Pflichtteilsrecht und Schenkungen: Wann Zuwendungen angerechnet werden – und wann nicht

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Zahlungen, Schenkungen oder Vermögenszuwendungen von Eltern an ihre Kinder zu Lebzeiten müssen sich pflichtteilsberechtigte Kinder auf ihren Pflichtteilsanspruch im Erbfall nur anrechnen lassen, wenn der Erblasser zum Zeitpunkt der Zuwendung eindeutig bestimmt hat, dass diese auf den Pflichtteil anzurechnen sind. Eine klare und nachvollziehbar dokumentierte Anrechnungsbestimmung ist erforderlich, und nachträgliche Erklärungen, wie in einem Testament, reichen in der Regel nicht aus. In der Praxis führt das Fehlen einer solchen Bestimmung häufig zu Konflikten innerhalb der Erbengemeinschaft. Um Streitigkeiten zu vermeiden, ist es wichtig, dass Erblasser rechtzeitig und deutlich ihre Absichten hinsichtlich der Anrechnung von Schenkungen auf den Pflichtteil festlegen. Die Kanzlei Cocron Rechtsanwälte, mit Standorten in Berlin und München, bietet umfassende Beratung in Erbrechtsangelegenheiten und empfiehlt, rechtzeitig klare Verhältnisse zu schaffen, um Konflikte zu vermeiden.

Viele Eltern unterstützen ihre Kinder zu Lebzeiten finanziell – sei es durch Schenkungen, Überweisungen oder andere Vermögenszuwendungen. Kommt es später zum Erbfall, stellt sich häufig die Frage: Muss sich ein pflichtteilsberechtigtes Kind solche Zahlungen auf seinen Pflichtteilsanspruch anrechnen lassen?

Die Antwort ist klar: Nur wenn der Erblasser zum Zeitpunkt der Zuwendung eindeutig bestimmt hat, dass diese auf den Pflichtteil anzurechnen ist. Eine nachträgliche Anrechnung durch Testament oder andere Erklärungen reicht in der Regel nicht aus.

Pflichtteil: Was gilt bei Schenkungen zu Lebzeiten?

Nach § 2315 BGB ist eine Schenkung nur dann auf den Pflichtteil anzurechnen, wenn dies der Erblasser ausdrücklich bei der Zuwendung angeordnet hat – und der Pflichtteilsberechtigte dies auch erkannt hat oder zumindest hätte erkennen können. Fehlt eine solche Anordnung oder ist sie nicht ausreichend dokumentiert, bleibt die Schenkung pflichtteilsneutral.

Beispiel aus der Praxis

In einem aktuellen Fall erhielt eine Tochter bereits zu Lebzeiten ihrer Eltern mehrere Geldbeträge. Nach dem Tod des Vaters forderte sie ihren Pflichtteil – die Erbengemeinschaft verweigerte dies mit dem Hinweis auf die früheren Zahlungen.

Das Gericht stellte jedoch klar: Weder durch die verwendeten Begriffe auf den Überweisungsträgern noch durch ein später erstelltes Testament konnte nachgewiesen werden, dass eine Anrechnung beabsichtigt war. Insbesondere genügt es nicht, wenn der Erblasser erst nach der Schenkung – etwa in einem Testament – erklärt, dass die Zuwendung den Pflichtteil ganz oder teilweise abgelten solle.

Was bedeutet das für Erblasser und Erben?

Für Erblasser, die bestimmte Kinder zu Lebzeiten beschenken und dies auf den Pflichtteil anrechnen möchten, gilt: Eine klare Anrechnungsbestimmung muss bei oder vor der Zuwendung erfolgen – und dies am besten schriftlich und nachvollziehbar dokumentiert. Nur so lässt sich im Streitfall eine spätere Pflichtteilsminderung durchsetzen.

Aus Sicht pflichtteilsberechtigter Kinder bedeutet das: Zahlungen, für die keine Anrechnungsbestimmung getroffen wurde, bleiben unberücksichtigt. Es besteht ein Anspruch auf den vollen Pflichtteil – unabhängig von früheren Unterstützungen.

Fazit von Rechtsanwalt Cocron

„In der Praxis kommt es immer wieder zu Konflikten, weil Erblasser glauben, durch ein Testament nachträglich eine Schenkung als Pflichtteilsanrechnung deklarieren zu können. Doch das ist rechtlich nicht zulässig. Entscheidend ist der Zeitpunkt der Zuwendung – und die damit verbundene Anrechnungsanordnung. Wer Streit vermeiden will, sollte rechtzeitig klare Verhältnisse schaffen.“


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Die Kanzlei Cocron Rechtsanwälte mit Standorten in Berlin und München berät Sie umfassend – ob als Erblasser, Erbe oder Pflichtteilsberechtigter. 

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