchaus noch Möglichkeiten, z. B. einen Haftaufschub zu erreichen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Beiträge zum Thema