Piercingstudio verklagen und Schadensersatz richtig geltend machen

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Wenn die Krankenkasse vom GKV-Versicherten eine Kostenerstattung für einen Teil der entstandenen Behandlungskosten aus einer Piercing-Entzündung verlangt, erscheint es ratsam, sich mit der Einhaltung der Sorgfaltspflichten des Piercingstudios auseinanderzusetzen.

Mangelhaftes Piercing – Schadensersatz vom Piercingstudio

Piercings sind längst kein Phänomen einer bestimmten Szene mehr, sondern stellen mittlerweile einen beliebten Modetrend dar. Gerade bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen erfreuen sich Piercings einer immer größeren Beliebtheit. 

Hierbei machen sich jedoch die wenigsten Besucher eines Piercingstudios darüber Gedanken, welche Komplikationen mit dem Stechen eines Piercings einhergehen können – gerade und auch in rechtlicher Hinsicht. Wer haftet etwa für mangelhaft durchgeführte Arbeiten? Und welche Pflichten treffen den Piercer?

Erforderlichkeit einer Einwilligung und die Aufklärungspflicht des Piercingstudios

Beim Piercen werden Löcher durch die Haut des menschlichen Körpers gestochen, um durch diese Löcher dann Ringe oder Stäbe anzubringen. Es wird somit ein gesundes Körperteil vorsätzlich verletzt, um ein Schmuckstück anzubringen. 

Dieser Vorgang stellt einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Kunden und damit eine Körperverletzung dar. Nach § 228 StGB ist diese Körperverletzung jedoch nicht rechtswidrig, wenn der Gepiercte in die Verletzungshandlung, also das Piercen, einwilligt. 

Hierbei können auch Minderjährige ohne Zustimmung ihrer Erziehungsberechtigten die notwendige Einwilligung erteilen. Jedoch muss der Piercer sicherstellen, dass der minderjährige Kunde die erforderliche Reife hat, um das Ausmaß seiner Einwilligung zu erkennen.

Damit ein potentieller Kunde dem Piercer diese Einwilligung zum Stechen der Löcher für das Piercing ordnungsgemäß erteilen kann, ist eine umfassende Aufklärung erforderlich. 

Dies umfasst nicht nur den Vorgang des Piercens selbst, sondern auch die damit verbundenen medizinischen Risiken. Beim Setzen eines Piercings können beispielsweise Infektionen, Schwellungen, Blutungen und Nervenstörungen auftreten. Und auch über mögliche allergische Reaktionen sollte das Piercingstudio aufklären. 

Im Falle einer fehlenden oder unvollständigen Aufklärung ist die erteilte Einwilligung des Kunden als unwirksam anzusehen (LG Koblenz, Urteil vom 24.01.2006, 10 O 176/04). Daraus folgt dann eine Haftung des Piercers für die entstandenen Folgeschäden.

Hygieneregeln eingehalten?

Auch ein Verstoß gegen die Hygieneregeln kann Schadensersatzansprüche gegen den Piercer begründen. So muss beispielsweise in NRW die Verordnung zur Verhütung übertragbarer Krankheiten eingehalten werden. Je nach Bundesland und Kommune gibt es darüber hinaus noch weitere Vorschriften, die durch das Piercingstudio beachtet werden müssen.

Grundsätzlich ist es vorgeschrieben, dass der Piercer Einweghandschuhe trägt und entweder Einwegwerkzeuge oder sterilisierte Werkzeuge verwendet. Außerdem soll die betroffene Körperregion entsprechend desinfiziert werden.

Piercing ordnungsgemäß gesetzt?

Darüber hinaus stehen dem Gepiercten Ansprüche gegen den Piercer zu, wenn dieser das Piercing mangelhaft gesetzt hat. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn beim Piercen der Piercingkanal einreißt, weil das Piercing an einer Stelle mit zu wenig Gewebe oder einer zu dünnen Hautschicht gesetzt wurde (OLG Nürnberg, Urteil vom 23.September 2003, AZ. 3 U 1663/03).

Ansprüche des Geschädigten

Wurde ein Piercing unhygienisch gestochen, mangelhaft angebracht oder fehlt es an der erforderlichen Einwilligung, kann der Geschädigte den daraus resultierenden Schaden gegenüber dem Piercer geltend machen. Hierbei hat der Geschädigte grundsätzlich Anspruch auf ein angemessenes Schmerzensgeld, den Ersatz des entstandenen Schadens (Kosten der Schadensbeseitigung) und der ihm mit der Wahrnehmung seiner Rechte entstandenen Aufwendungen (Rechtsanwaltskosten). 

Ferner kann der Geschädigte beantragen, dass festgestellt wird, dass der Piercer auch für zukünftig eintretende und auf dem schadensauslösenden Piercing beruhende Schäden einstehen muss.

Zudem haben sich Piercinggeschädigte gem. § 52 II SGB V an den Kosten für eine Krankheit zu beteiligen, die auf einer nicht medizinisch indizierte Behandlung (dazu zählt auch das Piercing) Maßnahme zurückzuführen ist. 

Der Hausarzt ist verpflichtet, der Krankenversicherung das Piercing als Entzündungsursache mitzuteilen. Die Krankenversicherung wird sodann eine Selbstbeteiligung i. H. v. etwa 30-80 % der Behandlungskosten vom Versicherten zurückfordern. Diese Kosten kann der Piercingkunde in begründeten Fällen vom Piercingstudio ersetzt verlangen.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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