Prosavus – Anfechtung von Scheingewinnen nach § 134 InsO zu Ende?

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Bessere Chancen bei der Schenkungsanfechtung nach § 134 InsO?

I. 

Durch ein zweites aktuelles Urteil (05. Juli 2018; IX ZR 126/17) hat der Bundesgerichtshof möglicherweise die Rechte der Anleger gegen eine Insolvenzanfechtung nach § 134 InsO wegen unentgeltlicher Leistung weiter gestärkt.

Die Einschränkung „möglicherweise“ muss hier gemacht werden, weil der Fall nicht direkt Infinus, Future Business KG a.A., Prosavus oder sonstige Beteiligungsverhältnisse, sondern nur einen Einzelfall betrifft.

Dennoch sieht es so aus, als wollte der BGH hier bewusst die in der bisher weitreichenden und auch unangemessenen Anwendung dieser Vorschrift zu weit gehenden Fälle heraus nehmen.

Durch vorheriges Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20.04.2017 (IX ZR 252/16) machte der Bundesgerichtshof deutlich, dass es auch auf die subjektive Vorstellung des Schuldners entscheidend ankommt.

Ein Insolvenzgläubiger muss bei einer Anfechtung nach § 134 InsO eine angeblich unentgeltliche Leistung, die im Ergebnis einer Schenkung gleichgestellt wird, an den Insolvenzverwalter zurückzahlen.

Speziell für Beteiligte einer Beteiligungsgesellschaft ist dies nach den Verlusten der Einlagen besonders schmerzlich, weil diese Anleger früher erhaltene Ausschüttungen oft als Scheingewinne zurückgeben müssen.

Als Scheingewinne werden Ausschüttungen qualifiziert, die im Rahmen eines nicht tragfähigen Geschäftsmodells, wie etwa eines Schneeballsystems, anfallen.

In einem Schenkungsfall, der sich wohl auch auf Scheingewinne übertragen lässt, stellte der BGH klar, dass es im Zeitpunkt des Empfangs der Leistung auf die subjektive Sicht des Leistenden ankommt.

Glaubte dieser irrtümlich, zur Leistung aus rechtlichen Gründen verpflichtet zu sein, ist diese Leistung selbst dann nicht anfechtbar, wenn sich nachträglich herausstellt, dass diese Pflicht nicht bestand.

Der BGH begründete dies damit, dass die Vorschrift Verfügungen verhindern will, die der in Vermögensverfall geratene Gemeinschuldner nur freigebig und wissentlich ohne Rechtsgrund vornimmt und dadurch bewusst die Masse und die Gläubiger schädigt.

II.

In der aktuellen o. g. Entscheidung aus 2018 kommt es nun erstaunlicherweise auch auf die Sicht des Empfängers der Leistung an.

Dabei ist nach objektiven Maßstäben aus Sicht des Empfängers zu prüfen, ob er eine Leistung des Schuldners erhalten hat.

Objektive Maßstäbe bedeutet, dass es in dem Sachverhalt Anhaltspunkte gibt, die einen verständigen Empfänger der Leistung glauben lassen durften, die Leistung sei berechtigt.

Der insoweit neueste BGH-Fall betrifft keine Beteiligung, sondern eine einzelne Zahlung einer Gemeinschuldnerin. Diese konnte der Empfänger in dem konkreten Fall nach seinem Verständnis der Gesamtumstände und der getroffenen vertraglichen Vereinbarungen und aus seiner Warte und seinen Erkenntnismöglichkeiten objektiv gerade nicht der Insolvenzschuldner zurechnen, sondern er konnte diese nur seinem Vertragspartner zu ordnen. Denn es bestand nur ein Vertragsverhältnis zu seinem Vertragspartner und nicht zur Insolvenzschuldnerin, die objektiv die Leistung – allerdings auf Veranlassung des Vertragspartners des Empfängers – bewirkt hatte.

Da es für den Empfänger keine Veranlassung gab zu glauben, die Zahlung sei eine solche der Insolvenzschuldnerin an ihn, weil es hier keine Rechtsbeziehungen gab, konnte er aufgrund dieser objektiven Umstände davon ausgehen, die Zahlung an ihn sei eine solche seines Vertragspartners – wenn auch über die Insolvenzschuldnerin abgewickelt.

Zudem stimmte der Betrag mit dem zwischen dem Empfänger und seinem Vertragspartner abgestimmten überein.

Das waren für den BGH genügend objektive Anhaltspunkte, auf die Sicht des Empfängers abzustellen und einen Anspruch des Insolvenzverwalters aus Anfechtung abzulehnen.

Ob man diese Betrachtungsweise auch auf Scheingewinne, die an Gläubiger ausgeschüttet wurden, anwenden kann, bedarf noch weiterer Betrachtung des Einzelfalles sowie ergänzender Argumentation und müsste noch durch die Rechtsprechung bestätigt werden. Dennoch sollte man damit nicht zu lange warten.

Jedenfalls zeichnet sich durch diese beiden Urteile eine Art teleologische Reduktion des bisher zum Nachteil der Anleger und in anderen Einzelfällen sonstiger Betroffener ausufernden Anwendungsbereichs der Insolvenzanfechtung ab.

Um die ohnehin durch die Insolvenz einer Beteiligungsgesellschaft geschädigten Anleger nicht weiter mit zusätzlichen Forderungen des Insolvenzverwalters zu belasten, wäre eine entsprechende Anwendung wünschenswert.

Es liegt an den mit derartigen Verfahren mandatierten Anwälte, daraus das Beste für die Anleger zu machen.

Viel Erfolg!


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