Gibt es eine Sperrzeit für Krankengeld?

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Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld, sofern sie arbeitsunfähig erkrankt sind, § 44 Abs. 1 SGB V. So weit, so gut. Trotzdem erleben manche Versicherte eine Überraschung, wenn sie ihre Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei der Krankenkasse einreichen und Krankengeldzahlung erwarten: Es gibt erst einmal keins. Die Einreichung des sog. Attests ist nämlich an eine Frist geknüpft.

Der Anspruch entsteht zwar am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit, ruht aber für die Dauer der Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber, § 46 SGB V. Gem. § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ruht der Anspruch aber auch, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird. Für die rechtzeitige Meldung gilt eine Frist von einer Woche. 

Fällt das Fristende auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, so endet die Frist am nächsten Werktag. Sofern die Bescheinigung in dieser Zeit nicht tatsächlich eingereicht wird, lebt der Anspruch erst mit Einreichung der Bescheinigung bei der Krankenkasse wieder auf.

Beispiel: Die vorhergehende Arbeitsunfähigkeit wird bis zum 02.05.2019 festgestellt, die folgende Arbeitsunfähigkeit wird am 02.05.2019 festgestellt. Dann hat der Versicherte Zeit bis zum 10.05.2019, die Bescheinigung bei seiner Krankenkasse einzureichen, um ab 03.05.2019 Krankengeld zu erhalten. Reicht er das Attest erst am 11.05.2019 ein, erhält er Krankengeld erst ab 11.05., für die Zeit vom 03. – 10.05.2019 geht er leer aus.

Theoretisch gibt es keine Sperrzeit bei Bezug von Krankengeld, faktisch wirkt die o. g. Regelung aber genauso. Von der Rechtsprechung wird diese Regelung auch sehr strikt interpretiert: Die Folgen einer unterbliebenen oder verspäteten Meldung sind grundsätzlich vom Versicherten zu tragen. Das gilt z. B. auch in dem Fall, dass er den verspäteten Eingang bei der Krankenkasse nicht zu vertreten hat, weil er sich auf den Postweg verlassen habe. 

Bei der Meldung der Arbeitsunfähigkeit handelt es sich um eine Obliegenheit des Versicherten; die Folgen einer unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Meldung sind deshalb grundsätzlich von ihm zu tragen. 

Die Regel des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V soll die Krankenkasse davon freistellen, die Voraussetzungen eines verspätet angemeldeten Anspruchs im Nachhinein aufklären zu müssen, und ihr die Möglichkeit erhalten, die Arbeitsunfähigkeit zeitnah durch den MDK überprüfen zu lassen, um Leistungsmissbräuchen entgegentreten und Maßnahmen zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit einleiten zu können.

Das BSG hat deshalb in ständiger Rechtsprechung die Gewährung von Krankengeld bei verspäteter Meldung auch dann ausgeschlossen, wenn die Leistungsvoraussetzungen im Übrigen zweifelsfrei gegeben waren und dem Versicherten keinerlei Verschulden an dem unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Zugang der Meldung zur Last gelegt werden konnte (vgl. etwa: BSGE 29, 271, 272 = SozR Nr. 8 zu § 216 RVO – Verlust einer rechtzeitig aufgegebenen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auf dem Postweg).

Aber hiervon macht die Gerichtsbarkeit durchaus Ausnahmen, so z. B. BSG vom 08.02.2000, B 1 KR 11/99 R: „Von der Ausschlusswirkung der Ruhensregelung hat die Rechtsprechung aber trotz der strikten Handhabung Ausnahmen anerkannt.

Das Ruhen darf dem Anspruch nicht entgegengehalten werden, wenn die Feststellung oder die Meldung der Arbeitsunfähigkeit durch Umstände verhindert oder verzögert wurde, die dem Verantwortungsbereich der Krankenkasse und nicht dem des Versicherten zuzurechnen sind. 

Das ist beispielsweise angenommen worden, wenn der Versicherte von der rechtzeitigen Abgabe der Meldung ausgehen durfte, diese ihren Adressaten aber wegen von der Kasse zu vertretender Organisationsmängel nicht erreicht hatte (BSGE 52, 254 = SozR 2200 § 216 Nr. 5)“.

D. h., Versicherte sind nicht immer im Hintertreffen. Es lohnt sich durchaus, hartnäckig zu bleiben und nach den (zugegeben seltenen) Ausnahmen zu suchen!


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