Gescheiterte Unternehmensnachfolge! Gesellschaftsrechtliche Risiken frühzeitig erkennen

  • 5 Minuten Lesezeit

Die Unternehmensnachfolge zählt zu den größten Herausforderungen für mittelständische Betriebe in Deutschland. Schätzungen zufolge steht in den kommenden Jahren bei zehntausenden Unternehmen ein Generationswechsel an. 

Doch nicht selten scheitert dieser Prozess – mit teils gravierenden wirtschaftlichen und rechtlichen Folgen.

Oft mangelt es an einer frühzeitigen Planung, an klaren vertraglichen Regelungen oder an der Einbindung fachkundiger Berater. 

Gesellschaftsrechtliche Konflikte, etwa unter Gesellschaftern oder mit Erben, sind dabei eine der häufigsten Ursachen für das Scheitern.

In diesem Beitrag zeigen wir, welche gesellschaftsrechtlichen Risiken im Rahmen der Unternehmensnachfolge besonders häufig auftreten – und wie sie rechtzeitig erkannt und rechtssicher vermieden werden können.

Gesellschaftsrechtliche Stolpersteine bei der Nachfolge

Die größte Gefahr bei einer Unternehmensnachfolge liegt oft im Detail – und das beginnt bereits im Gesellschaftsvertrag.

Viele Verträge stammen noch aus der Gründungsphase des Unternehmens und wurden nie an veränderte Familienstrukturen oder neue rechtliche Rahmenbedingungen angepasst. 

Wer hier nicht rechtzeitig handelt, riskiert im Ernstfall Konflikte, die das Unternehmen existenziell bedrohen können.

Unklare oder veraltete Regelungen im Gesellschaftsvertrag

Ein häufiger Fehler: Der Gesellschaftsvertrag enthält keine oder nur unzureichende Regelungen zur Nachfolge. Was passiert, wenn ein Gesellschafter stirbt, aus dem Unternehmen ausscheidet oder seine Anteile verkaufen möchte? Ohne klare Vorgaben drohen langwierige Auseinandersetzungen – mit ungewissem Ausgang.

Erbrechtliche versus gesellschaftsrechtliche Interessen

Erben und Gesellschafter sind nicht automatisch dasselbe. Selbst wenn Kinder oder Ehepartner gesetzlich erben, bedeutet das nicht, dass sie auch Gesellschafter werden dürfen oder sollen. 

Gesellschaftsverträge müssen klar regeln, ob und unter welchen Bedingungen Erben in die Gesellschaft eintreten können – oder ob eine Abfindung vorgesehen ist.

Probleme bei Anteilsübertragung und Stimmrechtsverhältnissen

Wer darf Anteile übernehmen – und zu welchen Bedingungen? Werden Anteile auf mehrere Nachfolger verteilt, kann das zu verschobenen Stimmverhältnissen oder Blockadesituationen führen. 

Auch steuerliche Aspekte spielen hier eine große Rolle. Ohne rechtssichere Gestaltung drohen Streit, Kontrollverlust oder sogar eine Zerschlagung des Unternehmens.

Typische Fehler aus der Praxis

Gescheiterte Unternehmensnachfolgen sind selten Zufall – häufig wiederholen sich ähnliche Muster. Wer diese kennt, kann frühzeitig gegensteuern. 

Aus der anwaltlichen Praxis lassen sich insbesondere folgende Fehlerquellen identifizieren:

1. Nachfolge ohne klare Rollenverteilung

Wenn der oder die Nachfolger nicht ausreichend vorbereitet oder mit unklarer Position ins Unternehmen eintritt, sind Konflikte vorprogrammiert. Oft bleibt die „alte Generation“ zu lange in der Verantwortung, während die „neue“ keinen echten Gestaltungsspielraum erhält.

  • Machtverschiebungen bleiben ungeregelt

  • Kompetenzgerangel im operativen Geschäft

  • Verlust von Motivation oder Know-how auf beiden Seiten

2. Mangelhafte Vorbereitung auf den Gesellschafterwechsel

Ein Gesellschafterwechsel ist kein rein formaler Akt – es geht um strategische, rechtliche und oft auch emotionale Weichenstellungen. 

Ohne frühzeitige Planung kommt es schnell zu Friktionen.

  • Fehlende Nachfolgeklauseln im Gesellschaftsvertrag

  • Keine Klarheit über Kaufpreis, Finanzierung oder Abfindung

  • Überraschungseffekte bei Mitgesellschaftern oder Belegschaft

3. Unklare Abfindungsklauseln oder Eintrittsregelungen

Wenn es keine präzisen Regelungen zur Abfindung ausscheidender Gesellschafter gibt, kann das zu wirtschaftlich untragbaren Situationen führen – oder zu jahrelangen Streitigkeiten vor Gericht.

  • Unfaire Bewertungsmethoden

  • Liquiditätsprobleme durch zu hohe Abfindungen

  • Blockaden bei der Anteilsübertragung

Fazit dieses Abschnitts:

Wer typische Fehler kennt, kann sie vermeiden – mit klaren Strukturen, rechtzeitiger Planung und professioneller Beratung.

Wie lassen sich Risiken frühzeitig erkennen?

Viele Probleme in der Unternehmensnachfolge entstehen nicht über Nacht – sie kündigen sich oft lange im Voraus an. Wer frühzeitig hinschaut und strukturiert plant, kann kritische Risiken rechtzeitig entschärfen oder ganz vermeiden. Besonders wichtig sind folgende Maßnahmen:

1. Gesellschaftsvertrag regelmäßig prüfen (lassen)

Der Gesellschaftsvertrag ist das Fundament jeder Unternehmensstruktur – und sollte regelmäßig überprüft und an aktuelle Bedürfnisse angepasst werden.

