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Gesetzesänderungen im Jahr 2021: Neuregelungen für Arbeit, Familie, Miete, Verkehr und mehr

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Gesetzesänderungen im Jahr 2021: Neuregelungen für Arbeit, Familie, Miete, Verkehr und mehr
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

Das Jahr 2021 bringt eine Fülle an Gesetzesänderungen. Was das für einzelne Bereiche wie Arbeit, Familie, Miete, Verkehr, Strafverfolgung und darüber hinaus bedeutet, stellt dieser Rechtstipp als erster Teil einer zweiteiligen Serie vor. Im zweiten Teil lesen Sie, was sich bei Einkommen, Steuern und Abgaben ändert.

Arbeit

Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Beschäftigte müssen sich zwar wie bisher bei ihrem Arbeitgeber nachweisbar krankmelden. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung lässt sich im neuen Jahr ab Oktober jedoch auch digital dem Arbeitgeber übermitteln. Diesen informiert nach der Krankmeldung dann die jeweilige Krankenkasse einfach auf dessen Nachfrage. Eigentlich war die Änderung bereits zum Jahresanfang geplant. Technische Probleme sorgten jedoch für die Verschiebung auf den Oktober 2021.

Bis Jahresende gibt es jedenfalls noch die bekannten Papierbescheinigungen für Arbeitgeber und Versicherte. Ab 2022 soll es dann nur noch die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung geben.

Einfacherer Krankenkassenwechsel

Wer seine Krankenkasse wechselt oder eine neue Beschäftigung beginnt, muss seinem Arbeitgeber ab 2021 keine Papierbescheinigung mehr vorlegen. Es reicht die bloße Mitteilung der Krankenkasse. Der Arbeitgeber kann die korrekte Angabe dann ebenfalls durch einfache Abfrage überprüfen.

Daneben gilt eine kürzere Bindungsfrist von 12 Monaten statt wie bisher von 18 Monaten, bevor ein erneuter Krankenkassenwechsel möglich ist. Bei Beitragserhöhungen besteht wie bisher ein Sonderkündigungsrecht. Bei einer neuen Beschäftigung ist nun zudem ein sofortiger Wechsel möglich. Außerdem genügt nun ein Aufnahmeantrag bei der neuen Krankenkasse. Die eigene Kündigung bei der alten Krankenkasse entfällt.

Verbot von Fremdpersonal in der Fleischwirtschaft

Werkverträge beim Schlachten und Zerlegen sind seit Jahresanfang verboten. Ab April gilt das auch für entsprechende Leiharbeit. Nur in der Fleischverarbeitung ist für die Beschäftigung von Fremdpersonal in engen Grenzen eine dreijährige Übergangsphase vorgesehen.

Auslöser für die drastische Einschränkung der Fremdbeschäftigung waren insbesondere massenhafte Corona-Infektionen unter Mitarbeitern in Fleischbetrieben. Gegen die Gesetzesänderung gerichtete Eilanträge beim Bundesverfassungsgericht blieben erfolglos.

Familie

Neue Düsseldorfer Tabelle

Die Düsseldorfer Tabelle ist eine wichtige Ermittlungsgrundlage für zu zahlenden Kindesunterhalt. Zum Jahresanfang sind die darin genannten Bedarfssätze erwartungsgemäß gestiegen. Der Mindestunterhalt beträgt demnach nun seit Jahresbeginn:

  • 393 Euro für Kinder bis einschließlich 5 Jahre statt 369 Euro
  • 451 Euro für Kinder zwischen 6 bis einschließlich 11 Jahre statt 424 Euro
  • 528 Euro für Kinder zwischen 12 bis einschließlich 17 Jahre statt 497 Euro
  • 564 Euro für volljährige Kinder über 18 Jahre statt 530 Euro

Beim Unterhalt für minderjährige Kinder ist zudem das ebenfalls zu Jahresbeginn 

erhöhte Kindergeld zu berücksichtigen von:


  • 219 Euro für ein erstes und zweites Kind
  • 225 Euro für ein drittes Kind und
  • 250 Euro ab dem vierten Kind

Die Hälfte davon ist vom jeweils geschuldeten Unterhalt abzuziehen. Die Einkommensgruppen und der Selbstbehalt der unterhaltspflichtigen Person blieben dagegen unverändert.

