Muster zur Schadensbezifferung nach einem Verkehrsunfall (Bezifferung in 3 Stufen, fiktive und konkrete Abrechnung)
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1. Erstaufforderungsschreiben (Neuschaden) zum Haftungsanerkenntnis mit Anforderung der Unkostenpauschale (1. Stufe):
Auf der ersten Stufe ist steht das Haftungsanerkenntnis der gegnerischen Versicherung im Mittelpunkt. Eine kurze und präzise, aber auch ausreichende, Unfallschilderung ist entscheidend, damit die Versicherung nicht bereits Haftungseinwände dem Grunde nach vorträgt. Bereits zum Erstaufforderungsschreiben sollte anwaltlicher Rat eingeholt bzw. das Schreiben durch einen Fachanwalt für Verkehrsrecht formuliert werden. Findet an dieser Stelle bereits unpassender Vortrag statt, fällt es später umso schwerer eine zügige Schadensregulierung zu erreichen. Gerade für das Haftungsanerkenntnis dem Grunde nach ist zentral, um zu entscheiden, welche nächsten Schritte zur Schadensbehebung einzuleiten sind. Die Unkostenpauschale kann hierbei bereits gefordert werden, da diese als Pauschale keiner gesonderten Feststellung bedarf und sich bei deren Zahlung hieraus bereits herleiten lässt, dass das Haftungsanerkenntnis erteilt wird.
„Sehr geehrte Damen und Herren,
in vorbezeichneter Angelegenheit zeigen wir unter Vorlage einer entsprechenden Vollmacht in Kopie an, dass wir Herrn Max Mustermann, anwaltlich vertreten.
Gegenstand unserer Beauftragung ist das Verkehrsunfallereignis vom 14.12.2023, welches sich gegen 16:15 Uhr ereignete.
Ihre Versicherungsnehmerin fuhr mit dem bei Ihnen versicherten Fahrzeug, amtliches Kennzeichen ..., aus Unachtsamkeit auf der Prinzregentenstraße auf Höhe der Hausnummer 15 auf das, sich im Eigentum unserer Mandantschaft befindlichen, Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ... von hinten auf und beschädigte dieses hierbei.
Besagtes Unfallereignis war für unsere Mandantschaft unvermeidbar.
Lichtbilder sind vom Mandanten nicht angefertigt worden. Es waren keine Zeugen vorhanden.
Der Unfall wurde von der Polizeiinspektion München 28, Haidgraben 1 b, 85521 Ottobrunn aufgenommen.
Ich fordere Sie auf zum
Haftungsanerkenntnis dem Grunde nach
und zum Ausgleich der Unkostenpauschale in Höhe von
30,00 €
auf eines unserer im Briefkopf angegebenen Kanzleikonten.
Für Ihre entsprechende Reaktion haben wir uns eine Frist von 2 Wochen, mithin bis zum
25.01.2024
[Eingang bei uns]
notiert.“
2. Bezifferung nach Gutachten oder Kostenvoranschlag (fiktive Schadensberechnung, 2. Stufe):
Auf der zweiten Stufe steht die Bezifferung einer fiktiven Schadensbehebung im Vordergrund, welche allerdings noch nicht durchgeführt wurde. Eine fiktive Abrechnung ist sowohl im Totalschadensfall, als auch im Reparaturfall möglich. Diese wird anhand eines Kostenvoranschlages oder eines Gutachtens durchgeführt. Liegen diese Schadensunterlagen bereits bei dem ersten Anschreiben vor, so kombiniert man die ersten beiden Stufen zu einem Anschreiben. Teilweise wird die 2. Stufe auch übersprungen, beispielsweise wenn der Fahrzeugschaden ohne Begutachtung repariert wird, die Stufen werden also nicht stets starr durchlaufen, sondern sind an den Einzelfall anzupassen.