  • Gibt es Regelungen zur Nachfolge, Abfindung, Ein- und Austritt?

  • Sind die Klauseln noch zeitgemäß und rechtssicher?

  • Stimmen die Regelungen mit dem Erbrecht überein?

2. Rechtzeitige Einbindung von Experten

Nachfolgeplanung ist interdisziplinär – juristische, steuerliche und emotionale Fragen greifen ineinander. Eine enge Zusammenarbeit von Rechtsanwalt, Steuerberater und Notar ist entscheidend.

  • Klare Verhältnisse schaffen, bevor Konflikte entstehen

  • Steuerfallen vermeiden (z. B. bei Schenkung oder Erbschaft)

  • Gestaltungsspielräume optimal nutzen

3. Unternehmensnachfolge als Prozess begreifen – nicht als einmaliges Ereignis

Viele Unternehmer unterschätzen, wie komplex und zeitintensiv eine Nachfolge sein kann. Es reicht nicht, „irgendwann“ einen Nachfolger zu benennen.

  • Frühzeitig mit der Planung beginnen (idealerweise 3–5 Jahre vorher)

  • Nachfolger in Prozesse einbinden und schrittweise Verantwortung übertragen

  • Notfallregelungen für unerwartete Ereignisse treffen

Tipp: Auch in Familienunternehmen lohnt es sich, mögliche Szenarien offen zu besprechen – Konfliktpotenzial lässt sich durch klare Regeln deutlich reduzieren.

Handlungsempfehlungen für Unternehmer

Damit eine Unternehmensnachfolge gelingt, braucht es mehr als nur gute Absichten. Entscheidend ist eine strukturierte Vorbereitung – juristisch, steuerlich und menschlich. Diese fünf Empfehlungen helfen dabei, Risiken zu minimieren und den Generationswechsel erfolgreich zu gestalten:

1. Frühzeitig mit der Nachfolgeplanung beginnen

Eine durchdachte Nachfolge braucht Zeit – mindestens drei bis fünf Jahre. Wer zu spät handelt, gerät leicht unter Druck oder riskiert ungeplante Notlösungen.

  1. Zeitpuffer für Gespräche, Verhandlungen und Umstrukturierungen einplanen

  2. Nachfolger:innen gezielt auf ihre künftige Rolle vorbereiten

  3. Interne und externe Optionen offen prüfen (Familie, MBO, Verkauf etc.)

2. Gesellschaftsvertrag professionell prüfen und anpassen

Veraltete oder lückenhafte Verträge zählen zu den größten Risikofaktoren. Sie sollten gemeinsam mit einem Rechtsanwalt auf Nachfolgetauglichkeit geprüft werden.

  1. Eintritts- und Austrittsklauseln konkret regeln

  2. Abfindungs- und Bewertungsverfahren fair und nachvollziehbar gestalten

  3. Erbrechtliche Aspekte mit einbeziehen

3. Klare Kommunikation mit allen Beteiligten

Transparenz ist entscheidend – sowohl innerhalb der Familie als auch gegenüber Mitgesellschaftern und Mitarbeiter:innen.

  1. Erwartungen offen ansprechen

  2. Rollen, Zuständigkeiten und Zeitpläne früh festlegen

  3. Vertrauen durch Planungssicherheit schaffen

4. Steuerliche Gestaltung frühzeitig mitdenken

Eine rechtlich saubere Nachfolge kann steuerlich zum Problem werden, wenn sie unkoordiniert erfolgt. Deshalb: Steuerberatung von Anfang an einbinden.

  1. Schenkungs- und Erbschaftsteuer beachten

  2. Modelle wie vorweggenommene Erbfolge oder Holdingstruktur prüfen

  3. Liquidität für Abfindungen oder Steuern sicherstellen

5. Notfallregelung für unvorhergesehene Fälle treffen

Ein Unfall, eine plötzliche Krankheit – niemand plant mit solchen Szenarien, aber sie müssen bedacht werden.

  1. Testament, Vorsorgevollmacht und Unternehmervollmacht erstellen

  2. Klären, wer im Ernstfall handeln darf

  3. Sicherstellen, dass das Unternehmen auch ohne Inhaber handlungsfähig bleibt

Fazit: Nachfolge – Jetzt handeln statt später streiten

Die Unternehmensnachfolge ist kein rein familiäres oder steuerliches Thema – sie ist ein zentraler gesellschaftsrechtlicher Vorgang mit erheblichen wirtschaftlichen Folgen. 

Wer die Weichen rechtzeitig stellt, kann Konflikte vermeiden, die Existenz des Unternehmens sichern und den Übergang aktiv gestalten.

Wichtig ist:

  • Frühzeitig planen,

  • professionell beraten lassen,

  • und klare, rechtssichere Regelungen treffen.

Denn eines ist sicher: Die Unternehmensnachfolge kommt – die Frage ist nur, ob gut vorbereitet oder mit Risiken behaftet.

Als erfahrene Kanzlei im Gesellschaftsrecht unterstützen wir Sie gern dabei, Stolperfallen zu vermeiden und eine tragfähige Lösung für Ihre Nachfolge zu entwickeln.

Kontaktieren Sie die Rechtsanwälte meiner Kanzlei.

Foto(s): https://kanzlei-herfurtner.de/


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