Unterhaltsempfänger und Unterhaltszahler sollten aufgrund der Änderungen prüfen, ob sie angemessenen Unterhalt erhalten beziehungsweise zahlen. Das gilt besonders, wenn das aufgrund eines dynamischen Unterhaltstitels erfolgt.

Miete

Schnellere Entscheidung über Anpassung von Miete oder Pacht

Die Corona-Pandemie führt insbesondere durch Betriebsverbote auch zu Auseinandersetzungen über die Anpassung von Miete oder Pacht. Bei gewerblich genutzten Immobilien müssen Gerichte entsprechende Verfahren nun vorrangig und schneller entscheiden. Ein früher erster Termin soll § 44 EGZPO zufolge spätestens einen Monat nach Zustellung der Klageschrift erfolgen.

Zudem wurde Mietern mit Jahresbeginn auch die Durchsetzung einer Anpassung erleichtert. Nach Art. 240 § 7 EGBGB wird jetzt gesetzlich vermutet, dass eine behördlich angeordnete Betriebsschließung und die daraus folgende fehlende Nutzbarkeit eines Gewerbemietobjekts einen Umstand darstellt, der Vertragsgrundlage war und sich nunmehr schwerwiegend verändert hat. Infolgedessen ist eine Vertragsanpassung leichter möglich.

Neue Mietpreisbremse in Niedersachsen

Wohnungsmieten dürfen in von den Bundesländern ausgewiesenen Gebieten bei einer Neuvermietung nicht mehr als zehn Prozent über die ortsübliche Vergleichsmiete steigen. Das bestimmt die sogenannte Mietpreisbremse. Eine Grundlage zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete ist ein Mietspiegel. Dessen Rechtsgrundlagen könnten 2021 zudem reformiert werden, wie ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zeigt.

In Niedersachsen wurde die Mietpreisbremsenregelung durch Gerichtsentscheidungen 2020 jedoch für ungültig erklärt. Deshalb hat das Bundesland zum Jahresanfang eine neue Mietpreisbremsenverordnung erlassen. Danach sind die Städte Gifhorn, Leer und Vechta nicht mehr enthalten. Neu hinzugekommen ist Laatzen. Im Übrigen gilt danach die Mietpreisbremse, wo sie bereits vorher galt, wie insbesondere in Hannover und anderen niedersächsischen Großstädten.

Verkehr

Neue praktische Führerscheinprüfung

Der Begriff „Optimierte Praktische Fahrerlaubnisprüfung“ bezeichnet die geänderte praktische Prüfung zum Führerscheinerwerb. Die Prüfungsfahrt dauert nun fünf Minuten länger. Der Aufgabenkatalog bleibt gleich. Schwerer soll die Prüfung deshalb nicht werden, dafür aber digitaler und damit transparenter. Die Fahrprüfer bewerten die Prüfungsfahrt nun direkt auf einem Tablet. Prüflinge erhalten die Bewertung zudem sofort nach der Prüfung auf ihr Smartphone. Außerdem sind fünf Minuten für ein Feedbackgespräch mit dem Prüfer vorgesehen.

Wermutstropfen der Änderungen sind gestiegene Prüfungsgebühren durch den Mehraufwand: Auto- und Motorrad-Fahrprüfungen kosten knapp 30 Prozent und Lkw-Fahrprüfungen nahezu 20 Prozent mehr.

Außerdem entfällt ab April 2021 die bisherige Beschränkung auf das Fahren von Automatikautos, wenn die Fahrprüfung mit einem solchen erfolgte. Um Autos mit Schaltgetriebe fahren zu dürfen, müssen zehn zusätzliche Fahrstunden und eine kurze Testfahrt erfolgen.