„Durch Vorlage des bei uns befindlichen Sachverständigengutachtens zu den Schäden am Fahrzeug unserer Partei nebst entsprechender Sachverständigenrechnung beziffern wir nunmehr den entstandenen Schaden vorläufig wie Folgt:
- Reparaturkosten netto gemäß Sachverständigengutachten 3.500,00 €
- Merkantile Wertminderung (steuerneutral) 300,00 €
- Sachverständigenkosten brutto gemäß Rechnung 560,00 €
- Unkostenpauschale 30,00 €
Gesamtschaden 4.390,00 €
Aus dem Gesamtschaden errechnen sich unsere Gebühren wie folgt:
1,3 Geschäftsgebühr (4.390,00 €) Nr. 2300 VV RVG | 434,20 € |
Post- und Telekommunikationspauschale Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme | 20,00 € 454,20 € |
Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG (19,0%) | 86,29 € |
Summe | 540,50 € |
Es ergibt sich somit eine Gesamtforderung in Höhe von
4.906,70 €,
sodass wir Sie unter Abzug der von Ihnen bereits gezahlten Leistungen in Höhe von
2.000,00 €
noch einen Restbetrag von
2.906,70 €
geltend machen und wir haben uns zum Ausgleich eine Frist von 2 Wochen, mithin bis zum
25.02.2024
[Eingang bei uns]
notiert.“
3. Bezifferung nach Reparaturrechnung mit Mietwagenrechnung oder Nutzungsausfall (konkrete Schadensberechnung, 3. Stufe)
Auf der dritten Stufe steht die Bezifferung einer konkreten Schadensbehebung im Vordergrund, ein Wechsel ist nur nach erfolgter Reparatur möglich. Ob der Wechsel in die dritte Stufe nach abgerechneter zweiter Stufe dann auch Sinn ergibt, bemisst sich daran, ob sich hieraus eine Besserstellung für den Geschädigten ergibt. Diese Frage sollte ebenfalls von einem Fachanwalt für Verkehrsrecht geklärt werden. Nur durch eine durchgeführte Reparatur zeigt der Geschädigte konkreten Nutzungswillen am beschädigten Fahrzeug, weshalb erst in dieser Stufe Mietwagenkosten (insbesondere für die Dauer der Reparatur) und der Nutzungsausfall an Relevanz gewinnen.
- Reparaturkosten brutto gemäß Rechnung, 4.500,00 €
- Mietwagenkosten brutto gemäß Rechnung, 1.200,00 €
- Unkostenpauschale, 30,00 €
GESAMT: 5.730,00 €
4. Bezifferung im Totalschadensfall (Wiederherstellungsaufwand = Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwerte) mit ggf. Abschlepprechnung (konkrete Schadensberechnung, 3. Stufe)
Auf der dritten Stufe steht die Bezifferung einer konkreten Schadensbehebung auch beim Totalschaden des Fahrzeuges im Vordergrund. Ein Wechsel in diese Stufe ist nur nach erfolgter Ersatzbeschaffung möglich. Ob der Wechsel in die dritte Stufe nach abgerechneter zweiter Stufe Sinn ergibt, bemisst sich daran, ob sich hieraus eine Besserstellung für den Geschädigten ergibt. Diese Frage sollte ebenfalls von einem Fachanwalt für Verkehrsrecht geklärt werden. Die hier ebenfalls mitbezifferte Abschlepprechnung wäre auch ohne konkrete Ersatzbeschaffung auf der zweiten Stufe schon abrechenbar, der bezifferte Nutzungsausfall für die Dauer der Wiederbeschaffung hingegen nur bei nachgewiesenem Interesse an der Nutzung des Fahrzeuges = bei Nachweis der konkreten Ersatzbeschaffung.
- Wiederherstellungsaufwand (Wiederherstellungskosten laut Gutachten abzüglich Restwertes laut Gutachten), 1.700,00 €
- Abschleppkosten brutto gemäß Rechnung, 560,00 €
- Nutzungsausfall, Wiederbeschaffungsdauer 14 Tage zu je 20 €, 280,00 €
- Sachverständigenkosten brutto gemäß Rechnung, 720,00 €
- Unkostenpauschale, 30,00 €
GESAMT: 3.290,00 €
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