Rights of First Refusal in Shareholder Agreements

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Grundsatz der freien Abtretung von GmbH-Anteilen

Grundsätzlich gilt im GmbH-Recht, dass Geschäftsanteile frei verkäuflich sind (§ 15 Abs. 1 GmbHG). Jeder verkaufswillige Gesellschafter kann somit seinen GmbH-Anteil an jeden beliebigen Käufer verkaufen, der dann neuer Gesellschafter wird und mit den Altgesellschaftern grundsätzlich gleichberechtigt ist.

Gründe für Abänderung im Shareholder Agreement

In der Praxis wird dieser Grundsatz in Gesellschaftervereinbarungen (Shareholder Agreement, SHA) häufig abgeändert. Gründe sind, dass die Altgesellschafter erstens nicht jeden neuen Gesellschafter akzeptieren möchten (möglicherweise ein Wettbewerber) und zweitens der Kreis der Gesellschafter möglichst klein und konstant gehalten werden soll. Im Gegensatz zur Aktiengesellschaft ist die GmbH meist auf das persönliche Vertrauen der GmbH-Gesellschafter angewiesen. Daneben möchten sich die Gesellschafter häufig auch die Option offenhalten, bei günstigen Bedingungen der Veräußerung selbst "zuzuschlagen".

Vinkulierung 

Solche Vinkulierungen ("Fesselungen") der Geschäftsanteile sind zulässig (§ 15 Abs. 5 GmbH). Die einfachste Form der Vinkulierung knüpft die Abtretung an die Zustimmung der Gesellschaft. Dann ist aber die Fragen, wann die Zustimmung zum Verkauf erteilt werden soll/muss. Ein willkürliches Verbot eines Verkaufes oder auch nur die Rechtsunsicherheit, ob die Zustimmung erteilt wird, ist keine interessengerechte Lösung.  

Rights of First Refusal

Daher hat die Praxis genaue Klauseln ausgefeilt, die einerseits die Zahl der Gesellschafter klein und konstant halten, andererseits dem Bedürfnis der Gesellschafter Rechnung tragen, ihre Geschäftsanteile zum Marktwert zu verkaufen. Die generell anerkannte Lösung ist es, dass die GmbH selbst und/oder die Altgesellschafter ein Vorkaufrecht (Right of First Refusal, ROFR) haben. Die Klauseln sehen häufig ein detailliertes "Bieterverfahren" vor, die es der Gesellschaft bzw. den Altgesellschaftern ermöglichen, die Hereinnahme von Drittgesellschaftern zu verhindern bzw. an einem günstigen Verkauf zu partizipieren.

Dabei sind vielen Grundsätze zu beachten: Natürlich soll niemand zum Kauf gezwungen werden, die Anteile aber trotzdem gerecht "versteigert" werden, was mehrere Runden notwendig macht. Da die Klauseln häufig abstrakt und kompliziert formuliert sind, möchten ich sie an einem konkreten Beispiel erläutern. Das Beispiel ist hypothetisch, ähnelt aber einem meiner Fälle und enthält eine paar typische Fallkonstellationen und Probleme.

Beispiel

Die A-GmbH hat folgende Gesellschafterstruktur (cap table):

Gründer 2 möchte in den Ruhestand gehen und seine 8.000 Anteile verkaufen. Er kann aber keinen Drittinvestor finden. Schließlich erklärt sich der Hauptinvestor bereit, die Anteile zu kaufen - zu einem Drittel des Marktwertes bzw. der letzten Finanzierungsrunde. Da das immer noch € 10 Millionen sind, denkt sich Gründer 2: "Der Spatz in der Hand ist besser als die Taube auf dem Dach" und willigt ein. Nun sind aber die Begehrlichkeiten der anderen Gesellschafter geweckt, die eine Chance sehen, günstig ihre Geschäftsanteile zu erhöhen.

Company Refusal Right

Das Shareholder Agreement sieht zunächst ein Company Refusal Right vor: Kein Gesellschafter darf verkaufen, bevor er nicht der Gesellschaft das Angebot gemacht hat, zu gleichen Bedingungen zu kaufen. Gründer 2 teilt daher der A-GmbH mit, dass er verkaufen will. Die A-GmbH hat zwei Wochen Zeit, um das Vorkaufsrecht auszuüben. Allerdings beträgt schon die Ladungsfrist für eine Gesellschafterversammlung eine Woche, und ohne Gesellschafterversammlung kann nicht über das Vorkaufsrecht entschieden werden. Bis sich die Geschäftsführung und die anderen Gesellschafter sortiert haben, droht die Vorkaufsfrist abzulaufen, bevor eine Gesellschafterversammlung abgehalten werden kann. 

Allerdings hat Gründer 2 nur Anteile und Kaufpreis mitgeteilt. Das SHA sieht aber vor, dass das ganze Kaufangebot vorgelegt werden muss. Wegen diesem Formmangel hat die Frist für das Company Refusal Right noch gar nicht angefangen zu laufen. Die A-GmbH teilt Gründer 2 den Formmangel nach sieben Tagen mit. Gründer 2 ist verärgert, legt aber dann doch das Kaufangebot vor. Erst damit beginnt die Frist zu laufen, und die Einberufung der Gesellschafterversammlung kann organisiert werden.