Strengere Abgasnorm für Neuwagen

Für Neuwagen gilt nun die Abgasnorm Euro 6d-ISC-FCM. Fahrzeuge müssen danach insbesondere ihre Verbrauchswerte aufzeichnen. Das soll die bessere Kontrolle von Verbrauchsangaben der Hersteller durch die EU ermöglichen. Wie die Auswertung erfolgt, etwa bei der HU-Prüfung oder bei Verkehrskontrollen, ist jedoch noch unklar.

Autobahn GmbH und FBA für Bundesautobahnen zuständig

Zwei neue Stellen kümmern sich künftig um die über 13.000 km Bundesautobahnen: das Fernstraßen-Bundesamt in Leipzig und die Autobahn GmbH in Berlin. Die Konzentration soll die Aufgaben wie insbesondere Planung, Bau, Betrieb und Erhaltung der Autobahnen verbessern. Das Handelsblatt berichtet zum Start jedoch von IT-Problemen bei der Autobahn GmbH.

Neue Drohnen-Vorschriften

Wer Drohnen fliegen lässt, muss von der EU beschlossene Regeln beachten. Drohnen werden danach in drei Größenklassen eingeteilt: offen, speziell und zulassungspflichtig. Drohnen der erstgenannten Klasse dürfte am häufigsten und insbesondere im Privatbereich zum Einsatz kommen. Ihre Eigenschaften sind:

  • Startmasse von weniger als 25 Kilogramm
  • Flug innerhalb der Sichtweite bis maximal 120 Meter Höhe
  • Kein Transport oder Abwurf gefährlicher Güter oder Gegenstände

Ab einem Startgewicht von 250 Gramm – und bei Ausstattung mit einer Kamera oder ähnlichen Sensoren zum Erfassen von Personendaten auch darunter – ist die Drohne beim Luftfahrt-Bundesamt (LBA) zu registrieren. Ihm zufolge kann das innerhalb des ersten Quartals erfolgen, wenn die Drohne bereits über eine Plakette mit Name und Adresse des Betreibers verfügt.

Ab 250 Gramm Startgewicht benötigen Betreiber zudem einen Kompetenznachweis. Je nach Unterkategorie A1, A2 oder A3 der Drohne ist dieser einfach mittels Online-Prüfung auf der Website des Luftfahrt-Bundesamtes erhältlich (A1, A3) oder bei erst durch eine umfangreichere Theorieprüfung (A2).

Strafverfolgung

Verbotenes Filmen und Fotografieren

Das vorsätzliche Fotografieren oder Filmen unter Röcke oder andere Kleidungsstücke oder bei Frauen auch in den Ausschnitt ist nun eine Straftat. Diese regelt der neue § 184k Strafgesetzbuch. Danach drohen für die sogenannte Verletzung des Intimbereichs durch Bildaufnahmen Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe. Umgangssprachliche Begriffe für das oft heimliche Fotografieren oder Filmen sind „Upskirting“ und „Downblousing“.

Ebenfalls strafbar ist nun auch das unbefugte Fotografieren oder Filmen verstorbener Personen, wie es gerade bei Unfällen durch als Gaffer bezeichnete Schaulustige geschieht. Auch hier ist eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe vorgesehen.

Sonstiges

Personalausweis wird nicht nur teurer

Im neuen Jahr kostet ein Personalausweis 37,00 Euro statt 28,80 Euro. Ab 2. August werden zudem zwei Fingerabdrücke des Inhabers auch gegen dessen Willen im im Ausweis enthaltenen Chip gespeichert. Zudem ändert sich dessen Aussehen geringfügig durch zusätzliche Sicherheitsmerkmale.

Ab 2021 neu ausgestellte Kinderreisepässe sind zudem nur noch ein Jahr gültig. Sie können danach jedoch wieder um jeweils ein Jahr verlängert werden.

Höherer Rundfunkbeitrag offen

Noch offen ist wegen der Ablehnung durch Sachsen-Anhalt die geplante Erhöhung des Rundfunkbeitrags. Dieser soll auf 18,36 Euro statt 17,50 im Monat pro Haushalt steigen.

