Kein Widerruf (-sjoker) beim Kilometerleasing

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Am 24.02.2021, VIII ZR 36/20, hat der BGH entschieden, dass Verbrauchern bei Abschluss eines Kilometerleasingvertrages weder ein gesetzliches, noch ein vertragliches Widerrufsrecht zusteht. Damit hat der BGH endlich und wünschenswert für Rechtssicherheit zu einer in Rechtsprechung und Literatur hoch streitigen Frage hergestellt. Gleichwohl wirft die gesamte Diskussion rund um das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufsrechts beim Kilometerleasing Fragen auf.

Wer als Verbraucher einen Kilometerleasingvertrag abschließt, der wird in den vertraglichen Unterlagen darüber informiert, dass ihm ein Widerrufsrecht zustünde. Entsprechend dürfte auch der weit überwiegende Teil der Bevölkerung davon ausgehen, dass ein Kilometerleasing widerrufen werden kann. Generell stellt jedenfalls der Unterzeichner häufig fest, dass Restwertleasing, Kilometerleasing und Finanzierung eines Fahrzeugs hinsichtlich Voraussetzungen und Rechtsfolgen nicht selten durcheinandergeworfen werden.

Der Abschluss eines Kilometerleasingvertrages dürfte jedenfalls für Verbraucher in Abgrenzung zum Restwertleasing die häufiger gewählte Vertragsart sein.

Ein Widerrufsrecht besteht hingegen nicht. Ein Leasingvertrag ist dann widerrufbar, wenn er unter den Begriff der entgeltlichen Finanzierungshilfe im Sinne des § 506 Abs. 2 BGB fällt. Dieser kennt drei Tatbestände. Nach Z. 1 die Pflicht des Verbrauchers zum Erwerb des Gegenstands, nach Z. 2 einen Vertrag, bei welchen der Unternehmer vom Verbraucher den Erwerb des Gegenstands verlangen kann und nach Z. 3 Verträge, bei welchen der Verbraucher bei Beendigung des Vertrages für einen bestimmten Wert des Gegenstands einzustehen hat.

Dass der Kilometerleasingvertrag nicht unter die Z. 1 und 2 fällt leuchtet relativ schnell ein. Anders sieht es schon bei Z. 3 aus, was der unterschiedliche Meinungsstand in Rechtsprechung und Literatur vortrefflich zeigt. Die Frage ist nämlich, wann der Verbraucher für einen bestimmten Wert des Gegenstands einzustehen hat. Beim Restwertleasing ist dieses Tatbestandsmerkmal relativ naheliegend gegeben. Beim Kilometerleasing, so der BGH, hingegen nicht.

Der Wortlaut der Norm liefert dieses Ergebnis hingegen jedenfalls keinesfalls eindeutig, was die seitenlangen Ausführungen des BGH dokumentieren. Der BGH setzt sich im Rahmen seiner Auslegung intensiv vor allem mit der Gesetzgebungsgeschichte und der Historie früherer gesetzlicher Regelungen auseinander und kommt zum Ergebnis, dass der Gesetzgeber für die Annahme eines am Ende des Vertrages bestimmten Wertes vorausgesetzt haben wollte, dass eine feste Zahl vereinbart ist. Unterstellt man dies als zutreffend, so erfüllt der Kilometerleasingvertrag diese Voraussetzung eindeutig nicht, denn ein solcher Wert ist im Kilometerleasingvertrag an keiner Stelle vereinbart. Man hätte annehmen können, dass der intern vom Leasinggeber kalkulierte Wert, der letztlich beispielsweise durch einen Minderwertausgleich am Ende der Leasingzeit gesichert werden soll, ausreichend ist. Der BGH kommt allerdings zu einem anderen Ergebnis.

Nachdem sich der BGH intensiv mit der Auslegung von § 506 Abs. 2 Nr. 3 BGB auseinandergesetzt hat lag auf der Hand, dass der BGH auch eine analoge Anwendung der Norm ausschließen wird.

Abschließend setzt sich der BGH noch mit der Frage auseinander, ob die in den Verträgen enthaltenen Hinweise auf das Widerrufsrecht als Angebot auf Einräumung eines vertraglichen Widerrufsrechts auszulegen sein könnten. Hier lieferte BGH drei Argumente, aufgrund derer im zu entscheidenden Fall kein Widerruf möglich war: Als erstes nimmt der BGH an, dass der Hinweis auf das Widerrufsrecht bereits keinen rechtsgeschäftlichen Erklärungsinhalts hat, also ungeachtet des Inhalts der Erklärung bereits kein annahmefähiges Angebot ist. Im zweiten Schritt unterstellt der BGH, dass - selbst ein solches annahmefähiges Angebot unterstellt - ein solches nur dahingehend ausgelegt werden kann, dass es ein - sofern vorhanden – gesetzliches Widerrufsrecht bestätigt. Da ein solches allerdings nicht bestand, ginge eine solche rechtsgeschäftliche Erklärung ins Leere. In einem dritten Schritt unterstellt der BGH, dass - ein rechtsgeschäftliches Angebot auf Abschluss eines vertraglichen Widerrufsrechts unterstellt - ein solches nicht voraussetzungslos angenommen werden kann, sondern wenn überhaupt nur ein Widerrufsrecht für 2 Wochen bestünde. Der BGH stellt klar, dass die Erklärung des Leasinggebers – wenn überhaupt - nicht dahingehend verstanden werden könne, dass er den Fristbeginn eines vertraglichen Widerrufsrechts auch von Einhalten der gesetzlichen Voraussetzungen (ordnungsgemäße Belehrung, Erhalt aller Unterlagen etc.) würde abhängig machen wollen. Das passt mit dem Inhalt der Belehrung freilich nicht so richtig zusammen, denn dort ist ja stets von den gesetzlichen Vorschriften die Rede, auch von jeden, die keinen oder einen späteren Fristbeginn zur Folge hätten. Da der BGH hierzu allerdings ohnehin nur hilfsweise kommt, nachdem er mehrfach betont hat, ein vertragliches Widerrufsrecht bestünde schon nicht, scheint dies zu vernachlässigen zu sein.

Fazit: Ob man nun die Rechtsansicht des BGH teilt oder nicht, so dokumentiert die Entscheidung zugleich ein Problem: Dem überwiegenden Anteil der Verbraucher wird man nur schwer verständlich machen können, dass ihnen entgegen eines insofern eindeutigen Hinweises sogar in den vertraglichen Unterlagen und entgegen der allgemeinen Meinung bei Kilometerleasingverträgen kein Widerrufsrecht zusteht.

Ob man den Verbrauchern bei Abschluss eines Kilometerleasingvertrages überhaupt ein schutzwürdiges Interesse am Vorhandensein eines Widerrufsrechts zugestehen möchte, ist dabei nach Auffassung des Unterzeichners nicht der alleine entscheidende Punkt. Rechtssicherheit sollte das oberste Gebot sein. Die durch alle Instanzen hoch streitige Diskussion rund um das Bestehen eines Widerrufsrechts beim Kilometerleasing, die weitverbreitete Ansicht, dass ein solches besteht und Hinweise auf ein Widerrufsrecht in jedem Kilometerleasingvertrag könne nicht deutlicher dokumentieren, dass - jedenfalls bis zur Entscheidung des BGH - sicherlich keine Rechtssicherheit bestand.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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