Merke: 

- Prüfe genau, welche Dokumente/Informationen erforderlich sind, um die Frist eines Right of First Refusal in Gang zu setzen.

- Ladungsfristen für Gesellschafterversammlungen sind beim Entwerfen der Frist für ein Company Refusal Right zu beachten.

Shareholder Refusal Right

Die Gesellschafterversammlung der A-GmbH entscheidet schließlich, das Company Refusal Right nicht auszuüben, da dies den Cashflow der Gesellschaft zu sehr belasten würde. Damit sind die Gesellschafter am Zug. Laut SHA dürfen zunächst alle Gesellschafter (auch der Hauptinvestor) ein Angebot zum Kauf machen im Verhältnis ihrer bestehenden Anteile (pro rata). Die Gesellschafter bieten wie folgt:


Da in der ersten Runde nur drei der sechs Gesellschafter ihr Vorkaufsrecht ausgeübt haben, und insbesondere Gründer 1 mit dem Mehrheitsanteil verzichtet hat, werden nur 1.280 der 8.000 Anteile verkauft. Es bleiben 6.720 Anteile übrig. Was nun?

Undersubscription Notice

Das SHA hat diesen Fall vorausgesehen: Die A-GmbH teilt den Bietern der ersten Runde (alle anderen Gesellschafter sind nun nicht mehr berechtigt) mit, dass noch 6.720 Anteile übrig sind, und fordert sie auf mitzuteilen, ob und wie viele Anteile sie kaufen wollen (Undersubscription Notice). In der zweiten Runde dürfen nun alle Bieter der ersten Runde auf alle verbleibenden Anteile bieten, ohne die pro rata-Beschränkung der ersten Runden. Erst wenn die Bieter der zweiten Runde insgesamt mehr Anteile verlangen, als übrig sind, wird laut SHA im Verhältnis der Käufe der ersten Runde verteilt. Die Bieter der ersten Runde bieten nun wie folgt: 

In der zweiten Runde sind die Geschäftsanteile also überzeichnet: Der Hauptinvestor will alle verbleibenden 6.720 Anteile, Gründer 3 will weniger als ihm nach der ersten Runde zustehen würde und Nebeninvestor 2 will mehr, als ihm zustehen würde.

Unklarheit der Formulierung des Shareholder Refusal Right, Verhandlungslösung

Klar ist, dass Gründer 3 zunächst die verlangten 140 Anteile bekommt, da er weniger verlangt hat, als ihm zustehen. Aber wie sollen die restlichen 6.720 - 140 = 6.580 Geschäftsanteile verteilt werden? Gemäß SHA würden dem Hauptinvestor und Nebeninvestor 2 insgesamt 5.460 + 420 = 5.880 Geschäftsanteile zustehen. Aber dann bleiben 700 Anteile übrig, nämlich genau diejenigen, auf die Gründer 3 verzichtet hat.

Somit hatten die Ersteller des SHA einen Fall nicht ausdrücklich geregelt: dass in der zweiten Runde die Bieter teilweise mehr fordern, als ihnen zusteht, teilweise weniger.

Meines Erachtens wäre die faire Lösung hier nun, dass der Hauptinvestor und Nebeninvestor 2 die verbleibenden Anteile gemäß dem Verhältnis ihrer Anteilskäufe in der ersten Runde aufteilen. Dies lässt sich im Wege der ergänzende Vertragsauslegung damit begründen, dass das SHA offensichtlich die Verhältnisse des Kaufs der ersten Runde generell als Verteilungsmaßstab heranzieht. Damit würden der Hauptinvestor und Nebeninvestor 2 in der zweiten Runde im Verhältnis 81,25/6,25 beteiligt, d.h. der Hauptinvestor bekommt 6.110 Anteile und Nebeninvestor 2 470 Anteile.

Das Ergebnis ist ein anderes: Der Hauptinvestor und Nebeninvestor 2 verhandeln die Aufteilung einfach unter sich und einigen sich auf 5.980/680. Damit sind nun alle Anteile verkauft:

Merke: Die Regelungen im SHA sind häufig nur "Leitplanken" für Verhandlungen. Die Gesellschafter könne sich auf andere Resultate einigen, was die sinnvollere Lösung sei kann.

Fazit

Obwohl die Regelungen des SHA zum Right of First Refusal drei Seiten lang waren, konnte das SHA den vorliegenden Fall nicht vollständig erfassen. Soll man daraus nun schließen, dass man solche detaillierten Regelungen besser gleich ganz lässt und im gegebenen Fall verhandelt, oder noch detaillierte Regelungen vorsieht?

Meiner Ansicht nach: weder/noch. Das SHA hat den Fall weitegehend geregelt und zu einem befriedigenden Ergebnis geführt. Eine Lücke hätte gegebenenfalls mit ergänzender Vertragsauslegung geschlossen werden können. Dass sich die Parteien auf etwas anderes einigten, sprich nicht gegen das SHA. Das SHA hat seine "Leitplanken"-Funktion durchaus erfüllt.

Das Beispiel erklärt aber, warum Verträge immer länger werden, um noch jeden edge case zu regeln. Ob man das mitmachen muss, ist die Frage.

Foto(s): (c) Dr. Martin Franz


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