Restschuldbefreiung nach drei Jahren

Die Restschuldbefreiung im Rahmen eines bereits ab Oktober 2020 beantragten Insolvenzverfahrens ist nun bereits nach drei Jahren möglich. Die Einzelheiten erläutert der Rechtstipp „Restschuldbefreiungsphase verkürzt auf drei Jahre“ von Rechtsanwalt Frank Löwe.

Rechtsanwaltsgebühren angepasst

Nach über sieben Jahren erfolgte zum Jahresanfang eine moderate Anpassung der Rechtsanwaltsgebühren. Um durchschnittlich zehn Prozent steigt danach die gesetzlich geregelte Vergütung für Anwälte. Bei sozialrechtlichen Mandaten mit Betragsrahmengebühren sind es 20 Prozent. In einigen Fällen kommt es auch zu einer Verringerung, etwa durch den wesentlich geringer anzusetzenden Streitwert in Mietminderungsverfahren, der insbesondere die Gebühren bestimmt. In Kindschaftssachen wird der Regelverfahrenswert dagegen von 3.000 auf 4.000 Euro angehoben.

Zu den weiteren Änderungen zählen unter anderem eine erhöhte Fahrtkostenpauschale sowie Tage- und Abwesenheitsgelder. Die Kappungsgrenze für Gebühren im Rahmen der Prozesskostenhilfe steigt von 30.000 auf 50.000 Euro. Mit dem Anwaltskostenrechner lassen sich die Gebühren einfach ermitteln. Außerdem stiegen auch Honorare für Sachverständige und Dolmetscher und Schöffen- und Zeugenentschädigungen sowie Gerichtskosten moderat.

Neue Honorarverordnung für Architekten und Ingenieure

Auch bei der Vergütung für Architekten- und Ingenieurleistungen gibt es Änderungen durch eine neue Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI). Nötig machte diese der EuGH, weil die alte HOAI gegen EU-Recht verstieß.

Wichtigste Änderungen der HOAI 2021 sind die nun unverbindlichen Mindest- und Höchstsätze. Die Vergütung ist deshalb nicht mehr unbedingt nach der HOAI zu berechnen. Sie ist jedoch weiterhin eine Orientierungshilfe für Vergütungen. Für Honorarvereinbarungen genügt der neuen HOAI zufolge nun auch Textform, wie sie etwa eine E-Mail erfüllt. Rechtsanwalt Marcus Kretschmer stellt weitere Neuerungen durch die HOAI 2021 in diesem Rechtstipp vor.

Ferkelkastration eingeschränkt

Seit Jahresbeginn muss die Kastration von Ferkeln schmerzlos erfolgen. Lokale Betäubungen oder Schmerzlinderungen sollen dabei nicht ausreichen.

Einwegplastik verboten

Ab 3. Juli 2021 dürfen zahlreiche Einwegplastikprodukte nicht mehr in den Verkehr gebracht werden. Konkret gilt das für Plastikbesteck, Plastikgeschirr, Plastik-Wattestäbchen, Trinkhalme sowie für Verpackungen oder Einwegbecher für Speisen und Getränke aus Styropor. Das regelt die Einwegkunststoffverbotsverordnung der Bundesregierung.

Weniger Tabakwerbung

Für Tabakprodukte darf 2021 weniger Werbung erfolgen. Mit Jahresbeginn ist entsprechende Filmwerbung, die auch Kinder und Jugendliche sehen dürfen, verboten. Gerne bei Events oder Gewinnspielen kostenlos vergebene Tabakprodukte sind ebenfalls weitgehend verboten.

Teil 2 zu Änderungen im Sozialrecht und Steuerrecht

Wie viel Abgaben und insbesondere Steuern 2021 zu zahlen oder auch nicht mehr zu zahlen sind und welche staatlichen Leistungen es unter anderem auch aufgrund der Corona-Pandemie gibt, darüber informiert Sie der zweite Teil. Hier kommen Sie zu den weiteren Gesetzesänderungen im Jahr 2021:  Das ist neu bei Einkommen, Steuern und Abgaben.

(GUE)

Foto(s): ©Shutterstock.com/Alexander Kirch

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